Der stolze Amurtiger marschiert über einen mächtigen Baumstamm – über den Köpfen der Zoo-Gäste. Der Schneeleopard hechtet nach seinem Futter, das mittels Seilbahn geliefert wird. Und der Asiatische Löwe sucht sein neues Gehege nach Feinden ab und markiert es.
Der Zoo Zürich hat das neue Zuhause für seine Grosskatzen in Betrieb genommen. Der Lebensraum «Panthera» ist für die Raubtiere jedoch nicht einfach ein Rückzugsort, sondern es ist ein Raum, in dem die Tiere immer wieder gefordert werden.
Revier markieren, Futterkampf: ganz wie in der Natur
Feste Aufenthaltsorte gibt es in Panthera nicht. Die neue Heimat der Grosskatzen ist aufgeteilt in vier verschiedene Bereiche, wobei alle miteinander verbunden sind. Amurtiger, Asiatische Löwen und Schneeleoparden benutzen alle Bereiche gleichermassen – jedoch abwechselnd und niemals gleichzeitig.
«Für die Grosskatzen bedeutet das Rotationsprinzip permanente Neuorientierung und Sicherheitschecks», sagt Zoo-Direktor Severin Dressen. «Jedes Mal, wenn sie den Bereich wechseln, müssen sie diesen erst auf potenzielle Konkurrenten überprüfen und ihr Revier neu markieren. Der Geruch des Vorgängers ist überall.»
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Bild 1 von 4. Der Amurtiger ist bedroht und zieht nun in Panthera ein. Bildquelle: ZVG/Zoo Zürich.
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Bild 2 von 4. Auch der Asiatische Löwe bezieht in Zürich sein neues Zuhause. Bildquelle: ZVG/Zoo Zürich.
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Bild 3 von 4. Von Asiatischen Löwinnen und Löwen gibt es weltweit nur noch rund 350 Exemplare. Bildquelle: ZVG/Zoo Zürich.
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Bild 4 von 4. Auch der Schneeleopard gehört zu den bedrohten Arten und soll sich in Panthera vermehren. Bildquelle: ZVG/Zoo Zürich.
Dies sei für die Tiere zwar eine Herausforderung, aber es sei gut für das Wohlbefinden und die Gesundheit. «Tiere, die nur selten oder wenig kognitiv gefordert werden, sind erwiesenermassen weniger robust. Was also im ersten Moment paradox klingt, ist tatsächlich sehr sinnvoll», so Dressen.
Misserfolg gehört zum Konzept
Die Grosskatzen haben im neuen Zuhause Aufgaben zu lösen, welche sich an ihrer natürlichen Umgebung mindestens orientieren. So etwa hat der Zoo drei Fütterungsseilbahnen entwickelt, die es den Tieren ermöglichen, ihren Jagdinstinkt auszuleben.
Mit bis zu 40 Stundenkilometern saust die Beute dabei durch den Lebensraum der Raubkatzen. Wer essen will, braucht schnelle Reflexe und eine gute Jagdtechnik. Ist die Katze zu langsam, geht sie leer aus.
Genau wie in der Natur erleben die Raubkatzen hier auch Misserfolg, in der Wildnis ist nur jeder zehnte Jagdversuch erfolgreich. Und Fasten gehört zum Alltag einer Grosskatze.
Die Katzen auf dem «Catwalk»
Die Zoo-Gäste erleben die mächtigen Tiere hautnah während der Jagd. Und sie erleben sie aus einem ganz neuen Blickwinkel. Eine spektakuläre Verbindung zwischen den Panthera-Bereichen ist der sogenannte «Catwalk», ein dicker Rottannenstamm über den Köpfen der Besucherinnen und Besucher.
Katzen haben gerne alles im Blick. Der Übergangssteg ermöglicht es ihnen, zwischen Ästen und umgeben von Grünpflanzen ihre Umgebung zu beobachten.
Wenig reicht aus und der Asiatische Löwe ist ausgelöscht
Alle drei Grosskatzenarten, die Panthera beleben, gelten als mindestens bedroht. Schneeleoparden und Amurtiger gibt es in der Wildnis schätzungsweise noch je 3000 Mal. Asiatische Löwen sind stark bedroht, von ihnen gibt es nur noch rund 350 Exemplare, die alle im Gir Forest Nationalpark in Indien leben. Wegen der räumlichen Begrenzung braucht es wenig, um die Art auszulöschen.
Der Zoo Zürich beteiligt sich daher bei allen drei Arten an Europäischen Erhaltungszuchtprogrammen. Dafür wurden dem Zoo Tiere zugewiesen, die für den Fortbestand relevant sind. Bei den Asiatischen Löwen, dem Tigermännchen und Tigerweibchen handelt es sich um Neuzugänge. Das bereits zuvor im Zoo Zürich lebende Schneeleopardenpaar kehrt zurück.