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Die etwas anderen News Donald, Wladimir und Elon erfinden die Wahrheit

Wie lästig sind doch traditionelle Medien! Sie schauen Machthabern viel zu genau auf die Finger. Viel lieber sind dem neuen US-Präsidenten, dessen rechtem Arm Elon Musk und dessen neustem Buddy Putin die Schwurblerkanäle und Verschwörungsplattformen, auf denen Schimpf und Schmäh ungeahndet bleiben.

Bänz Friedli

Kabarettist

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Der Zürcher Kabarettist mit Berner Wurzeln ist Meister darin, den Finger dort draufzuhalten, wo es wehtut. Dabei bleibt Bänz Friedli stets ein Erzähler, der vermeintlich Kleines mit dem ganz Grossen verbindet. 2015 war er Preisträger des Salzburger Stiers, 2024 des Prix Cornichon. Aktuell ist er mit seinem Programm «S isch kompliziert» auf verschiedenen Deutschschweizer Bühnen zu sehen. Fürs «Spasspartout» auf SRF1 moderiert Bänz Friedli jeweils die Live-Kabarett-Abende «Ohrfeigen» aus dem Kleintheater Luzern.

Eine Kanzlerkandidatin, welche die Nazi-Losung «Alles für Deutschland!» zur Wahlkampfparole «Alice für Deutschland» ummünzt? Früher wärs ein fieser Gag des Satiremagazins «Titanic» gewesen, heute ist es bitter wahr.

Und wie war das, apropos Nazi, mit Elon Musks Geste an Präsident Trumps Amtseinsetzung? Zeitungen in aller Welt deuteten sie als Hitlergruss – die Schweiz hingegen befand: Wie Musks gereckter rechter Arm zu interpretieren sei, bleibe Ansichtssache.

Früher wärs ein fieser Gag des Satiremagazins ‹Titanic› gewesen, heute ist es bitter wahr.

Alles ist für uns immer Ansichtssache: Je nachdem, ob etwas dem Finanzplatz nützt. Das ukrainische Volk lassen wir seit drei Jahren im Stich. Ausrede: die Neutralität!

Und dann kommt ein Rotzbengel aus den USA namens J. D. Vance daher und wischt Europa in einer dummdreisten Ansprache die Kappe: Undemokratisch seien wir, hier werde die Meinungsfreiheit gefährdet! (Oh doch, ich darf den amerikanischen Vize «Rotzbengel» nennen. Das entspricht just dessen eigener Logik, wonach im Web jeder «Schlämperlig» erlaubt ist.)

Und was tut unsere Bundespräsidentin? Lobt Vance’ Rede als «liberal und schweizerisch». Und es war kein Fauxpas. Frau Keller-Sutter, die selbst ernannte «Sparfüchsin», weiss stets genau, was sie tut. Wenn sie nun den neuen US-amerikanischen Machthabern reinkriecht, erhofft sie sich milde Zölle für unsere Pharma- und Uhrenexporte.

Mal will er Grönland erobern, mal den Gazastreifen zu einem Bade-Resort machen.

Dumm nur, dass die Finanzministerin mit ihrem Einschmeicheln gleich auch dem Kriegsherrn im Kreml flattiert, denn Trump und Putin machen nun gemeinsame Sache, handeln eigenmächtig einen faulen «Frieden» für die Ukraine aus und stellen die alte Weltordnung auf den Kopf.

Damit wir dies nicht mitbekommen, streut der Mann im Weissen Haus lustige Ablenkmanöver ein: Mal will er Grönland erobern, mal den Gazastreifen zu einem Bade-Resort machen.

Kommt uns das vielleicht bekannt vor?

Ganz nebenbei hebelt die neue Achse Washington-Moskau von der Nato über das Pariser Klimaabkommen bis zum Menschenrechtsgerichtshof alles aus, wofür die westliche Welt bisher stand. Den Golf von Mexiko benennt Trump mal eben in «Gulf of America» um und sperrt Presseleute, die sich weigern, seine Diktion zu übernehmen, kurzerhand aus. Auf dass niemand sie kritisieren könne, verteufeln Mister President & Co. Qualitätszeitungen, Radio und Fernsehen. Kommt uns das vielleicht bekannt vor?

Die traditionellen Medien seien ohnehin von gestern, schwadroniert Trumps rechter Arm Musk. Fortan soll seine Plattform X das Leitmedium der Menschheit sein. Wo jeder Schimpf und jede Dreistigkeit erlaubt ist. Allfällige Lügen, beschwichtigt er, würde der Schwarm an Nutzerinnen und Nutzern schon korrigieren.

Schade nur, dass sich statt der Schwarmintelligenz gerade von Ost bis West Schwarmdummheit einen Weg bahnt.

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Bissiger Spass im satirischen Wochenrückblick. In der Radio-Kolumne «Zytlupe» analysieren starke Stimmen die Hochs und Tiefs der Politwoche: ungefiltert und ungeniert unkorrekt. Alle «Zytlupe»-Artikel finden Sie hier.

SRF 1, Zytlupe, 22.2.2025, 13:00 Uhr

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