Mehrere tausend Menschen gehen am Samstag in Basel und in Zürich erneut auf die Strassen, um sich mit den #BlackLivesMatter-Protesten in den USA zu solidarisieren. Kann man die Anliegen der Demonstrantinnen und Demonstranten hier in der Schweiz überhaupt mit denjenigen in den USA vergleichen? Im Protestzug am vergangenen Montag war auch Armelle Ako – eine von vielen dunkelhäutigen Demonstrantinnen. Sie hat in einem Newsletter beschrieben, wie sie in der Schweiz Rassismus aufgrund ihrer Hautfarbe erlebt.
SRF News: Warum sind Sie in Zürich auf die Strasse gegangen?
Armelle Ako: Ich wurde von meinen Freunden darüber informiert und habe mich dann kurzerhand entschlossen, auch teilzunehmen, um meine Solidarität mit George Floyd kundzutun. Dies, weil mich sein Tod ziemlich getroffen hat und ich unter anderem auch auf den strukturellen und institutionellen Rassismus in der Schweiz aufmerksam machen wollte.
Im aktuellen Campax-Newsletter schreiben Sie, es wäre falsch, sich nicht über den Fall George Floyd in den USA zu empören, auch hier. Inwiefern lässt sich die Situation in den USA mit der in der Schweiz vergleichen?
So direkt lässt sie sich nicht vergleichen. Aber als ich auf Social Media zuschauen konnte, wie Floyd praktisch vor unseren Augen gestorben ist, war das einfach sehr, sehr bedrückend. Es schien so, dass die Polizisten, die dabei waren, sich nicht wirklich dafür interessierten, ob er jetzt Luft bekommt oder nicht. Und dann denkt man an frühere Ereignisse, über die in den Medien schon berichtet wurde, und fragt sich: Wie ist sowas möglich? Das hängt auch mit dem systematischen Rassismus in den USA zusammen. Und dieser findet nicht nur dort statt, sondern auch in anderen Ländern. Auch in der Schweiz erleben Menschen Alltagsrassismus aufgrund ihrer Hautfarbe oder Herkunft.
Wie erleben Sie Rassismus in Ihrem Alltag?
Ich bin in Basel aufgewachsen, dort zur Schule gegangen und studiere seit drei Jahren in Zürich. Ich habe auch schon in St. Gallen gelebt. In Basel, muss ich sagen, habe ich Rassismus nicht so extrem erlebt wie etwa in St. Gallen.
Eine Frau sagte, ich solle meine Bakterien nicht in die Luft schleudern und gefälligst wieder dorthin gehen, wo ich herkomme, und mein Aids wieder mitnehmen.
Aber ich denke, das hängt auch immer davon ab, in welchen Kreisen man verkehrt. Aber wenn man dann an der Bushaltestelle steht, und da steht eine Frau, vielleicht Mitte oder Ende 50, und die sagt dann, ich solle meine Bakterien nicht in die Luft schleudern und gefälligst wieder dorthin gehen, wo ich herkomme, und mein Aids wieder mitnehmen – dann ist man schon etwas verdutzt und versteht nicht unbedingt, warum diese Person so etwas sagt.
Führen auch Ihre eigenen Erfahrungen zur Solidarität mit George Floyd?
Ja, auf jeden Fall. Ich denke, jeder, der dieses Video gesehen hat, muss irgendwie davon betroffen gewesen sein. Das kann gar nicht einfach an einem vorbeigehen. Und wenn man auch noch die gleiche Hautfarbe hat wie die Person, die das erlebt, prägt es einen sicher noch viel stärker.
Haben Sie Angst, so etwas selbst zu erleben?
Man kann sich immer am besten in eine Situation versetzen, die man selber erlebt hat. Ich kann mir vorstellen, dass es für viele andere Schwarze auch so ist. Ich habe mir überlegt, was ich schon erlebt habe, und wie so etwas passieren kann. Und es kann nur möglich sein, wenn Strukturen bestehen, die das ermöglichen. Mir ging es auch darum, unseren Umgang mit Menschen, die eine andere, eine dunklere Hautfarbe haben, anzusprechen und zu hinterfragen. Ob man vielleicht etwas verändern müsste. Weiss gegen Schwarz: Das finde ich nicht die richtige Art. Es geht mir darum, dass wir als Gesellschaft zusammenkommen.
Das Gespräch führte Silvan Zemp.