Die Schlagzeilen stimmen: Nach den Unwettern im Misox hat sich Bundesrat Rösti als Anpacker inszeniert. Gleich mehrfach gab er persönlich zur provisorischen Baupiste Auskunft. Sein Bundesamt für Strassen (Astra) verschickte täglich Medienmitteilungen. Und nach nur zwei Wochen hatte es die weggespülte A13 zusammengeflickt. Die Ferien: gerettet – oder zumindest weniger staubelastet. Damit lässt sich Politik machen.
In den achtzehn Monaten seit Amtsantritt hat der neue SVP-Bundesrat viele Pflöcke eingeschlagen. Und er hat sichtbar Spass dabei. Neben der schon länger regierenden Karin Keller-Sutter sei Rösti «der neue starke Mann» im Gremium, hielt die «NZZ» kürzlich fest. Höchste Zeit also für eine Zwischenbilanz.
Wunschdepartement, geschickte Kommunikation, Alltagspolitik
«Kommunikativ macht er es wirklich gut», sagt Grünen-Fraktionschefin Aline Trede. Sie versteht sich mit Rösti, aber politisch haben die beiden das Heu nicht auf derselben Bühne. «Rösti will nicht über die Dinge sprechen, die wirklich gemacht werden sollten», so Trede, und meint damit eine aktivere Klimapolitik. Nach den Unwettern war Rösti zwar Autobahn-Baumeister der Nation. Zur Klimaveränderung hingegen, die mit ursächlich für mehr und schwerere Unwetter ist, hat er sich weitgehend ausgeschwiegen.
Röstis Parteifreund und Förderer, alt-Bundesrat Adolf Ogi, sieht einen anderen Grund für den Erfolg. «Er hat sein Wunschdepartement bekommen.» Rösti war deshalb schneller eingearbeitet als andere Bundesratsneulinge. Im Juni konnte er das Stromgesetz vor dem Stimmvolk verantworten, das er noch als Nationalrat mit aufgegleist hatte. Die Kompromisse, die er mit der Linken gesucht hatte, kannte er aus dem Effeff.
Hinzu kommt, dass sich das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation mit alltäglichen Problemen der Bevölkerung befasst. Stau statt Staatsfinanzen, Jagd anstelle Juristerei und Briefzustellung, wo andere sich mit bilateralen Verhandlungen abmühen. Ogi sagt: «Als Bundesrat war ich einmal beim Finanzminister und der klagte mir: ‹Ich kann nie eine Strasse eröffnen›». Rösti kann das. Er zeigt sich oft und gerne in der Öffentlichkeit.
Zur Not eine Verordnungsanpassung
Rösti verbindet eine freundliche Kommunikation mit linientreuer SVP-Politik. Oft nutzt er dabei allen Spielraum aus, den er als Bundesrat hat: Über Verordnungen gestaltet er Politik ohne Mitsprache des Parlaments. Dank einer Mehrheit von FDP und SVP in der Regierung bringt er viele Anpassungen durch den Bundesrat.
Die Verordnung nutzen andere Regierungsmitglieder auch, aber Rösti tut es strategischer. Trede sagt: «Er nutzt die Verordnung, wenn sie ihm nützt». Das sei sinnvoll, wenn die Zeit dränge, ergänzt Ogi. Aber man solle «nicht allzu viel» davon Gebrauch machen».
In tragender Rolle im Bundesrat dürfte sich der Berner Oberländer deutlich wohler fühlen als in der Rolle des einpeitschenden SVP-Parteipräsidenten, die er zuvor innehatte. Als Bundesrat verkörpert er, womit seine Partei immer wieder fremdelt: Harte, aber eben nicht kompromisslose SVP-Politik.