So viele hohe Vertreter und Vertreterinnen von Staaten und internationalen Organisationen zu versammeln, aus allen Teilen der Welt: Allein das sei schon ein Erfolg, sagt die ukrainische Sicherheitsexpertin Lesia Ogryzko von der Denkfabrik European Council on Foreign Relations.
Es ist eine klare Botschaft an Russland, an Russlands Verbündete und an die Länder, die keine Position bezogen haben.
Ogryzko erklärt, es sei eine klare Botschaft «an Russland, an Russlands Verbündete und an die Länder, die keine Position bezogen haben, dass die Mehrheit der internationalen Gemeinschaft die Ukraine und die Vision eines gerechten und dauerhaften Friedens unterstützt».
Genau deshalb will die Ukraine Russland nicht dabei haben, denn sie will mit dem Gipfel demonstrieren, dass sie eine Mehrheit der Länder hinter sich scharen kann im Versuch, eine internationale Ordnung aufrechtzuerhalten. Eine, die auf Regeln basiert und auf dem Völkerrecht – und nicht auf dem Recht des Stärkeren.
Und erst, wenn man sich – ohne den Angreifer Russland – auf die Grundprinzipien eines künftigen Friedensschlusses verständigt hat, kann Moskau dereinst mit am Tisch sitzen. Soweit die Idee hinter dem Gipfel.
Die Abwesenden
Besonders wichtig wäre die Präsenz von Ländern, die nicht zu den klaren Unterstützern der Ukraine gehören, Länder des Globalen Südens also. Da ist die bisherige Bilanz durchzogen. Wichtige Länder wie Brasilien werden wohl kaum teilnehmen oder schicken keine ranghohe Delegation.
Eine besonders schwierige Rolle spielt China, das zusammen mit Russland aktiv daran arbeitet, den Ukraine-Gipfel zu hintertreiben, wie Ogryzko sagt: China versuche, andere Länder zu überzeugen, nicht am Gipfel teilzunehmen oder nur mit einer Vertretung niedrigen Ranges.
China treibt eine eigene sogenannte Friedensinitiative voran, eine Pseudo-Initiative in den Augen der Ukraine und ihrer Verbündeten.
Zudem treibe China seine eigene sogenannte Friedensinitiative voran, eine Pseudo-Initiative in den Augen der Ukraine und ihrer Verbündeten. Denn China ist nicht neutral, sondern unterstützt Russland, wenn auch indirekt. Bei dieser Initiative spanne China mit Brasilien zusammen, so die Expertin. Sie rechnet damit, dass am nächsten Gipfel der sogenannten Brics-Staaten eine Alternative zum ukrainischen Friedensplan lanciert wird.
Risiken des Bürgenstock-Gipfels
Das sei eines der Risiken für ukrainische Initiative und für den Ausgang des Gipfels auf dem Bürgenstock, so Ogryzko: Nämlich, dass der Friedensprozess dezentralisiert werde und andere Initiativen als gleichwertig angesehen würden.
Initiativen, die nicht auf den Grundlagen des Völkerrechts und der UNO-Charta beruhen und wesentliche Punkte wie die Wiederherstellung der territorialen Integrität und Souveränität der Ukraine oder die Bestrafung von Kriegsverbrechen aussen vor lassen.
Es ist möglich, dass ein nächster Friedensgipfel von Saudi-Arabien ausgerichtet wird, es laufen Gespräche.
Was aber allen Beteiligten klar ist: Der Gipfel auf dem Bürgenstock ist kein Schlusspunkt, sondern ein Anfang. Weitere Gipfel sollen folgen. Da könnte Saudi-Arabien eine positive Rolle spielen, wie die ukrainische Sicherheitsexpertin Ogryzko sagt: Es sei möglich, dass ein nächster Friedensgipfel von Saudi-Arabien ausgerichtet werde – es liefen Gespräche.
Saudi-Arabien gehört nicht zum westlichen Lager und hat gute Beziehungen zu China. China ist der wichtigste Abnehmer von saudischem Öl. Auch die Ukraine vertraut dem Land, denn Saudi-Arabien hat geholfen, Gefangene auszutauschen. Doch das alles ist Zukunftsmusik. Zuerst muss der Gipfel auf dem Bürgenstock erfolgreich über die Bühne gebracht werden.