- Der Nationalrat hat sich zu Beginn der Sommersession zum zweiten Mal mit dem Schutz von sogenannten Whistleblowern, welche Missstände in Unternehmen aufdecken, befasst.
- Er lehnt das Geschäft haushoch mit 144 zu 27 Stimmen ab.
- Schon der erste Vorschlag des Bundesrates vor vier Jahren hatte im Parlament keine Mehrheit gefunden.
Das Geschäft stand in der Detailberatung unter einem schlechten Stern. Mehrere Sprecher für ihre Fraktionen empfahlen ihren Kollegen die Ablehnung der Vorlage. So meinte beispielsweise Min Li Marti (SP/ZH), dass ein schickliches Begräbnis besser sei, als diese Vorlage, denn: «Gut gemeint ist nicht immer gut beraten». Dabei sei der Umgang mit Whistleblowern nicht einfach trivial, denn der Arbeitgeber darf eine gewisse Loyalität zum Unternehmen erwarten.
Der Aargauer GLP-Nationalrat Beat Flach bemerkte zudem, dass die Politik von der Realität überholt wurde. Bereits jetzt hätten viele Unternehmen eine interne Whistleblowing-Stelle, denn die geschäftlichen Risiken würden damit vermindert und auch die Reputation des Geschäftes gestärkt.
Bei einem Nein: Keine schnelle Lösung
Beschwichtigungen seitens der Befürworter, dass mit einer Ablehnung kein einziges Problem gelöst und dass es weiterhin Missbrauch geben werde, fruchteten im Rat nicht. Auch das Votum der Justizministerin Karin Keller-Sutter hatte keinen Erfolg: «Die Vorlage muss einen gewissen Detaillierungsgrad aufweisen.»
Die EJPD-Vorsteherin erklärte zudem, dass es bei einer Ablehnung nicht zu einer schnellen Lösung kommen werde. Die Positionen zwischen den Sozialpartnern würden dafür zu weit auseinander gehen. «Dass wir hier schnell einen gemeinsamen Nenner finden werden, ist eher unwahrscheinlich.»
Damit hat die unheilige Allianz von links und rechts im Nationalrat Erfolg gehabt. Nur Teile der CVP und der BDP stimmten für die Vorlage. Das Geschäft geht nun in den Ständerat und hat wohl auch dort einen schweren Stand. Wenn die kleine Kammer die Vorlage auch bachab schickt, dann sind die Whistleblower-Regeln vorerst vom Tisch.
Schwierige Vorgeschichte
Die bundesrätliche Vorlage sieht gegenüber dem Vorschlag von 2005, mit dem er Schiffbruch erlitten hatte, vor, dass beim Meldeverfahren wesentliche Anpassungen vorgenommen würden. Das genaue Prozedere, wie eine Meldung des Arbeitnehmers erfolgen soll, die so genannte Kaskadenlösung, wurde wesentlich vereinfacht und konkretisiert.
Dennoch empfahl die Kommission (RK-NR) ihrem Rat die Ablehnung des Geschäftes. Die Vorlage des Bundesrates sei auch nach ihrer Überarbeitung immer noch sehr kompliziert und für betroffene Arbeitnehmer schwer verständlich. Dies hänge mit der Grundstruktur der Vorlage zusammen, welche die Kaskadenlösung vorsieht. Diese lässt bei Missständen eine Information der Öffentlichkeit nur unter sehr eingeschränkten Bedingungen zu.