- 320 Tonnen giftigen Sprengstoff lagern noch in Bomben im ehemaligen Munitionsdepot Mitholz.
- Spuren davon wurden in Flüssen und im Grundwasser gemessen, zeigen Recherchen von Schweiz Aktuell.
- Davon wusste das VBS seit 2018, machte es aber nicht publik.
- Die Konzentration sei sehr gering, so das VBS.
Im ehemaligen Munitionslager Mitholz im Berner Oberland befinden sich insgesamt noch 3500 Tonnen Munition. Weil das Risiko für weitere Explosionen hoch ist, sollen die Rückstände geräumt werden. Bei der Diskussion um das explosive Erbe wurden die giftigen Inhaltsstoffe der Munition aber bisher ausgeblendet.
In Bombenhüllen lagern nämlich noch rund 320 Tonnen Sprengstoff, giftiges TNT. Die Bomben liegen im Fels oder in einem Schuttkegel, der bei einer Explosion zusammenkrachte und bei einem Teil ist der Standort unbekannt. Einige Bomben sind vom Felssturz beschädigt, zusammengedrückt und rosten vor sich hin.
«Wir wissen, dass wir in Mitholz sehr viele Stoffe haben, die problematisch sind für die Umwelt», sagt Bruno Locher, Chef Raum und Umwelt beim Verteidigungsdepartement VBS. Es gehe um Sprengstoff, Trinitrotoluol (TNT) und deren Abbauprodukte. «Es handelt sich um chemische Stoffe, die in hohen Konzentrationen über längere Zeit eingenommen problematisch sein können», sagt Locher. Die Stoffe sind krebserregend.
Wasser wäscht Stoffe hinaus
Der Sprengstoff bleibt aber nicht nur im Berg. Regenwasser hat ihn in Flüsse gespült – wenn auch in einer sehr kleinen Konzentration, zeigen Messungen in unveröffentlichten Berichten des Bundes, die Schweiz Aktuell vorliegen. Geologen haben die Situation für das VBS untersucht.
Die giftigen Abbauprodukte wurden im Stegenbach, der Kander, dem Thunersee und im Grundwasser gemessen – und zwar unterhalb des Lagers. «Die festgestellte Beeinflussung stammt vom ehemaligen Munitionsdepot», heisst es im Bericht. Die Konzentrationen sind aber gering. Um eine toxische Wirkung auf Wasserorganismen zu haben, bräuchte es 500 Mal mehr, so Experten.
VBS wusste davon
Erste Funde von TNT und seinen Abbauprodukten in Mitholz datieren aus dem Jahr 2018, das VBS hat jedoch nicht darüber berichtet. «Wir haben bereits vorher gewusst, dass aus der Anlage etwas in den Thunersee herausfliesst. Aber es war weit unter den gesetzlichen Werten», sagt Bruno Locher vom VBS. Darum habe es keinen unmittelbaren Handlungsbedarf gegeben, ausser, dass sie weitermessen und die Lage überwachen würden.
Für mich ist das etwas Beunruhigendes.
Auch wenn die giftigen Spuren im Wasser gering sind, verharmlosen sollte man sie nicht, findet der Altlastenexperte Marcos Buser: «Für mich ist das unabhängig von der Grenzwertdiskussion eher etwas Beunruhigendes.» Durch die Kander würden sehr grosse Wassermengen fliessen, die Stoffe würden also stark verdünnt. Trotzdem würden die Stoffe immer wieder hineinfliessen, zeigen die regelmässigen Messungen.
Die Räumung wird zum Problem
Die Sanierung des Munitionslagers wird damit noch komplexer. Denn sobald geräumt wird, werden Schadstoffe frei. «Sie können noch so vorsichtig sein. Sobald sie das ausgraben, geht es wieder los», so Buser.
Man müsse schauen, dass die Munition bei der Räumung möglichst wenig Kontakt mit Wasser habe, sagt Bruno Locher vom VBS. Beim Bergen von explosiven Altlasten setzt man aber oft Wasser zur Kühlung ein, um Selbstzündungen zu vermeiden. «Dort wo wir dies nicht vermeiden können, müssen wir schauen, dass wir das Wasser auffangen.»