Normalerweise ist die Isola di San Biagio nur mit dem Schiff erreichbar. Nun ist die seichte Wasserpassage zum Sinnbild für den Rekordtiefstand des Lago di Garda geworden. Hunderte von Schaulustigen waten vom Festland zur kleinen Insel durch den See.
Warnung vor übertriebenem Alarmismus
Die Gäste seien durch die Bilder verunsichert, sagt der Präsident der Hotelier-Vereinigung Ivan de Beni: «Einige Kunden haben angefragt, ob es wahr ist, dass Wasser in den Hotels fehlt. Es wurde nicht richtig darüber berichtet. Ausgehend vom Wassermangel im See haben die Leute sogar gemeint, es fehle das Wasser für den Pool oder im Hotel.»
Der Tourismusverband will die Gäste beruhigen und warnt vor übertriebenem Alarmismus. Es geht um viel: Mit über 50‘000 Betten erwirtschaftet die Region laut eigenen Aussagen fast 1 Milliarde Euro jährlich. Die Gäste kämen trotzdem, aber Ivan de Beni befürchtet einen Imageschaden: «In den letzten fünf Monaten gab es eine Welle von Artikeln, Fotografien, Erzählungen auch auf den sozialen Medien, die das alles noch verstärkt haben, sodass die Leute gedacht haben, der See habe kein Wasser mehr, was falsch ist.»
Wasserspeicher für die Landwirtschaft
Wenige Kilometer unterhalb des Sees bei Salionze steht das Stauwerk. Hier wird bestimmt, wie viel Wasser dem See entnommen und in welche Bewässerungskanäle es fliesst. Davon ist die gesamte Landwirtschaft im Einzugsgebiet des Flusses Mincio, der dem Gardasee entspringt, abhängig, erklärt Filiberto Speziali, Präsident des Bewässerungskonsortiums des Gebiets: «Das Gedeihen der Landwirtschaft von Mantova hängt vom Gardasee ab. Und dies seit Jahrzehnten. Das Wasser ist essenziell für die hiesigen Bauern. Dieses Jahr mit den andauernden Problemen der Wasserversorgung kann das schon beunruhigen.»
Im vergangenen sehr niederschlagsarmen Jahr habe der See den Bauern die Ernte gerettet. Wiederhole sich ein solches Dürrejahr, werde es für die Bauern noch schwieriger, da der See fast auf Tiefststand sei, sagt Speziali. Deshalb müssten alle mit 30 Prozent weniger Wasser als in den Vorjahren auskommen. Nur so reiche das knappe Seewasser zum Bewässern bis Mitte Juli.
Hotelier-Präsident: «Der See wird nie geleert»
So hoffen für einmal Landwirte wie auch Touristiker auf Regen, damit der Seepegel steigt. Aktuell liegt er gut einen halben Meter unter dem langjährigen Mittel. Dennoch glaubt der Präsident der Hotelier-Vereinigung nicht, dass es zu einer Konfrontation zwischen Landwirtschaft und Tourismus kommt.
«Es wird nie passieren, dass der gesamte Gardasee geleert wird, um in der Landwirtschaft zu bewässern. Das ist unvorstellbar. Aber selbstverständlich müssen wir ein Gleichgewicht finden, dass sowohl die Landwirtschaft als auch der Tourismus Zukunft haben.» Trotz allem Beschwichtigen: Wegen des tiefen Pegelstands empfehlen die Touristiker vorsichtig zu sein bei Sprüngen in den See.