Mit Ueli Maurer scheidet ein Zürcher Vertreter aus dem Bundesrat aus – doch für die SVP sieht es immer weniger danach aus, dass sie den frei werdenden Sitz mit einer Zürcherin oder einem Zürcher besetzen kann. Denn nach Nationalrat Gregor Rutz hat nun auch Regierungsrätin Natalie Rickli abgesagt. Den Zwischenstand zwei Monate vor der Wahl kennt SRF-Inlandredaktor Rafael von Matt.
SRF News: Wird der grösste Schweizer Kanton bald nicht mehr in der Landesregierung vertreten sein?
Rafael von Matt: Danach sieht es in der Tat aus. Mit dem Rückzug von Rickli und Rutz sind die Zürcher Aussichten deutlich schlechter geworden. Kommt es so, wäre es erst das zweite Mal seit Gründung des Bundesstaats 1848, dass Zürich nicht im Bundesrat vertreten ist.
Allerdings gibt es auch für den Kanton mit der grössten Bevölkerung natürlich keine Garantie für eine Vertretung in der Landesregierung. Etwas trösten könnten sich die Zürcherinnen und Zürcher damit, dass sie schon 20 Bundesrätinnen und Bundesräte hatten, während fünf Kantone noch gar nie einen Vertreter im Bundesrat hatten.
Nun werden vor allem die beiden Berner Albert Rösti und Werner Salzmann als mögliche Nachfolger von Maurer genannt – zwei gewichtige Namen?
Auf jeden Fall. Während Zürich aktuell eher zu wenig valable Kandidaten hat, hat Bern mit zwei renommierten Politikern eher die Qual der Wahl. Nationalrat Rösti war Präsident der nationalen SVP und wird über die Parteigrenzen hinaus geschätzt. Gerade in der jüngsten Energiedebatte hat er sich als jemand hervorgetan, der Deals einfädeln kann.
Rösti und Salzmann haben noch nicht bekannt gegeben, ob sie zur Verfügung stehen.
Ständerat Salzmann seinerseits war lange Präsident der Berner SVP und im Gegensatz zu Rösti hat er die Wahl in den Ständerat geschafft. Allerdings haben beide noch nicht bekannt gegeben, ob sie tatsächlich für den Bundesrat kandidieren.
Bern hat mit Simonetta Sommaruga bereits eine Vertreterin im Bundesrat. Schmälert das die Chancen der beiden Berner?
Die Kantonsklausel, welche es verbot, dass zwei Bundesräte aus dem gleichen Kanton stammen, wurde schon vor 20 Jahren abgeschafft. Seit 2002 gab es drei Phasen, in denen bereits zwei Zürcher oder zwei Berner gleichzeitig in der Landesregierung waren.
Die Chancen einer Berner Kandidatur werden durch den Sitz von Sommaruga kaum geschmälert.
Auch wenn manche Parlamentarierinnen oder Parlamentarier aus anderen Kantonen etwas zögern könnten, einen zweiten Berner zu wählen, werden die Chancen einer Berner Kandidatur durch den Sitz von Sommaruga aber kaum geschmälert.
Gibt es Kandidaten aus anderen Kantonen?
Zwar sind historisch gesehen verschiedene Regionen im Bundesrat bislang untervertreten gewesen – etwa Basel oder die Zentralschweiz. Trotzdem ist das diesmal bislang kaum ein Thema. Mit Nationalrätin Esther Friedli (SG) gibt es aber durchaus mindestens eine mögliche Kandidatin aus einem anderen Kanton, der auch gute Chancen eingeräumt werden. Allerdings hat auch sie sich noch nicht zu einer Kandidatur geäussert.
Das Gespräch führte Brigitte Kramer.
Diese Politiker und Politikerinnen könnten Maurers Nachfolge antreten
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Bild 1 von 15. Wer folgt auf Bundesrat Ueli Maurer? Bis Ende Woche können die Kantonalparteien ihre Kandidierenden für die Nachfolge von Maurer melden. Danach gibt es eine Auswahl innerhalb der SVP Schweiz. Am 7. Dezember 2022 findet dann die Ersatzwahl statt. Bildquelle: Keystone/Peter Klaunzer.
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Bild 2 von 15. Kronfavorit: Albert Rösti. Der Berner Nationalrat und frühere Präsident der SVP Schweiz will Bundesrat werden und hat seine Kandidatur vor den Medien bekannt gegeben. Der 55-Jährige ist promovierter Agronom und seit 2011 Nationalrat. Bildquelle: Keystone / ENNIO LEANZA.
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Bild 3 von 15. Kandidatin: Michèle Blöchliger. Die knapp 55-jährige Finanzdirektorin des Kantons Nidwalden hat ihre Kandidatur bekannt gegeben. Die SVP-Politikerin ist die zweite Kandidatin aus der Zentralschweiz und wäre das erste Nidwaldner Bundesratsmitglied. Zudem ist sie die erste Frau, welche ins Rennen steigt. Blöchliger ist Anwältin und war in Kanzleien und für Grossbanken tätig. Bildquelle: Keystone/Archiv/URS FLUEELER.
