5G weckt Widerstand. Mehrmals wurden Antennen angezündet, Gegner demonstrieren, erheben Einspruch. Grund dafür sind eine neue Mobilfunktechnologie und neue Antennen.
Zwei Typen von Antennen
Bis jetzt gab es für 2G bis 5G passive Antennen: Sie strahlen Funksignale permanent – wie ein Scheinwerfer.
Für das 5G-Netz gibt es neu adaptive Antennen. Sie senden Funksignale nicht mehr konstant in eine Richtung. Stattdessen zielen sie die Strahlung tendenziell in die Richtung, wo sich das verbundene Gerät befindet. Wer neben einer Antenne wohnt oder arbeitet, ist dieser Strahlung ausgesetzt.
Lange fehlte die Grundlage, welcher Grenzwert für adaptive Antennen gilt und wie gemessen werden soll. Im Februar präsentierte Simonetta Sommaruga Vollzugshilfen für Gemeinden und Kantone. Damit herrsche Klarheit. «Es ist wichtig, dass wir den Schutz der Bevölkerung vor Strahlung sicherstellen können. Deshalb wurden die Grenzwerte nicht erhöht.»
«Das ist ein Buebetrickli»
«Die Grenzwerte werden mit der Vollzugshilfe an Orten mit empfindlicher Nutzung wie Wohnungen nur noch pro forma eingehalten», kritisiert Rebekka Meier, Präsidentin des Vereins «Schutz vor Strahlung». Der Schwachpunkt sei: Über kurze Zeit dürfen die Antennen stärker strahlen. Was gilt, ist der Durchschnittswert über sechs Minuten. «Es kann sein, dass der Grenzwert überschritten wird, dass man neu statt 6 V/m bis zu 19 V/m in der Wohnung hat. Das ist ein ‹Buebetrickli› um den Grenzwert zu erhöhen.»
Kritiker betrachten Messmethode als unseriös
Bevor Telecom-Anbieter eine Antenne bauen oder aufrüsten, müssen sie aufzeigen, wie stark sie strahlen wird. Erst dann darf die Antenne in Betrieb gehen. Anschliessend haben Mobilfunkbetreiber drei Monate Zeit, über eine unabhängige Messfirma die Strahlung zu messen.
«Das Signal von adaptiven Antennen sendet unregelmässig, darum müssen wir einen Kanal messen, der konstant sendet, so können wir eine Verbindung herstellen zwischen einem Messwert und der Emissionsleistung», erklärt Romain Jaques, Messtechnik-Verantwortlicher der Firma Enkom, die Messmethode: Das heisst, die tatsächliche Gesamtstrahlung wird nicht gemessen, sondern dieser konstante Kanal mit Hilfe von Angaben von Mobilfunkfirma und Antennen-Hersteller hochgerechnet.
Diese Messmethode sei unseriös, sagt Rebekka Meier vom Verein «Schutz vor Strahlung». Vor allem, weil bei adaptiven Antennen die effektive Strahlung nicht gemessen werden könne. Zudem sei es möglich, dass Mobilfunkbetreiber die Sendeleistung verändern: «Bei einer 5G-Antenne kann es sein, dass bei einer Messung vor Ort keine Strahlung da ist. Dann rechnet man aus, wie hoch die Strahlung bei maximaler Leistung wäre», sagt Meier. «Dazu braucht man Angaben des Betreibers – ob die stimmen, ist unklar.»
Paul Steffen, Vizedirektor des Bundesamtes für Umwelt, bestreitet, dass der Grenzwert erhöht oder aufgeweicht werde. Mit einer 5G-Antenne nehme die Strahlenbelastung eher ab. «Die Mobilfunk-Antennen erhalten eine automatische Leistungsbegrenzung. Das ist ein System, welches sicherstellt, dass die Gesundheit nie gefährdet werden kann.»