Die Punk-Band Pussy Riot gehört zu den lautesten Gegnerinnen des russischen Regimes. Die Frauen sind weltweit bekannt für ihre regelmässigen Störaktionen. Vor ihrem Auftritt am Dienstagabend in der Mühle Hunziken in Rubigen (BE) wurden am Montag drei Mitglieder in Bern festgenommen, als sie ein Anti-Kriegs-Graffiti sprayten. Nun üben sie auch an der Schweiz Kritik.
SRF News: Was ist gestern Nacht passiert?
Maria Aljochina: Gestern haben wir ein Graffiti gesprayt. Dies im Rahmen unseres Protestes in verschiedenen Städten. Wir sprayen Schilder an die Wand, die anzeigen, wie viele Kilometer der Krieg entfernt ist. Denn hier sieht alles sehr friedlich aus und die Leute realisieren nicht, dass nicht allzu weit entfernt ein Krieg herrscht. Viele Leute haben ihre Häuser verloren, Städte wurden zerstört. Das möchten wir den Leuten hier zu verstehen geben. Drei von uns wurden verhaftet und auf den Polizeiposten gebracht.
Heute Morgen sah ich, dass unser Graffiti entfernt wurde. Die anderen Graffitis rundherum, die zum grössten Teil keinen Sinn haben, wurden aber stehen gelassen. Warum? Das ist heuchlerisch. Bedeutet das, dass die Leute hier nichts vom Krieg hören wollen? Das ist nicht gut. Insbesondere, wenn man beachtet, dass die Schweiz russischen Oligarchen die Möglichkeit gab, Häuser zu kaufen und Bankkonten zu eröffnen.
Wie wurden Sie von der Polizei behandelt?
Olga Borisowa: Es war brutal. Pussy-Riot-Mitglied Taso Pletner wurde aufgefordert, ihre Unterwäsche auszuziehen. Zudem hat sie wegen der Festnahme diesen blauen Fleck hier (zeigt auf den Oberarm). Wir denken, das Vorgehen war demütigend. Ich war zuerst allein auf dem Polizeiposten. Die Polizisten wollten, dass ich meine Hosen ausziehe. Ich sagte immer wieder, dass ich das nicht wolle. Das war erniedrigend.
Was ist die Botschaft hinter den Graffitis?
Maria Aljochina: Es ist ein Kampf auf eine andere Art. Der Krieg dauert jetzt sechs Monate und die Leute fangen an zu vergessen, dass mitten in Europa Menschen getötet werden. Die Leute vergessen, dass Putin gestoppt werden sollte.
Ist es eine politische Botschaft?
Taso Pletner: Es ist nicht nur politisch. Der Krieg ist nicht so weit weg, wie man denkt. Unsere Stimme ist wichtig. Seid nicht still.
Maria Aljochina: Erst vor drei Tagen fanden wir heraus, dass die Schweiz erst jetzt aufhört, Gold von Russland zu kaufen, aber Gas und Öl ist noch immer da. Unsere Freunde sind investigative Journalisten und sie fanden eine Menge Bankkonten und Eigentum in Genf und Zürich. Sie haben viel gelitten und machen die Arbeit, die eigentlich von Politikern und der Polizei gemacht werden sollte.
Der Bürgermeister von Köniz empfindet Ihr Grafitti aber als Vandalismus.
Olga Borisowa: Ich glaube, dass die Menge an russischem Geld schlecht für Ihr Land ist. An diesem Geld klebt Blut. Vielleicht sollten Ihre Regierungsmitglieder darüber nachdenken, kein Geld anzunehmen, das gestohlen oder durch das Töten anderer Menschen verdient wurde. Ich denke, dass die Leute darüber nachdenken sollten und nicht über ein Wand-Graffiti.
Das Gespräch führte Urs Gilgen.