Sie ist ein Unikum. Das Waldenburgerli, wie sie im oberen Baselbiet liebevoll genannt wird. Es ist die schmalste Schmalspurbahn der Schweiz – oder besser gesagt, sie war die schmalste Eisenbahn der Schweiz. Am Ostermontag verkehrt sie zum letzten Mal zwischen Waldenburg und Liestal.
Am Anfang sind die Wagons fast jeden Tag entgleist.
Grund, um auf die teilweise kuriose Geschichte der Bahn zurückzublicken – die im Jahr 1880 das erste Mal durch das Waldenbugertal quietschte – wie diese Archivbilder zeigen.
Einzigartig ist mit nur gerade 75 Zentimeter nicht nur der geringe Abstand der Spur, auch die Entwicklung der Bahn ist interessant – und geprägt von Sicherheitsproblemen.
Projekt aus Ärger und Trotz
Begonnen hat die Geschichte der Bahn mit Frust. Die Bewohnerinnen und Bewohner des Waldenburgertals waren enttäuscht, dass der Bahnverkehr von Basel ins Mittelland einen weiten Bogen um ihr Tal machte. Man befürchtete abgehängt zu werden und wirtschaftlich zu veröden. Also ergriff man die Initiative, baute die Bahn – und kämpfte lange mit technischen Problemen.
«Am Anfang sind die Wagons fast jeden Tag entgleist», sagte Arnold Fuchs, ehemaliger Direktor der Bahn in einem Interview in den 70er-Jahren. Nach Anpassungen an Gleisen und Bahn haben die Ingenieure die Probleme einigermassen in den Griff bekommen. Über die Zeit, als die ersten Passagiere im Waldenburgerli verkehrten, bilanzierte Arnold Fuchs immerhin: «Am Eröffnungstag hat alles gut geklappt und die Entgleisungen kamen nicht mehr so häufig vor.»
Unermüdlicher Einsatz von Freiwilligen
Beliebt war das Waldenburgerli trotzdem. Lange wurde die Bahn noch mit Dampf betrieben – erst 1953 stellte man auf einen elektrischen Antrieb um. Und so begeistert die «alte Dame» auch heute noch viele Bahnliebhaber, wie die Bildergalerie zeigt.
Waldenburgerli
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Bild 1 von 31. Jede freie Minute investieren Nostalgiefreunde vom Verein Dampfzug Waldenburgerbahn (VDWB) in die alte Lok. Bildquelle: SRF.
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Bild 2 von 31. Marcel Vögelin ist einer der Heizer auf der Waldenburgerstrecke. Bildquelle: SRF.
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Bild 3 von 31. Die G3/3 «Gedeon Thommen» wurde 1902 durch die Schweizerische Lokomotiv- und Maschinenfabrik Winterthur erbaut. Bildquelle: SRF.
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Bild 4 von 31. Das «Waldenburgerli» ist startklar. Für Bahnfans ist die Fahrt von Liestal nach Waldenburg ein spezielles Erlebnis. Bildquelle: SRF.
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Bild 5 von 31. Werner Hänger, Zugbegleiter kontrolliert die Billette. Eine Einzelfahrt kostet 15 Franken. Bildquelle: SRF.
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Bild 6 von 31. Und der Heizer Marcel Vögelin kontrolliert im Führerstand den Dampfdruck. Bildquelle: SRF.
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Bild 7 von 31. Auch auf den harten Holzbänken geniessen die Mitreisenden die Fahrt in den Zugwagen aus den 1950er-Jahren. Bildquelle: SRF.
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Bild 8 von 31. Wo der Nostalgiezug vorbeifährt hinterlässt er dunkle Rauchschwaden. Bildquelle: SRF.
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Bild 9 von 31. Die Platzverhältnisse im Führerstand sind eng. Lokführer Robert Appel (l.) und Heizer Marcel Vögelin. Bildquelle: SRF.
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Bild 10 von 31. Von der Lokomotive gibt es keine Baupläne. Geht ein Teil kaputt, muss es eigens vermessen und in Handarbeit wieder hergestellt werden. Bildquelle: SRF.
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Bild 11 von 31. Auf der Dampflok bleiben auch die Hände des Lokführers Robert Appel nicht lange sauber. Bildquelle: SRF.
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Bild 12 von 31. Über hundert Jahre alte Gerätschaften sorgen für Nostalgie im Führerstand. Bildquelle: SRF.
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Bild 13 von 31. Jede Fahrt mit dem «Waldenburgerli» ist für Robert Appel etwas ganz Besonderes und Entspannung pur. Bildquelle: SRF.
