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Die etwas anderen News Alles Dubai oder was? Schoggi und kein Ende in Sicht

Dubai-Schokolade ist in aller Munde – oder auch nicht, denn der Hype ist gross und das Angebot klein. Wo soll der Wahnsinn noch hinführen? Und was haben Dubai und die Vereinigten Arabischen Emirate eigentlich davon?

Simon Enzler

Kabarettist

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Die Kunst von Simon Enzler lebt von der Exotik seines markanten Appenzeller-Dialektes, aber genauso von seinen präzisen, vielfältigen und politischen Beobachtungen, die er mit einer unvergleichbaren Lockerheit vorzutragen weiss. Den Salzburger Stier erhielt er 2007, aktuell ist er mit seinem elften Programm «brenzlig» auf Tour

Ein kalter, eisiger Wind zieht durch die Gassen. Hungrige Menschen stehen stundenlang in langen Schlangen an für etwas Essbares. Aber es sind keine Mittellosen vom Rande der Gesellschaft, angewiesen auf Essenspakete der Winterhilfe – sondern hippe Feinschmecker! Die willens sind, rund 15 Franken für eine 150-Gramm-Tafel Dubai-Schokolade hinzublättern. Das macht 100 Franken pro Kilo, dafür kriegt man Rindsfilet! Oder als Veggie ein ganzes Kilo Bio Tofu.

Im Prinzip nichts anderes als ein besserer Ovo Sport-Riegel.

Für die Wenigen, die noch nichts von Dubai-Schokolade gehört haben sollten, sei Folgendes gesagt: Es handelt sich um eine sehr exquisite Schokolade mit Pistazien und «Engelshaaren»: feinste Kadayf-Teigfäden, die dieser Süssigkeit einen knusprig knackigen Biss verleihen. Im Prinzip ist es aber nichts anderes als ein besserer Ovo Sport-Riegel mit Pistachefüllung.

Und wenn ein Produkt wie geschnitten Brot läuft, wollen bald auch andere ein Stück vom Kuchen haben – oder besser: von der Tafel. In St. Gallen wird schon Dubai-Panetone angeboten, eine Luzerner Confiserie beflügelt Kunden mit Dubai-Schutzengeln und in einem Online-Shop wird sogar ein Dubai-Drink angepriesen, ein kohlesäurehaltiges Dubai-Schockoladegesöff aus der Dose.

Was, wenn jetzt auch noch die Metzger durchdrehen?

Getreu dem Prinzip des Nachfragemarkts wird irgendwann der Preis sinken, weil entweder die Nachfrage sinkt oder wegen eines Angebotsüberschusses. Also konkret: Weil einem die Pistaziencreme aus den Ohren quillt – oder aber es Dubai-Schoggi von M-Budget gibt für 1.50 statt 15 Franken. Soweit sind wir freilich noch nicht.

Wahrscheinlich werden wir die nächsten Osterhasen mit Engelshaarfell und Pistazienaugen noch teuer bezahlen müssen. Dann wird sich der Markt wohl entspannen und der Hype abflachen – hoffentlich. Denn ich will mir gar nicht vorstellen, wie teuer sonst die nächste Grillsaison zu Buche schlagen könnte: Wenn Metzger auch noch durchdrehen mit Dubai-Bratwürsten und Engelssteaks im Schokoladenmantel. Und dazu gibt’s ein frisches Dubier!

Vielleicht lassen die Arabischen Emirate die diversen Dubai-Variationen ja aber auch bewusst einfach laufen.

Aber darf man das überhaupt markenrechtlich? Ist die Dubai-Rezeptur nicht auch eine regionale Spezialität wie Champagner, der ja auch zwingend aus der Champagne stammen muss?

Vielleicht lassen die Arabischen Emirate die diversen Dubai-Variationen ja aber auch bewusst einfach laufen – als süsse und zart schmelzende Imagepflege. Für eine autoritäre und absolutistische Monarchie, die mit Menschenrechten etwa so viel zu tun hat wie Elon Musk mit der Winterhilfe. Ein allfälliger Schadenersatz für entgangene Einnahmen lockt nun wirklich keinen einzigen Scheich hinter der Klimaanlage hervor. Lieber frisst die halbe Welt etwas, wo «Dubai» draufsteht.

Nun steht aber erst mal Weihnachten vor der Tür. Ich freue mich auf Familienzeit, ein paar freie Tage in Besinnlichkeit und feines Essen.

In diesem Jahr dürfen unsere zwei Buben das Weihnachtsmenü bestimmen. Voraussichtlich gibt’s ein typisch schweizerisches Fondue Chinoise – wenn nicht in der Zwischenzeit irgend so ein Tiktok-Heini auf die glorreiche Idee kommt, daraus auch noch ein Fondue Dubaiaise zu kreieren. In diesem Sinne, ein frohes Fest und guten Appetit!

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Bissiger Spass im satirischen Wochenrückblick. In der Radio-Kolumne «Zytlupe» analysieren starke Stimmen die Hochs und Tiefs der Politwoche : ungefiltert und ungeniert unkorrekt. Alle «Zytlupe»-Artikel finden Sie hier.

SRF 1, Zytlupe, 7.12.2024, 13:00 Uhr

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