Ihre Kritik auf dem Bundesplatz war laut: Letzte Woche demonstrierten rund 500 Menschen aus der Belegschaft, Politikerinnen und Gewerkschafter gegen den Stellenabbau – und für die Rettung des Stahlwerks im solothurnischen Gerlafingen. Der Tenor: Geht es um die Rettung der Banken, sei der Bundesrat mit Millionen zur Stelle. Doch für eines der letzten Schweizer Stahlwerke sei von der Regierung wenig Unterstützung spürbar.
«Es ist immer ein Drama für die Betroffenen, wenn ein Arbeitsplatz verschwindet», sagt der zuständige Bundesrat Guy Parmelin in der «Rundschau». Dennoch bleibt er hart: In der Stahlbranche gebe es Überkapazitäten. «Rund um die Schweiz gibt es mehr als zwanzig Werke, die mit ihrer Produktion den Schweizer Bedarf an Stahl sieben bis acht Mal decken könnten», sagt der Wirtschaftsminister.
Parmelin begründet, dass die Folgen des Verschwindens einer systemrelevanten Bank gravierend für die Schweizer Wirtschaft seien. Nicht aber die Stahlwerke, denn: Systemrelevant heisse, dass die Dienstleistungen oder die Produktion einer Firma nicht schnell ersetzt werden können. «Bei den Schweizer Stahlwerken ist das – leider – nicht der Fall.»
Umstrittene Frage der Systemrelevanz
Eine Mehrheit des Nationalrats beurteilte die Frage der Systemrelevanz im September hingegen anders. Sie stimmte einer Motion von Parmelins Parteikollegen Christian Imark (SVP/SO) zu. Diese verlangt vom Bundesrat, Stahl Gerlafingen, wenn nötig, mit Notrecht zu retten. Vor allem auch aus ökologischen Gründen sei das Stahlwerk wichtig. Wenn der Stahlschrott, der heute in beiden Schweizer Werken recycelt wird, im Ausland verarbeitet werden müsste, würden 3 Millionen Tonnen mehr CO₂ anfallen.
Gegenüber SRF betont der Wirtschaftsminister dazu, dass diese Aspekte für den Bundesrat sehr wohl relevant seien. Nur: «Die Rechnung von Nationalrat Imark ist unvollständig. Schon heute wird Stahlschrott exportiert.» Natürlich gäbe es ohne Schweizer Stahl eine weniger gute Bilanz. «Aber nicht in der Grössenordnung, wie das nun gesagt wird.»
Sagt der Ständerat im Dezember allerdings auch Ja zur Rettungsforderung, dann muss der Bundesrat aufzeigen, wie das umgesetzt wird. «Aber ich möchte daran erinnern: Das Geld wächst nicht auf den Bäumen, irgendwer bezahlt es», so Bundesrat Parmelin. Das Geld fehle dann anderswo, zum Beispiel für die Dekarbonisierung. «Und es wäre zudem ein grosses Problem, wenn der Bund Geld in die Rettung investieren würde und das Unternehmen später dann trotzdem schliessen müsste», so Parmelin.
Dass die Forderung nach der Rettung bis weit ins bürgerliche Lager unterstützt wird, überrascht ihn nicht. «Wenn etwas in der Nähe passiert, dann sind immer Emotionen im Spiel», so Parmelin. «Für die Familien und den Kanton Solothurn ist das alles extrem dramatisch. Die Aufgabe des Bundesrats ist es, rational zu bleiben und auch hart, wenn es nötig ist.»