In den USA gibt es künftig 50 unterschiedliche Abtreibungsgesetze, also in jedem Bundesstaat ein eigenes und teilweise bis hin zu einem faktischen Abtreibungsverbot. In der Schweiz ist das anders – hier gibt es mit der sogenannten Fristenlösung ein nationales Recht, das Abtreibungen regelt.
Dieses gilt schon seit 20 Jahren. Allerdings ist das Abtreibungsrecht in der Schweiz im europäischen Vergleich eher streng. Hierzulande darf eine Frau bis zur 12. Schwangerschaftswoche legal abtreiben, ohne explizit einen Grund dafür liefern zu müssen.
Schweiz hinkt hinterher
Andere europäische Länder seien da liberaler, sagt Rechtsprofessorin Andrea Büchler von der Universität Zürich (UZH). Die Expertin im Bereich Reproduktionsmedizin erklärt: «In einigen Ländern ist der straflose Abbruch zum Beispiel bis zur Lebensfähigkeit des Fötus möglich.»
In einigen Ländern ist der straflose Abbruch bis zur Lebensfähigkeit des Fötus möglich.
Das wäre bis etwa zur 24. Schwangerschaftswoche. Büchler sagt: «Das geht zum Beispiel in den Niederlanden oder in Island und bis zur Aufhebung von Roe versus Wade auch in den USA.»
In der Schweiz sind Abtreibungen nach der 12. Woche nur noch möglich, wenn die schwangere Frau einen klaren medizinischen oder sozialmedizinischen Grund dafür angeben kann.
Früher gab es auch Gefängnisstrafen
Je länger die Schwangerschaft andauert, desto gewichtiger müssen diese Gründe sein. Vor der Fristenlösung vor 20 Jahren war eine Abtreibung in der Schweiz von Tag eins der Schwangerschaft nur mit einer grossen gesundheitlichen Gefährdung der Frau möglich.
«Der Schwangerschaftsabbruch war vor der Einführung der Fristenregelung grundsätzlich strafbar, mit einer Gefängnisstrafe», sagt Büchler dazu. Unter diesem Blickwinkel sei die Fristenlösung natürlich eine Errungenschaft. Eine, die nicht unbedingt zu mehr Abtreibungen führte.
Die Abtreibungsrate sei nämlich stark an gesellschaftliche Faktoren gebunden, so Büchel, wie zum Beispiel: «Wie ist der Zugang zu Verhütung, wie ist die Stellung der Frau innerhalb einer Gesellschaft, wie sieht es mit Familien- und Sexualmoral aus.»
«Ist es möglich, ein Kind zu haben, auch wenn keine Ehe vorliegt oder wird das gesellschaftlich geächtet», sagt Büchel weiter. So zeigten zahlreiche Studien: Je liberaler das Abtreibungsgesetz sei, desto offener wäre auch die Gesellschaft bezüglich Aufklärung und eben desto weniger Abtreibungen gebe es.