Mit dieser Aktion dürften sie nicht ungeschoren davonkommen: Zwölf Klimaaktivistinnen und -aktivisten haben am Dienstagmorgen den Verkehr bei der Autobahnausfahrt Bern-Wankdorf lahmgelegt. «Sechs Personen haben sich unter anderem auf die Fahrbahn geklebt», sagt Magdalena Rast, Mediensprecherin der Kantonspolizei Bern.
Eine halbe Stunde lang stand der Verkehr still. Verantwortlich dafür: Renovate Switzerland. Die Beteiligten nahm die Kantonspolizei Bern auf die Wache mit. Rast sagt: «Wer an der Aktion aktiv mitgewirkt hat, muss mit einer Anzeige rechnen.»
Die Blockaden seien durchaus gefährlich – und dies nicht nur für die Demonstrierenden, so Rast. Der Rückstau könne zu Auffahrkollisionen führen, zudem habe es für Rettungsfahrzeuge kein Durchkommen gegeben.
Geldstrafen drohen
Die Autobahnblockade in Bern-Wankdorf ist die dritte innert Kürze: Bereits letzte Woche haben Aktivistinnen und Aktivisten von Renovate Switzerland Autobahnausfahrten in Genf und in Lausanne blockiert.
Die Aktion erinnert an einen Sitzstreik 2020 in Zürich: Rund 250 Demonstrierende der Umweltgruppierung Extinction Rebellion blockierten damals drei Stunden lang die Quaibrücke. Das Bezirksgericht Zürich verurteilte eine Jus-Studentin darauf unter anderem wegen Nötigung zu einer bedingten Geldstrafe von 15 Tagessätzen à 20 Franken. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Und 2019 versperrten Klimaaktivisten von Extinction Rebellion eine wichtige Durchgangsstrasse in Lausanne. Auch dort kassierten die Beteiligten im Februar bedingte Geldstrafen, die Aktivisten haben Berufung angekündigt.
Bisherige Aktionsformen haben ausgedient
Weshalb greifen Menschen immer wieder zu solch illegalen Mitteln, begeben sich dafür in unmittelbare Gefahr, nehmen finanzielle Folgen und mit einem Eintrag ins Strafregister auch karriereschädigende Konsequenzen in Kauf? Historiker und Soziologe Milo Probst forscht an der Universität Basel zur Kritik an der Umweltzerstörung und damit einhergehenden sozialen Fragen. Er sagt, für die geschilderten Aktionen gebe es mehrere Katalysatoren: Zum einen das Ausmass des Klima-Problems, zum anderen die Untätigkeit der Entscheidungsträger in Regierungen und Konzernen. «Hinzu kommt die Einsicht der Aktivistinnen und Aktivisten, dass bisherige Aktionsformen nicht gefruchtet und zu keinem konkretem Umlenken geführt haben.»
Aktivisten stören die öffentliche Ordnung mit dem Ziel, eine Debatte auszulösen.
Massendemonstrationen beispielsweise würden schnell zur Routine und würden dadurch an Symbolik einbüssen. Dies lasse Menschen zur Aktionsform des zivilen Ungehorsam greifen. Sprich: «Sie begehen einen gewaltfreien Regelbruch und stören die öffentliche Ordnung mit dem Ziel, auf ein Problem aufmerksam zu machen und eine Debatte auszulösen.»
Die Erfolge des zivilen Ungehorsams
Historisch betrachtet haben solche Aktionen des zivilen Ungehorsams laut Probst Veränderung herbeiführen können. Die Frauenrechtsbewegung sei ein Beispiel dafür. «Auch die Blockade von Banken hat eine öffentliche Diskussion über die Verantwortlichkeit des Finanzplatzes Schweiz in der Klimafrage ausgelöst.»
Die Klimabewegung sollte sich eher darauf konzentrieren, grosse und mächtige Akteure zu adressieren.
Wie zielführend Sitzstreiks auf Autobahnen während Pendlerzeiten sind, will der Doktorand, der selber in der Klimabewegung aktiv ist, nicht kommentieren. Er glaube, es ergebe durchaus Sinn, störend zu sein. Aber: «Die Klimabewegung sollte sich eher darauf konzentrieren, grosse und mächtige Akteure zu adressieren und weniger Menschen, die im Alltag sehr wenig Einfluss auf die grossen politischen Entscheidungen haben.»