- Die Gerichtskommission hat mitgeteilt, dass sie ein Amtsenthebungsverfahren gegen Bundesanwalt Michael Lauber eröffnet. Dies wegen Verdachts auf schwere Amtspflichtverletzung.
- Zuvor musste sich Lauber der parlamentarischen Gerichtskommission stellen.
- Es geht um den Vorwurf, der Bundesanwalt habe in der Fifa-Affäre seine Amtspflichten verletzt.
Gemäss Artikel ihren Handlungsgrundsätzen in Verbindung mit dem Strafbehördenorganisationsgesetz eröffnet die Gerichtskommission ein Amtsenthebungsverfahren, wenn ein begründeter Verdacht vorliegt, dass die betreffende Person ihre Amtspflichten vorsätzlich oder grob fahrlässig schwer verletzt hat. Oder wenn sie die Fähigkeit, das Amt auszuüben, auf Dauer verloren hat.
Lauber, der die Vorwürfe gegen ihn von Anfang an bestritt, verweist seit Monaten auf ein fehlendes gerichtliches Urteil. Das Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen wird voraussichtlich in den nächsten Monaten einen Entscheid treffen. Dieses Urteil könnte Lauber später ans Bundesgericht weiterziehen.
Urteil aus St. Gallen abwarten
Die Kommission entschied sich mit 13 zu 4 Stimmen für ein Verfahren, wie die Parlamentsdienste mitteilten. Die Minderheit war der Ansicht, dass vor dem Entscheid über die Verfahrenseröffnung das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts abgewartet werden sollte.
Die Karriere des Michael Lauber
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Bild 1 von 6. Bundesamt: gegen die Mafia. Mitte der 1990er-Jahre intensivierte die Schweiz den Kampf gegen die organisierte Kriminalität und die Geldwäscherei, mittendrin: Michael Lauber. Von 1995 bis 2000 baute Lauber als Leiter die Zentralstelle Organisierte Kriminalität auf beim Bundesamt für Polizei (heute fedpol). Während dieser Jahre führte Lauber auch Anti-Mafia-Ermittlungen. Bildquelle: SRF.
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Bild 2 von 6. Liechtenstein: gegen die Geldwäscherei. 2001 gilt das Fürstentum Liechtenstein als Steueroase – internationale Verpflichtungen und Standards sind kaum umgesetzt. In der Folge setzt die internationale Arbeitsgruppe gegen Geldwäsche das Land als einziges in Westeuropa auf eine Schwarze Liste. Lauber wird berufen, die Zentralstelle zur Geldwäschereibekämpfung aufzubauen. Bildquelle: Keystone.
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Bild 3 von 6. Bankenverband: gegen Reputationsschäden. Drei Jahre später wechselt Lauber die Seiten und wird Geschäftsführer des Liechtensteinischen Bankenverbands. 2008 kommt es zu der Liechtensteiner Schwarzgeldaffäre. Der Chef der Deutschen Post wird vor laufender Kamera verhaftet. Vorwurf: Geldwäscherei in Millionenhöhe über die fürstliche LGT Treuhand in Vaduz. Bildquelle: Reuters.
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Bild 4 von 6. Bundesanwaltschaft: gegen die Ineffizienz. Die Bundesanwaltschaft stand immer wieder in der Kritik: 2007 musste Valentin Roschacher zurücktreten, und sein Nachfolger Erwin Beyeler wurde 2011 nicht mehr wiedergewählt. Bei Laubers Wahl zum Bundesanwalt 2011 wurde viel Hoffnung in ihn gesetzt: Als externer Kandidat und geübter Ermittler sollte er Ordnung in die Verfahren bringen. Bildquelle: Reuters.
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Bild 5 von 6. Gegen die Fifa: Lob. Anfänglich lief es gut für Lauber, hier mit US-Justizministerin Loretta Lynch. Er startete Verfahren gegen drei deutsche Steuerfahnder und liess im Mai 2015 in Zürich auf Ersuchen der USA öffentlichkeitswirksam sieben Funktionäre der Fifa wegen des Verdachts auf Korruption und Geldwäscherei festnehmen. Im selben Jahr wurde Lauber wiedergewählt. Bildquelle: Reuters.
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Bild 6 von 6. Gegen die Fifa: Stolpersteine. Dann begann die Kritik: zu viele Ermittlungen, zu wenig Fokussierung, zu viele Verjährungen. Noch grösser wurden seine Probleme 2018: Geheimtreffen mit Fifa-Präsident Gianni Infantino während laufender Verfahren gegen die Fifa, unter anderem im «Sommermärchen-Prozess». 2019 wurde Lauber für eine dritte Amtszeit nur noch knapp wiedergewählt. Bildquelle: Reuters.
Betreffend der Vorwürfe der AB-BA (Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft) will die Kommission das Urteil aus St. Gallen analysieren. Ausserdem will sie weitere Punkte abklären, die nicht Gegenstand dieses Verfahrens sind.
Antrag wohl im Herbst
Wird die Gerichtskommission Michael Lauber zum Rücktritt bewegen? Die Gerichtskommission habe nicht die Aufgabe, dies zu tun, so Gerichtskommissionspräsident Andrea Caroni auf die Frage, ob Michael Lauber als Bundesanwalt noch tragbar sei.
Stelle sich am Ende heraus, dass Michael Lauber seine Amtspflichten tatsächlich vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt habe, will die Kommission der Bundesversammlung einen Antrag auf Amtsenthebung stellen. Kommt sie hingegen zum gegenteiligen Schluss, wird das Verfahren eingestellt.
Für die Sommersession könne noch kein Antrag gestellt werden, sagte Caroni. Er sei zuversichtlich, dass das Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen den Fall beförderlich behandeln werden. Fix auf eine Agenda festgelegt habe sich die Kommission nicht. Sie werde einfach vorwärts machen.