Darum geht es: Die Krankenkassenprämien dürften aufs kommende Jahr um durchschnittlich fünf Prozent steigen, manche Versicherte müssen gar mit einer Erhöhung um bis zu zehn Prozent rechnen. Zu diesem Schluss kommt der Internetvergleichsdienst Comparis. Für diesen «Prämienschock» sei in erster Linie der politisch angeordnete Abbau der Krankenkassenreserven verantwortlich, so Comparis. Vielen Krankenkassen fehle jetzt das Reservepolster, um die aktuellen Kostenschwankungen abzufedern, deshalb müssten die Prämien stärker erhöht werden.
So kommt es dazu: «In den letzten vier Jahren wurden die Prämien weniger stark erhöht als die Gesundheitskosten gestiegen sind», sagt Felix Schneuwly, Gesundheitsexperte beim Vergleichsdienst Comparis. Das sei vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) so angeordnet worden. Die Folge: «Wir sahen das schon in der Ära der Bundesräte Dreifuss und Couchepin: Wenn die Reserven einmal abgebaut sind, gibt es einen Nachholeffekt. Den haben wir jetzt.» Derselbe Fehler sei nun zum dritten Mal gemacht worden – «das ist nicht im Interesse der Versicherten», so Schneuwly.
Wenn die Reserven abgebaut sind, gibt es einen Nachholeffekt. Den haben wir jetzt.
Deshalb die Reserven abbauen: Der Abbau der angehäuften Kapitalreserven der Krankenkassen auf ein tieferes Niveau wurde angeordnet, um den stetigen Anstieg der Krankenkassenprämien abzufedern. «Doch das kann man nur eine begrenzte Zeitlang machen», sagt Schneuwly. Danach muss man die Prämien auf das neue Kostenniveau anpassen. Der Krankenkassenexperte vergleicht den Vorgang mit einem Bankkonto, von dem stetig mehr Geld abgehoben als einbezahlt wird: «Da kann man einfach ausrechnen, wie lange es geht, bis das Bankkonto leer ist.» Das müssten doch auch die Politik und die Verwaltung begreifen, so Schneuwly.
Darum sind fünf Prozent moderat: Es gab auch schon Jahre, in denen die Krankenkassenprämien um mehr als fünf Prozent im Durchschnitt angehoben werden mussten. Deshalb sei der für 2023 zu erwartende Anstieg eher «moderat», sagt Schneuwly. Allerdings war früher das Niveau der Prämien auch deutlich tiefer, was in absoluten Franken eine weniger starke Prämienerhöhung bedeuete: Wenn früher eine Prämie, die beispielsweise 200 Franken betrug, um acht Prozent erhöht wurde, machte das 16 Franken aus. Wenn jetzt die Prämie von 400 Franken um fünf Prozent ansteigt, macht das 20 Franken Mehrausgaben aus.
So wurde die Prognose gemacht: Comparis hat für die Studie die Reserven der Krankenkassen, eine Prognose der Gesundheitskosten-Entwicklung sowie die zu erwartenden Erträge an den Kapitalmärkten berücksichtigt. Dort haben die Krankenkassen die Reserven angelegt – je nach wirtschaftlicher Gesamtentwicklung ist im Jahresverlauf also mit einem möglicherweise grösseren Zuwachs oder auch mit einem Verlust zu rechnen. Doch angesichts der momentan sehr unsicheren weltwirtschaftlichen Lageentwicklung – Pandemiefolgen, Krieg in der Ukraine – ist im laufenden Jahr kaum mit grossen Gewinnen an den Kapitalmärkten zu rechnen. Dies im Gegensatz zu den vergangenen Jahren.