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Bild 14 von 31. Einspurig geht es auf einer Strecke von 13 Kilometern von Liestal nach Waldenburg. Bildquelle: SRF.
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Bild 15 von 31. Die mechanischen Teile wollen geölt sein. Für die Schmierung aller beweglichen Teile ist der Heizer verantwortlich. Bildquelle: SRF.
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Bild 16 von 31. Für Technikfans - hier regiert noch die Mechanik. Bildquelle: SRF.
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Bild 17 von 31. Im Führerstand funktioniert nicht alles auf Knopfdruck, hier ist noch Handarbeit gefragt. Bildquelle: SRF.
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Bild 18 von 31. Das Hauptwerkzeug des Heizers. Bildquelle: SRF.
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Bild 19 von 31. Durch dieses Loch schaufelt der Heizer die Kohle. Bildquelle: SRF.
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Bild 20 von 31. Ohne Kohle und Wasser geht bei der Dampflok nichts. Bildquelle: SRF.
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Bild 21 von 31. Nur wenn kräftig eingeheizt wird, stimmt der Dampfdruck und die Lok bewegt sich. Bildquelle: SRF.
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Bild 22 von 31. Nur an bestimmten Stellen können sich der antike und der moderne Zug kreuzen. Bei der Station Bad Bubendorf ist eine davon. Bildquelle: SRF.
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Bild 23 von 31. Zwischenhalt an der Station Bad Bubendorf. Bildquelle: SRF.
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Bild 24 von 31. Für eine pünktliche Weiterfahrt ist der Zugbegleiter Werner Häger besorgt. Bildquelle: SRF.
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Bild 25 von 31. Imposantes Räderwerk. Bildquelle: SRF.
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Bild 26 von 31. Es braucht einen guten Stand. Seit einem Achsbruch 1933 hat die Laufruhe der Lok gelitten. Bildquelle: SRF.
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Bild 27 von 31. Zwischenhalt an der Station Hirschlang. Dem «Waldenburgerli» sind drei alte Wagen aus den 1950er Jahre angehängt. Bildquelle: SRF.
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Bild 28 von 31. Je nach Zuglast verbraucht die Dampflok bis zu dreitausend Liter Wasser. Bildquelle: SRF.
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Bild 29 von 31. Vor über 100 Jahren wurden die Lampen noch mit Petrol betrieben. Bildquelle: SRF.
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Bild 30 von 31. Werkplatz vor dem Lokdepot. Bildquelle: SRF.
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Bild 31 von 31. Das «Waldenburgerli» ist wieder zu Hause und verschwindet bis zum nächsten Einsatz im Lokdepot. Bildquelle: SRF.
Die kleine, rund sechs Meter lange Lokomotive aus dem Jahr 1902 hat nur dank dem unermüdlichen Einsatz von rund zwanzig Freiwilligen überlebt. Lange haben sie die alte Dame in unregelmässigen Abständen noch zum Dampfen gebracht.
Immer wieder Sicherheitsprobleme
Die Geschichte der schmalste Schmalspurbahn der Schweiz ist von Sicherheitsproblemen geprägt. Auch als schon längst moderne Züge das Tal durchquerten, gab es immer wieder Unfälle. Nicht alle endeten glimpflich, wie diese Archivaufnahmen aus den 80er-Jahren zeigen.
Erst nach diesem tödlichen Unfall rüstete man die Bahn mit neuen Sicherheitssystemen auf. Bei der SBB gehörte diese Technik schon seit Jahrzehnten zum Standard.
Weil das Tal seine Bahn selber finanziert hat und lange auf Unterstützung durch die öffentliche Hand verzichtete, stand das Projekt unter Kostendruck. So entschied man sich für die günstigere Schmalspurbahn, was aber auch die die Sicherheitsprobleme erklärt. «Wir waren lange sehr stolz, dass wir keine öffentlichen Gelder brauchten. Das hatte aber zur Folge, dass Sanierungen lange ausgeblieben sind», sagte der ehemalige Verwaltungsrat Paul Messmer Ende der 80er-Jahre.
Weinendes und lachendes Auge
Und so bilanziert der Historiker Lorenz Degen, dass das Waldenburgerli nie eine moderne Bahn gewesen sei. Nun fährt sie zum letzten Mal. «Es ist ein trauriger Tag, weil ein Stück Tradition verloren geht. Auf der anderen Seite ist es aber auch freudiger Tag, weil das Tal eine moderne Bahn bekommt.»