Generika sind in der Schweiz mehr als doppelt so teuer wie im Ausland. 300 bis 500 Millionen Franken könnten hier jedes Jahr eingespart werden, ist der Bundesrat überzeugt. Er schlug deshalb ein Referenzpreissystem vor: Krankenkassen sollen bei vergleichbaren Präparaten nur noch einen festgelegten Anteil des Preises vergüten, der allfällige Rest geht zulasten der Prämienzahlenden.
Tatbeweise statt Lippenbekenntnisse
Das neue Preissystem für Medikamente ist das Kernstück eines ganzen Massnahmenbündels, mit dem der Bundesrat den Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen möchte. Jetzt gelte es ernst, stellte Nationalrat Lorenz Hess als Mitglied der Mitte-Fraktion zum Auftakt der Debatte fest: «Es geht heute darum, ob wir von den Lippenbekenntnissen zu den Tatbeweisen schreiten wollen.»
Generika-Vertreter warnt vor «falschem Rezept»
Doch wie die Tatbeweise aussehen sollten, da gingen die Meinungen heute im Nationalrat weit auseinander. Das Referenzpreissystem des Bundesrats sei das falsche Rezept, fand SVP-Nationalrat Thomas de Courten, Präsident des Verbandes Intergenerika, der die Generika-Hersteller vertritt. Es führe dazu, dass sich Generika-Anbieter vom Markt zurückziehen würden.
«In einem Markt mit geschmälertem Angebot und weniger Konkurrenz ist der Anreiz grösser, die Preise wieder hochzutreiben», betonte de Courten. Da wehre sich die Branche für ihre Pfründe, quittierte SP-Nationalrätin Barbara Gysi.
«System light» wegen Versorgungsbedenken?
Doch auch die Linksparteien hatten ihre Probleme mit dem Vorschlag des Bundesrats. Die Grüne Katharina Prelicz-Huber etwa sagte: «Wir haben Angst um die Versorgungssicherheit, um die Situation für Chronisch-Kranke, weil das Billigste unter Umständen immer wieder Therapiewechsel bedeutet – und damit eine schlechtere Versorgung.»
Wir haben Angst um die Versorgungssicherheit, um die Situation für Chronischkranke.
Die Mitte-Fraktion und die SP propagierten deshalb eine abgespeckte Variante, sozusagen ein «Referenzpreissystem light». In diesem hätte der Bundesrat zum Beispiel Medikamente ausnehmen können, wenn ein Versorgungsengpass oder ein Lieferunterbruch droht. Es gehe darum, «das Referenzpreissystem nicht abzuschiessen, sondern anzupassen», appellierte Hess.
Bersets Flexibilität wird nicht belohnt
Gesundheitsminister Alain Berset, der realisierte, dass ihm die Felle im Nationalrat davonschwimmen, zeigte sich bereit, auf dieses «Referenzpreissystem light» einzuschwenken: «Wir sind flexibel», stellte der Bundesrat fest und gab sein eigenes Modell auf – zugunsten der entschlackten Variante.
Wir sind flexibel.
Generika-Lobby siegt deutlich
Der Nationalrat hatte somit zwei Alternativen auf dem Tisch: Das «Referenzsystem light» von Mitte und SP, das einen Mittelweg vorschlug und vom Bundesrat unterstützt wurde. Und das Modell der Pharmaindustrie – ohne Referenzpreissystem.
Durchgesetzt hat sich im Nationalrat am Schluss die Variante ganz ohne Referenzpreissystem – relativ deutlich mit 103 zu 75 Stimmen bei 7 Enthaltungen. Das Geschäft geht nun an den Ständerat.