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Unerwartete Probleme mit PFAS-Chemiekalien bei Solothurner Deponie
Aus Regionaljournal Aargau Solothurn vom 07.09.2023. Bild: zvg: Kanton Solothurn
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Schadstoffe für die Ewigkeit Ratlose Kantone beim Umgang mit PFAS-Chemikalien im Boden

Bei der Sanierung von alten Abfalldeponien rücken mit PFAS schweizweit neue Schadstoffe in den Fokus. Der Umgang damit ist bisher wenig erforscht. Aktuell zeigen sich die Probleme damit bei der Sanierung der Stadtmist-Deponie in Solothurn.

Es ist die Art Überraschung, auf die man eigentlich gerne verzichten würde. Roger Dürrenmatt muss gerade mit den Folgen einer solchen Überraschung umgehen. Der 47-Jährige leitet die Sanierung des Solothurner «Stadtmist», einer der grössten ehemaligen Abfalldeponien der Schweiz, 160'000 Quadratmeter gross, mit rund 500'000 Tonnen Abfall.

Jahrelang hat Dürrenmatt die Sanierung geplant. Nun haben sogenannte PFAS-Chemikalien seine Pläne unerwartet durcheinander gebracht: «Diese Chemikalien haben uns auf dem linken Fuss erwischt.»

PFAS können Menschen krank machen

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PFAS steht für «per- und polyfluorierte Alkyl-Substanzen» und bezeichnen eine Gruppe von mehreren tausend chemischen Stoffen (PFBA, PFHxS, PFOS, PFOA, PFNA etc). Die Substanzen sind dank ihrer wasser- und fettabweisenden Eigenschaft in der Industrie beliebt: Von Feuerlöschschaum über Bratpfannen bis zu Kosmetika und Outdoor-Kleidung sind sie in vielen Massenprodukten zu finden.

Problematisch für den Menschen sind besonders PFAS-Rückstände, die bei der Herstellung von solchen Produkten entstehen und über Wasser oder Böden in die Nahrungskette gelangen. Krebs-, Leber-, Schilddrüsenerkrankungen oder Entwicklungsstörungen bei Föten können die Folge sein.

Da PFAS chemisch extrem stabil sind und nahezu ewig in der Umwelt bleiben, werden sie auch als «forever chemicals» oder «ewige Chemikalien» bezeichnet. 

Einzelne Stoffe aus der Gruppe der PFAS sind in der Schweiz und in der EU mittlerweile verboten.

Dürrenmatt ist nicht alleine. Auch andere Schweizer Kantone und Gemeinden kennen das Problem. PFAS sind Schadstoffe, die Gewässer und Böden belasten. Sie stammen aus Teflonpfannen, Backpapier, Feuerlöschschaum oder Outdoor-Bekleidung. Jahrzehntelang hat man sie kaum beachtet. In den letzten Jahren rückten sie in der Schweiz und international als «ewige Chemikalien» immer stärker in den Fokus. Und Anfang 2023 hat der Bund erstmals Grenzwerte für diese Stoffe festgelegt.

Diese Chemikalien haben uns auf dem linken Fuss erwischt.
Autor: Roger Dürrenmatt Leiter Sanierung der Deponie «Stadtmist» in Solothurn

Dass mitten in der Sanierung plötzlich neue Grenzwerte für Stoffe definiert werden, die man zuvor gar nicht auf dem Radar hatte, sei eine grosse Herausforderung, sagt Dürrenmatt: «Das ist wie, wenn Sie einen Marathon laufen und dann sagt jemand, das Rennen dauert nun 60 statt 42 Kilometer und führt noch über zwei Berge.» Für die Sanierung des «Stadtmist» in Solothurn haben die neuen Grenzwerte sehr konkrete Folgen.

Abfall und Erde
Legende: Wie kann man PFAS aus dem Boden holen, binden und entsorgen? Fachwissen fehle, heisst es im Kanton Solothurn. Er startet für die Stadtdeponie ein halbjähriges Pilot-Forschungsprojekt. zvg/Kanton Solothurn

Im Sommer 2022 begannen in Solothurn die Hauptarbeiten für die Sanierung, rund 130 Millionen Franken sind dafür budgetiert. Jetzt wird es wohl länger dauern, bis die Deponie wieder sauber ist – und es wird teurer.

