Als Erstes verliert Herr Manz die Sprache. Er kann sich nicht mehr adäquat ausdrücken. Trotzdem ist er noch sehr selbständig und gerne allein unterwegs. Doch im Café kann er nicht mehr sagen, was er möchte. Am Schalter kann er das gewünschte Billett nicht bestellen. Das führte regelmässig zu Problemen, erinnert sich seine Frau Katharina Manz. Sie ist Präsidentin des Vereins «Alzheimer Schaffhausen».
«Manchmal kam er mit Bussen nach Hause, weil er seine Jahreskarte im Bus nicht zeigen wollte.» Herr Manz hatte nicht mehr verstanden, was der Kontrolleur von ihm wollte. Und: Der Kontrolleur hatte nicht erkannt, dass Herr Manz Alzheimer hatte. In manchen Läden kassierte Herr Manz gar Hausverbot, weil er das Geschäft verlassen hatte, ohne zu bezahlen. Frau Manz musste handeln. Sie nahm mit jedem Geschäft Kontakt auf und versuchte, das Problem zu lösen.
Wenn die Kundin während des Haareschneidens aufsteht und gehen will. Was dann?
«Um dies kommen die Angehörigen kaum herum», sagt sie. Die Krankheit geheim halten zu wollen, liege nicht mehr drin. «Ausser man schliesst sich zu Hause ein und lässt den Partner nicht mehr von der Hand. Wer kann das und wer will das?», fragt sie rhetorisch. «Wir arbeiten deshalb daran, die Krankheit zu entstigmatisieren.» Kein Mensch könne etwas dafür, dement zu sein. «Damit ein dementer Mensch ein Teil der Gesellschaft bleiben kann, braucht es Offenheit. Das geht nicht ohne Gespräche untereinander. »
Ein Podium des Vereins «Alzheimer Schaffhausen» soll das Thema zudem der Allgemeinheit bekannter machen. Eingeladen sind unter anderem ein Coiffeur, eine Polizistin und ein Bankangestellter. Denn wie sollen Dienstleister oder Behörden mit Kundinnen und Kunden umgehen, die seltsam reagieren? «Wenn ein Coiffeur nicht weiss, dass die Kundin dement ist, kann es zu Reaktionen kommen, die für ihn völlig überraschend und unverständlich sind.»
Nicht jeder Mensch ist betrunken. Er könnte auch dement sein.
Wenn die Kundin während des Haareschneidens zum Beispiel aufsteht, und samt dem Umhang gehen will. Was dann? «Einerseits geht es um Sensibilisierung», erklärt Katharina Manz. «Nicht jeder Mensch ist betrunken, verwirrt oder geistig nicht auf der Höhe. Es könnte auch eine Demenz sein.» Andererseits hilft es, wenn die Angehörigen die Läden informieren und eine Telefonnummer hinterlassen, falls es Probleme gibt. Oder den Partner oder die Partnerin mit einem Armband mit Name, Adresse und Telefonnummer ausstatten und einem Hinweis, dass es sich um eine demente Person handelt. «Eine pfannenfertige Lösung gibt es nicht.»
Immer mehr Menschen erkranken an Demenz
In der Schweiz hat die absolute Anzahl an Menschen mit Demenz in den letzten Jahren stetig zugenommen. Hauptgrund ist die demografische Entwicklung der Bevölkerung, die immer älter wird. Denn der grösste Risikofaktor, an einer Demenz zu erkranken, ist das Alter.
Bei den unter 70-Jährigen sind nur wenige Personen von Demenz betroffen. Die meisten Menschen mit Demenz sind über 80 Jahre alt. Frauen sind deutlich häufiger von Demenz betroffen als Männer.