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Bild 4 von 15. Kandidat: Werner Salzmann. Der Berner SVP-Ständerat will Bundesrat werden. Er hat seine Kandidatur auf Nau.ch bekannt gegeben. Er habe das Anforderungsprofil studiert und sei zum Schluss gekommen, dass er es erfülle. Der 59-jährige Steuerchefexperte der Steuerverwaltung des Kantons Bern ist seit 2019 Ständerat, zuvor war er während einer Legislatur Nationalrat. Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 15. Kandidat: Heinz Tännler. Der Zuger SVP-Finanzdirektor Heinz Tännler hat in der «Schweiz am Wochenende» bekannt gegeben, für den Bundesratssitz kandidieren zu wollen. Bildquelle: Keystone/Urs Flueeler.
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Bild 6 von 15. Kandidat: Hans-Ueli Vogt. Hans-Ueli Vogt hat die SVP von 2015 bis 2021 bereits im Nationalrat vertreten, bevor er zurückgetreten ist. Nun will er Nachfolger von Ueli Maurer werden. Der 52-Jährige ist Professor für Privat- und Wirtschaftsrecht. Bildquelle: Keystone/Peter Klaunzer.
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Bild 7 von 15. Verzicht: Thomas Aeschi. Der SVP-Fraktionspräsident vertritt den Kanton Zug seit 2011 im Nationalrat. Aeschi gehört zu den sogenannten Hardlinern. Er kandidierte bereits 2015 für den Bundesrat, die vereinigte Bundesversammlung sprach sich damals aber für Guy Parmelin aus. Nun startet er keinen neuen Versuch. Bildquelle: Keystone / ALESSANDRO DELLA VALLE.
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Bild 8 von 15. Verzicht: Natalie Rickli. Die Zürcher Gesundheitsdirektorin hätte die erste von der Partei anerkannte SVP-Frau in der Landesregierung werden können. Doch Rickli verzichtet auf eine Kandidatur. Die Bevölkerung solle sich weiterhin auf ein hervorragendes Gesundheitswesen verlassen können, twitterte die Vorsteherin der Zürcher Gesundheitsdirektion. Bildquelle: Keystone / Ennio Leanza.
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Bild 9 von 15. Verzicht: Magdalena Martullo-Blocher. Die Unternehmerin und Nationalrätin (Kanton Graubünden) ist keine Frau der leisen Töne und könnte ihren Vater im Bundesrat beerben. Allerdings: Magdalena Martullo-Blocher hat bereits mitgeteilt, dass sie sich als Nachfolgerin nicht zur Verfügung stellen werde. Bildquelle: Keystone / ALESSANDRO DELLA VALLE.
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Bild 10 von 15. Verzicht: Esther Friedli . Die St. Galler Nationalrätin Esther Friedli zählte zu den Favoritinnen für das Amt, entschied sich aber gegen eine Kandidatur. Sie will nun den freiwerden Sitz von SP-Mann Paul Rechsteiner im Ständerat erobern. Die 45-jährige Esther Friedli sitzt seit 2019 im Nationalrat und ist Partnerin vom ehemaligen SVP-Präsidenten Toni Brunner. Bildquelle: Keystone / PETER KLAUNZER.
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Bild 11 von 15. Verzicht: Thomas Matter. Der 56-jährige Zürcher SVP-Nationalrat verzichtet auf eine Bundesratskandidatur. Er hatte zwar Gespräche mit der Kantonalpartei geführt. Schliesslich begründete er seine Absage in der «NZZ» aber mit seiner Tätigkeit als Bankier und Familienunternehmer. Es sei für ihn «nicht so wichtig», dass der Nachfolger von Maurer ebenfalls aus Zürich komme. Bildquelle: Keystone.
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Bild 12 von 15. Verzicht: Toni Brunner. Die SVP würde ihn gerne als Bundesrat sehen. Seit Toni Brunner Ende 2018 seine politische Laufbahn beendet hat, ist es eher still geworden um den langjährigen SVP-Präsidenten (2008-2016). Die Toggenburger Frohnatur hat gegenüber der «NZZ am Sonntag» eine Kandidatur definitiv ausgeschlossen. Bildquelle: Keystone / STEFFEN SCHMIDT.
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Bild 13 von 15. Verzicht: Gregor Rutz. Der erfahrene Zürcher Nationalrat und frühere Generalsekretär der SVP ist öffentlich weniger präsent als hinter den Kulissen. Gregor Rutz politisiert klar auf Parteilinie. Mittlerweile hat er seinen Verzicht auf eine Kandidatur bekannt gegeben. Bildquelle: Keystone / ALESSANDRO DELLA VALLE.
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Bild 14 von 15. Verzicht: Diana Gutjahr. Die Thurgauer SVP-Nationalrätin und Unternehmerin Diana Gutjahr steht momentan nicht für das Bundesratsamt zur Verfügung. Neue Möglichkeiten müssten immer mit der aktuellen Lebensphase vereinbar sein, sagte die 38-Jährige der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. «Als 'Frisch-Mami würde dies in meinen aktuellen Lebensabschnitt nicht passen.». Bildquelle: Keystone/Alessandro della Valle.
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Bild 15 von 15. Verzicht: Monika Rüegger. Die Obwaldner SVP-Nationalrätin will nicht Nachfolgerin von Bundesrat Ueli Maurer werden, wie sie am 13. Oktober via Twitter mitteilte. Sie möchte weiterhin die Interessen Obwaldens «mit klar bürgerlicher Politik» in Bern vertreten und nebst der Arbeit im Parlament Zeit für ihre Familie haben. Bildquelle: Keystone/PETER SCHNEIDER.