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Terror-Verdacht bei Attentaten Rüge für die Behörden in den Fällen Morges und Lugano

  • 2020 starb in Morges ein 29-jähriger Mann nach einer Messerattacke in einem Kebab-Restaurant, in Lugano wurde eine Frau in einem Warenhaus schwer verletzt.
  • Die Aufsichtskommission über die Bundesanwaltschaft (AB-BA) kritisiert die Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen in den beiden Fällen.
  • Die Abläufe hätten nicht optimal funktioniert, die Stelle hat mehrere Mängel festgestellt und fordert Massnahmen.

Beim Fall in Morges bemängelt die Aufsichtsbehörde unter anderem «das Ausbleiben einer Reaktion der Bundesanwaltschaft, nachdem die Waadtländer Behörden verschiedene Verstösse gegen die auferlegten Ersatzmassnahmen gemeldet hatten.» Der mutmassliche Täter war bereits vor der Messerattacke wegen dschihadistischer Umtriebe im Visier. Trotzdem wurde er aus dem Gefängnis entlassen.

Ein Polizeiauto vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona zum Prozessbeginn gegen den Angreifer von Morges
Legende: Ein Polizeiauto vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona zum Prozessbeginn gegen den Angreifer von Morges. (12.12.22) KEYSTONE/Pablo Gianinazzi

Die AB-BA kam während ihrer Inspektion zum Schluss, dass die mit zahlreichen Ersatzmassnahmen verbundene Entlassung des Beschuldigten aus der Untersuchungshaft vertretbar war. Trotzdem empfiehlt sie eine «Optimierung der Zusammenarbeit der Staatsanwaltschaften von Bund und Kantonen im Bereich der Terrorismusbekämpfung».

Nach Einschätzung der AB-BA hätte es beim Täter von Morges einer eingehenderen Gefährlichkeitsbeurteilung unter Einbezug der Standpunkte aller am Fall beteiligten Behörden bedurft. Künftig solle dies über eine Koordinationsstelle laufen, die alle beteiligten Behörden einbezieht.

Staatsanwälte sollen Schulung erhalten

Im Fall der Messerattacke in Lugano hatte die Bundesanwaltschaft ein früheres Strafverfahren gegen die Beschuldigte mit einer Nichtanhandnahmeverfügung erledigt. Die AB-BA ist der Auffassung, dass diese Verfügung nicht ohne weiteres zu rechtfertigen war. Es wäre «notwendig gewesen, den Sachverhalt zu klären und eine eingehende rechtliche Würdigung vorzunehmen». Künftig sollten Nichtanhandnahmeverfügungen in solchen Fällen deshalb nicht mehr ohne Zustellungsvermerk, Begründung oder Rechtsmittelbelehrung erlassen werden.

Um die Gefährlichkeitsbeurteilung von Beschuldigten zu verbessern, empfiehlt die AB-BA, dass Staatsanwältinnen und Staatsanwälte des Bundes, die im Bereich terroristischer Straftaten eingesetzt werden, Grundkenntnisse in forensischer Psychiatrie erwerben. Wenn Zweifel bestehen, ob Untersuchungshaft beantragt werden soll und kein psychiatrisches Gutachten vorliegt, empfiehlt die AB-BA, die Gefährlichkeit von Beschuldigten unter Beizug einer forensischen Psychiaterin oder eines forensischen Psychiaters zu beurteilen.

Bundesanwaltschaft kündigt Änderungen an

Mängel ortete die AB-BA in beiden Fällen auch bezüglich Definition und Einhaltung der Abläufe, insbesondere in Bezug auf die Kommunikation der Verfahrensleitung. Im Fall von Morges wurden die Waadtländer Behörden aus Sicht der Aufsicht «nicht genügend in die Kommunikation einbezogen». In beiden Fällen erfolgte die Information von Medien und Öffentlichkeit nicht durch die Bundesanwaltschaft, sondern durch die kantonalen Behörden und das Bundesamt für Polizei Fedpol.

Die Empfehlungen der AB-BA werden von der Bundesanwaltschaft begrüsst und befinden sich in Umsetzung, wie es in einer Mitteilung heisst. Die beiden Fälle in Morges und Lugano ereigneten sich noch in der Amtszeit des ehemaligen Bundesanwalts Michael Lauber. Seit Januar 2022 steht Stefan Blättler der Bundesanwaltschaft vor.

SRF4 News aktuell, 07.03.23, 15 Uhr ; 

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