Hier sind Kinder mit Migrationshintergrund fast unter sich: Schulhaus Lindenhof in Wil, SG. Vier von fünf Kindern haben eine Fremdsprache als Muttersprache, nur gerade 20 Prozent Deutsch.
Das gibt zu reden: An der Sitzung des Elternforums. «Ich wünsche mir, dass alle Schulhäuser etwa gleich durchmischt sind», sagt Präsidentin Gabriela Benz. «Die soziale Durchmischung ist wichtiger als der nahe Schulweg.» «Das Lernniveau ist tiefer als an anderen Schulen», sagt Benz. «So wird der Übertritt an eine andere Schule schwieriger.»
Katharina Stoll ist Schulleiterin im Lindenhof. Auch sie wünscht sich eine bessere Durchmischung an ihrer Schule: «Unsere Gesellschaft ist divers und durchmischt. Das könnte man abbilden – auch in einem Schulhaus.» Besser durchmischte Klassen führten zu mehr Chancengleichheit. Laut Studien führt ein Anteil von über 30 Prozent an fremdsprachigen Kindern zu einem Leistungsabfall in der Klasse.
«Durchmischung ist nicht gewünscht»
Das Schulhaus Kirchplatz in Wil ist nur ein Kilometer entfernt vom Lindenhof. Hier haben vier von fünf Kindern Deutsch als Muttersprache, Kinder mit Migrationshintergrund sind in der Minderheit.
Stadtrat und Schulvorsteher Jigme Shitsetsang (FDP) sieht trotzdem keinen Bedarf, die Schulhäuser in seiner Gemeinde besser zu durchmischen: «Die Kinder sollen dort, wo ihr soziales Umfeld ist, in die Schule – vor allem in der Primarschule.» Eine künstliche Durchmischung sei weder von der Politik noch von den Eltern gewünscht, sagt er.
Uster: Durchmischung mit Software
Anders macht es die Stadt Uster im Kanton Zürich. Die Behörden fördern hier aktiv die soziale Durchmischung. Seit gut zwei Jahren werden die Klassen über Quartiergrenzen hinaus möglichst ausgeglichen gebildet – per Software. «Wir haben einen gesetzlichen Auftrag, ausgewogene Klassen zu bilden», sagt die zuständige Stadträtin Patricia Bernet (SP): «Die Chancengerechtigkeit ist nicht nur wichtig für einzelne Kinder, sondern für die gesamte Gesellschaft.»
Nicht überraschend gibt das Thema Schulzuteilung aber auch hier zu reden. «Die Durchmischung darf nicht über allem stehen», sagt Mutter Barbara Jansen. Ihr Sohn hat nach den Sommerferien einen fast doppelt so langen Schulweg. «Wenn sich die Kinder danach nicht wohlfühlen, sehe ich da keine Chancengleichheit.»
Emotionale Sache für die Eltern
Die Eltern von schulpflichtigen Kindern erwarten die Schuleinteilung mit grosser Spannung. Mit welchen Kindern kommt mein Kind in die Klasse? Und darf es an die Schule im Quartier oder hat es einen weiteren Schulweg? Es ist eine emotionale Sache.
Für die Schulbehörden ist es eine Herkulesaufgabe. Sie müssen gemäss Volksschulgesetz ausgewogen zuteilen – zum Beispiel nach sozialer und sprachlicher Herkunft. Aber auch Länge und Gefährlichkeit des Schulwegs beachten. Wie viele Schulgemeinden aktiv Klassen und Schulen durchmischen – und dabei längere Schulwege in Kauf nehmen, ist unklar. Zahlen gibt es dazu nicht.