SRF: Mark Pieth, Sie haben versucht, der Fifa neue Strukturen zu verpassen. Haben Sie Ihre Ziele verfehlt?
Mark Pieth: Das würde ich so nicht sagen. Wir haben viel erreicht. Einiges haben wir nicht erreicht. Wir stecken mitten in einem Prozess. Zum Beispiel haben wir nun unabhängige Kommissionspräsidenten. Auf der anderen Seite haben wir wichtige Forderungen noch nicht erreicht. Etwa die Integritätsprüfung für neue Exekutivratsmitglieder und die Offenlegung der Löhne der Chefetage.
Weshalb konnten diese Forderungen bisher nicht erfüllt werden?
Ein Grund ist, dass in einer solch grossen Organisation mit Widerstand zu rechnen ist. Sie ist unheimlich schwerfällig. Und es gibt Interessen von einzelnen Funktionsträgern.
Wie läuft es innerhalb der Fifa? Ist ein Kulturwandel spürbar?
Ich bin fest davon überzeugt, dass die Reformen nicht mehr umgekehrt werden können. Die Herausforderung ist natürlich, ob bei einem Präsidentenwechsel der gleiche Reformdruck weiter besteht, oder ob der neue Präsident erst einmal seine neue Machtbasis etablieren will.
Inwiefern hat Präsident Sepp Blatter diese Reformen mitgetragen?
Sepp Blatter hat diese speziellen Reformen, die doch stark von oben nach unten geprägt sind, weitgehend initiiert und mitgetragen. Interessant ist, dass er inhaltlich mit praktisch allem einverstanden war. So gesehen war er wichtig für die Reformen.
Im Moment macht die Sklavenarbeit auf den WM-Baustellen in Katar Schlagzeilen. Haben Sie ein gutes Gefühl, dass sich die Fifa in die richtige Richtung entwickelt?
Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Neu ist, dass die Fifa sich mit dem Thema Menschenrechte befasst. Das ist eine Parallelentwicklung zur Wirtschaft. Und ehrlich gesagt: Die Fifa hat eine Verantwortung. Nicht nur für die Frage, unter welchen Bedingungen Bier verkauft wird, sondern ob Favelas niedergerissen werden oder Menschen auf Baustellen zu Schaden kommen.
Diesen Reformprozess, den Sie angeregt haben, hat etwa zwei Jahre gedauert. Eine kurze Zeit für ein so träges Unternehmen. Sind Sie zu früh ausgestiegen?
Aus meiner persönlichen Sicht nicht. Es braucht ein externes Beratergremium. Vielleicht ein kleineres, 3 statt 13 Personen wären auch genügend. Und es braucht nicht unbedingt Mark Pieth. Ich habe beruflich noch andere Ambitionen. Von daher habe ich kein Problem. Es war spannend. Aber ich muss nicht weiter dort bleiben.
Wird Korruption nach diesen nun eingeleiteten Massnahmen noch ein Thema sein?
Natürlich. Delinquenz wird nicht dadurch beseitigt, dass man Gesetze schreibt.
Das Gespräch mit Mark Pieth führte SRF-Redaktor Simon Leu.