Es ist eine unangenehme Situation, wenn man nicht weiss, wohin die Reise geht.
Autor: Roger Dürrenmatt

Sorgen bereitet Roger Dürrenmatt aber vor allem, dass man die genauen Auswirkungen bisher noch nicht abschätzen könne: «Es ist eine unangenehme Situation, wenn man nicht, weiss, wohin die Reise geht.» Zunächst müssen Dürrenmatt und sein Team jetzt praktische Grundlagenforschung betreiben. Hilfe vom Bund oder anderen Institutionen gebe es aktuell nicht.

Kantone forschen auf eigene Faust

Bisher gibt es keine etablierten Verfahren, wie sich PFAS von anderen Stoffen in der Deponie abscheiden lassen, wie sie später mit neuen Substanzen gebunden und dann entsorgt werden können. «Wir würden gerne vorwärtsmachen, können aber nicht auf irgendeine breite Praxis zurückgreifen», sagt Dürrenmatt. Das sorge auch bei der Vereinigung der Schweizer Altlastenfachleute für eine gewisse Ratlosigkeit.

Belastete Böden findet man vielerorts

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Deponie-Standorte oder Übungsplätze für Feuerwehren – dort gelangten PFAS-Chemikalien häufig in die Umwelt. Dies gilt nicht nur für den Kanton Solothurn.

In den letzten Monaten hat etwa der Kanton Freiburg Messungen an 16 verschiedenen Orten durchgeführt. Diese haben gezeigt, dass bei ungesicherten Deponien PFAS über das Sickerwasser ins Grundwasser gelangt sind. Bei anderen Deponien wurden PFAS im Abwasser festgestellt.

Der Kanton Freiburg hat deshalb einen Aktionsplan erarbeitet. Belastete Standorte werden, wenn nötig, saniert. Die öffentlichen Trinkwasserfassungen rund um die Standorte werden analysiert. Zudem soll ein Inventar aller Feuerwehrübungsplätze zeigen, wo immer wieder Löschschaum eingesetzt wurde. Dazu laufen weitere Massnahmen auf nationaler Ebene.

Gewisse Kantone haben schon erste belastete Standorte von PFAS gesäubert, zum Beispiel Wallis, Thurgau oder St. Gallen. In Altstätten (SG) sanierte man den Brandübungsplatz. 40'000 Tonnen Material mit PFAS-Belastung wurden von dort in eine Sonderabfall-Verbrennungsanlage in Deutschland transportiert. Kostenpunkt: 15 Millionen Franken.

Damit es mit der Sanierung des Solothurner «Stadtmist» trotz fehlendem Wissen vorwärtsgeht, startet diesen Herbst ein Pilotversuch. Das Ziel ist, bis im nächsten Frühling herauszufinden, wie man mit den PFAS umgehen kann. Alleine dieser Testbetrieb kostet zusätzlich 600'000 Franken.

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Böse Überraschung und grosse Herausforderung: PFAS-Chemikalien in Solothurner Abfalldeponie
aus Rendez-vous vom 14.09.2023. Bild: zvg: Kanton Solothurn
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Der Bund weiss, dass es eine schwierige Situation für die Kantone ist, man brauche nun aber diese Grundlagenforschung, sagt Catherine Schneeberger, Direktorin des Bundesamtes für Umwelt: «PFAS sind eine sehr vielfältige Gruppe von Schadstoffen mit mehreren tausend Chemikalien. Das ist eine sehr komplexe Angelegenheit.»

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Interview mit Katrin Schneeberger, Direktorin Bundesamt für Umwelt
Aus Kassensturz vom 28.02.2023.
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Angesichts der noch unklaren Auswirkungen, welche die PFAS-Chemikalien auf Sanierungsprojekte in der Schweiz haben, kann man wohl tatsächlich von einer bösen Überraschung sprechen.

Rendez-vous, 14.09.2023, 12:30 Uhr ; 

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