- Einige Organisationen, die für Geld Unterschriften für Volksinitiativen und Referenden sammeln, sollen dies ohne Auftrag getan und Komitees zum Kauf gedrängt haben.
- Das teilt die Bundeskanzlei mit.
- Sie ist über eine entsprechende Strafanzeige informiert worden.
Das Vorgehen der Organisationen beeinträchtige die Rechte von Stimmberechtigten und auch die Integrität des Sammelprozesses, schreibt die Bundeskanzlei. Sie hat nun die Komitees von Volksinitiativen und Referenden im Sammelstadium informiert.
Die Bundeskanzlei beruft sich dabei auf eine Strafanzeige, über die sie am Freitag informiert wurde. Demnach sollen gewisse Organisationen, die das bezahlte Sammeln von Unterschriften für Volksbegehren anbieten, Unterschriften ohne Auftrag gesammelt haben. Komitees sollen danach zu einem Kauf gedrängt worden sein.
Das Problem: Unterschreibt jemand ein Volksbegehren auf einem von einem Mitarbeitenden einer der Organisationen hingehaltenen Bogen, kann es sein, dass die Unterschrift nicht eingereicht wird, weil das verantwortliche Komitee den Kauf ablehnt. Wer das Begehren unterstützt, hat das in diesem Fall nur vermeintlich getan, schreibt die Bundeskanzlei.
Engmaschigeres Monitoring
Diese und ähnliche Formen des Missbrauchs der demokratischen Rechte will die Bundeskanzlei verhindern. Sie sollen im angekündigten engmaschigeren Monitoring des Unterschriftensammelns berücksichtigt werden. Mehrere Kantone hätten zugesichert, bei der raschen Ausarbeitung des Monitorings mitzuarbeiten.
Diese Arbeiten wurden nun lanciert. Mittelfristig sollen die wichtigen Akteure im Bereich Unterschriftensammeln gemeinsam die aktuellen Prozesse analysieren und allfällige Massnahmen erörtern. Bundeskanzler Viktor Rossi hat bereits beschlossen, ab sofort die Unterschriftenlisten aus allen Kantonen vertieft zu prüfen.
Unterschriftensammlungen sind im Gesetz bewusst niederschwellig gehalten. Damit das so bleiben könne, müsse Missbräuchen auf allen Ebenen entschieden bekämpft werden, mit strafrechtlicher Verfolgung, Systemoptimierung, Unterstützung der mitverantwortlichen Akteure und mit Prävention, schrieb die Bundeskanzlei.
Tausende falsche Unterschriften
Anfang September war nach einer Tamedia-Recherche bekannt geworden, dass kommerzielle Unternehmen beim Sammeln von Unterschriften für Volksinitiativen betrogen haben sollen. Es geht um mutmasslich Tausende gefälschte Unterschriften, falsche Adressen, Geburtsdaten oder kopierte Namen. Die Bundesanwaltschaft ermittelt.
Die Bundeskanzlei reichte nach konkreten Hinweisen auf mutmassliche Unterschriftenfälschungen schon 2022 eine Strafanzeige gegen Unbekannt ein. Eine zweite Anzeige bereitet sie vor, wie vergangene Woche bekannt wurde. Anlass dafür sind Hinweise auf noch in weiteren Kantonen aktive mutmassliche Täterinnen und Täter.
Politik greift Thema auf
Auch die Politik hat das Thema aufgegriffen. Mit der Rolle der Bundeskanzlei befassen sich die von der Geschäftsprüfungskommission des Ständerats (GPK-S) eingeleiteten Abklärungen. Sie will wissen, ob und wie die Bundeskanzlei ihre Aufgabe wahrgenommen hat.
Die Staatspolitische Kommission des Nationalrates (SPK-N) wiederum hat die Geschäftsprüfungskommission der grossen Kammer eingeladen, den Fall genauer unter die Lupe zu nehmen. Sie diskutierte auch über Anträge für Gesetzesänderungen, lehnte diese aber vorerst ab. Zunächst sollten die verschiedenen Strafuntersuchungen abgewartet werden.