240 Menschen haben in der vergangenen Woche versucht, aus Italien illegal in die Schweiz einzuwandern. In den Wochen zuvor waren es im Schnitt nur 70 gewesen. Die Grenzwachen wurden im Tessin in den vergangenen Tagen verstärkt.
Auch im Vorjahreszeitraum habe man einen Anstieg von illegalen Grenzübertritten beobachtet, sagte Davide Bassi, Sprecher der Grenzwache Region IV.
120 Menschen am Wochenende
Laut Bassi waren es im Vorjahr vermehrt Syrer, die im Frühjahr und Sommer an der Grenze in Gewahrsam genommen wurden. In diesem Jahr stammten die meisten Personen aus Gambia, Liberia und Somalia. 120 von ihnen seien allein am vergangenen Wochenende bei Kontrollen in die Obhut der Grenzbehörden genommen worden. Sie seien nun dem Empfangs- und Verfahrenszentrum Chiasso überstellt worden.
Stellten sie einen Asylantrag in der Schweiz, könnten sie zunächst bleiben. Ansonsten würden sie wieder auf italienisches Staatsgebiet gebracht, sagte Bassi.
Mehr gefälschte Ausweise
In diesen Tagen seien an der Südgrenze der Schweiz zu Italien zehn zusätzliche Beamte eingesetzt worden, sagte der Sprecher der Grenzwache. Auffallend ist gemäss Bassi die hohe Anzahl von gefälschten Dokumenten: Allein in der vergangenen Woche hätten die Grenzwachen 30 fingierte Ausweise oder Aufenthaltspapiere entdeckt.
Ausserdem würden die Menschen seit Neuem auf regionale Buslinien setzen, um unerkannt über die Grenze zu kommen. Früher hätten sie dies fast ausschliesslich in Zügen versucht.
«Europa muss sich schützen»
Polen und Italien haben in der Flüchtlingsfrage derweil europäische Solidarität gefordert. «Solidarität heisst, auch die Probleme zu teilen», sagte der polnische Aussenminister Grzegorz Schetyna nach einem Treffen mit seinem italienischen Amtskollegen Paolo Gentiloni in Warschau.
Die Debatte über die Aufnahme von Migranten in den Ländern der EU sei nicht die einzige wichtige Frage, sagte Schetyna. «Europa muss sich vor illegaler Einwanderung schützen, wichtig ist es, ihr Einhalt zu gebieten.»
Das ist eine europäische Krise
«Italien will ein grösseres Engagement Europas», sagte Gentiloni. «Das ist eine europäische Krise. Es können nicht nur die Länder darauf reagieren, die in der ersten Frontlinie stehen.»
Die Europäische Union bemüht sich unterdessen um Rückhalt der Vereinten Nationen für ihren geplanten Einsatz gegen Schlepperbanden. Die europäischen Mitglieder des Sicherheitsrates hätten einen Resolutionsentwurf erstellt, der auch den Einsatz von Gewalt vorsehe, sagten UNO-Diplomaten.
Widerstand aus Moskau
Demnach soll die EU die Erlaubnis bekommen, auf hoher See, in libyschen Gewässern und an Land entlang der libyschen Küste Schiffe zu beschlagnahmen, um «Menschenschmuggel und illegale Migration über das Mittelmeer» zu verhindern.
Widerstand zeichnet sich aber bei Russland ab. Das Sicherheitsratsmitglied, das per Veto eine Resolution verhindern kann, wolle nicht so weit gehen, auch die Zerstörung von Booten zu erlauben.
Vorlage in der kommenden Woche?
Die EU-Staaten hatten sich im April auf mehrere Massnahmen geeinigt, um Flüchtlingskatastrophen im Mittelmeer zu verhindern. Dazu zählt neben einer Verstärkung der Seenotrettung auch der Kampf gegen Schlepperbanden.
Diplomaten zufolge könnte der Resolutionsentwurf in der kommenden Woche den 15 Mitgliedern des UNO-Sicherheitsrates vorgelegt werden. Die EU-Aussenbeauftragte Federica Mogherini soll das Gremium am Montag unter Ausschluss der Öffentlichkeit über die Massnahmen informieren.