Was fordert Greenpeace? Die Axpo will das Kernkraftwerk Beznau länger, bis 2033 laufen lassen. Greenpeace will darum wissen, wie stark sich die Reaktordruckbehälter von Beznau 1 und 2 über all die Jahre abgenutzt haben. Die Umweltorganisation fordert zum dritten Mal beim Eidgenössischen Nuklearinspektorat ENSI Prüfergebnisse ein, die die Axpo im Jahr 2010 bei der Aufsichtsbehörde eingegeben hat. Bisher ist nur eine kurze Zusammenfassung öffentlich. Greenpeace stellt sich auf den Standpunkt, die Öffentlichkeit habe ein Anrecht auf genaue Information über den Zustand der Druckbehälter.
Was ist der Standpunkt des ENSI? Das ENSI begründet seine Zurückhaltung unter anderem mit dem Güterkontrollgesetz: Zum Schutz vor Verbreitung von Kernwaffen. Dieses Gesetz beruht auf internationalen Abkommen, die von der Schweiz einzuhalten sind, solche Unterlagen dürfen nicht zugänglich gemacht werden. Mit der Publikation der sicherheitstechnischen Stellungnahme zur Periodischen Sicherheitsüberprüfung 2017 und des Langzeitbetriebs des Kernkraftwerks Beznau sei der gesetzliche Auftrag zur Information der Öffentlichkeit erfüllt. «Das ENSI wirft den Vorwurf der Intransparenz von Greenpeace zurück».
Warum weigert sich Axpo? Unter anderem müssten Sicherheits- und sicherungsrelevante Informationen geschützt werden, so begründet die Axpo ihr Nein zur Transparenz, wie sie Greenpeace fordert. «Axpo setzt sich für volle Transparenz ein, wo dies gesetzlich und sicherheitstechnisch möglich ist», schreibt das Unternehmen. Zur Frage nach dem Zustand der Druckwasserbehälter teilt Axpo mit: «Sicherheitsmargen werden eingehalten, Beznau gehört trotz der Anzahl Betriebsjahre zu den sichersten Kernkraftwerken der Welt.»
Wie berechtigt ist die Forderung von Greenpeace? Sie sei berechtigt, sagt der Experte für Reaktorsicherheit Manfred Mertins gegenüber SRF. Es gehe darum zu wissen, ob die Anlage in einem guten Zustand für den Weiterbetrieb sei. Insbesondere da der Druckwasserbehälter in den 1960er Jahren gebaut wurde. Falls beim KKW Beznau alles in bester Ordnung sei, gebe es eigentlich keinen Grund, weshalb ENSI und Axpo nicht voll transparent sein könnten. Eine Auseinandersetzung über sicherheitsrelevante Aspekte eines Kraftwerks sollte man führen. Für die Akzeptanz der Kernenergie könnte eine solche Diskussion sogar von Vorteil sein.
Hat die Schweiz ein Transparenzproblem? Manfred Mertins sagt: Nein. Auch im internationalen Vergleich unterscheide sich die Schweiz nicht stark von europäischen Nachbarn. Bei der Kommunikation über Sicherheitsmassnahmen einer Kernkraftanlage sei Zurückhaltung plausibel. Denn dabei gehe es auch um Schutz vor Bedrohungen wie Terror-Anschlägen. Bei der nuklearen Sicherheit jedoch sollte Transparenz sein: «Hier gehört es auf den Tisch.» Die Gesellschaft müsse über die Sicherheit einer Anlage Bescheid wissen. Sie müsse wissen, mit welchem Risiko sie lebe.