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Sterbebegleiterin Erika Preisig äussert sich erstmals zum Strafverfahren.
Aus News-Clip vom 30.09.2020.
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Umstrittene Freitodbegleitung Sterbebegleiterin Erika Preisig: «Ich ermorde niemanden»

  • Erstmals äussert sich Sterbebegleiterin Erika Preisig ausführlich zum laufenden Strafverfahren gegen sie wegen vorsätzlicher Tötung.
  • Die 62-jährige Hausärztin aus Biel-Benken (BL) wird sich demnächst in zweiter Instanz vor dem Baselbieter Kantonsgericht verantworten müssen.
  • Preisig setzt sich international für das Recht auf einen begleiteten Freitod ein.

Erika Preisig kämpft für eine liberale Freitodpraxis. Wegen ihrer Ansichten und eines laufenden Strafverfahrens steht die 62-Jährige regelmässig in der Kritik. Die Presse nennt sie etwa «Dr. Tod». Bei dieser Bezeichnung fehle ein Wörtchen, sagt sie der «Rundschau»: «Ich bin Dr. ‹guter› Tod. Auf dem beharre ich, das ist mir extrem wichtig. Ich bringe niemanden um. Ich ermorde niemanden – so wie ich jetzt angeklagt bin.»

Preisig bald wieder vor Gericht

Erika Preisig wird sich demnächst vor dem Baselbieter Kantonsgericht verantworten müssen. Der Vorwurf: vorsätzliche Tötung. Bei einer Verurteilung drohen ihr fünf Jahre Gefängnis unbedingt.

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Erika Preisig: «Ich muss jedes Mal mit einer Klage der Staatsanwaltschaft rechnen»
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Für Preisig ist das Verfahren eine Belastung – sie klagt über psychisch bedingten Haarausfall. «Es ist eine schwierige Zeit. Ich war in den letzten zwei Jahren häufig nahe dran, den Bettel hinzuwerfen. Ich will mein Leben nicht zerstören, indem ich jemandem helfe, auf die selbstbestimmte Art zu sterben.»

Der Fall: Urteilsfähig oder nicht?

Preisig hat 2016 eine 67-jährige Frau in den Tod begleitet. Im Strafverfahren wird darüber gestritten, ob die Verstorbene urteilsfähig war oder nicht. Und ob Erika Preisig vor der Begleitung ein psychiatrisches Fachgutachten hätte einholen müssen.

Ich bin Dr. ‹guter› Tod. Auf dem beharre ich. Ich ermorde niemanden – so wie ich jetzt angeklagt bin.
Autor: Erika Preisig Hausärztin & Freitodbegleiterin

Denn einige Ärzte waren vor dem Tod der Frau zum Schluss gekommen, ihre körperlichen Schmerzen seien psychisch bedingt, eingebildet gewesen. Auch ein Experten-Gutachten im Auftrag der Staatsanwaltschaft folgerte nach dem Tod der Frau, diese sei schwer depressiv und nicht urteilsfähig gewesen.

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Erika Preisig: «Ich habe nie mit einer Klage gerechnet»
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Sterbebegleiterin Erika Preisig sah das anders, beurteilte die Frau als urteilsfähig. So hatten es ihr vor der Freitodbegleitung weitere medizinische Fachpersonen und Menschen aus dem Umfeld der Verstorbenen gleichgetan.

Psychisch Kranke und der begleitete Freitod

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Urteilsfähige Menschen dürfen ihr Leben in der Schweiz mit einer Freitodbegleitung beenden. Auch, wenn sie psychisch krank sind. Im Fall von psychisch Kranken ist es mitunter heikel zu entscheiden, ob der Sterbewunsch «Ausdruck einer psychischen Störung» oder «dem selbst bestimmten, wohlerwogenen und dauerhaften Entscheid einer urteilsfähigen Person» entstammt, wie das Bundesgericht 2006 in einem Urteil festgehalten hat. Dies lasse sich nur mit Fachkenntnissen beurteilen und erfordere daher ein vertieftes psychiatrisches Fachgutachten.

Das Baselbieter Strafgericht beurteilte die Urteilsfähigkeit der Verstorbenen in erster Instanz ebenfalls als gegeben – Preisig wurde 2019 vom Vorwurf der vorsätzlichen und fahrlässigen Tötung freigesprochen. Gegen dieses Urteil hat die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt. Der Fall wird neu aufgerollt.

Preisig bricht ihr Schweigen

Sterbebegleiterin Preisig äussert sich gegenüber der «Rundschau» erstmals ausführlich zum laufenden Strafverfahren. Sie sei noch immer von der Urteilsfähigkeit der Frau überzeugt, mit einem Verfahren habe sie in keiner Weise gerechnet. «Garantiert hätte ich das nicht gemacht, wenn ich den leisesten Verdacht gehabt hätte, dass ich das damit auslöse.»

Die Kritik an Erika Preisig und der Freitodbegleitung

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Einer der schärfsten Kritiker der Sterbebegleiterin Erika Preisig ist Ethikprofessor Markus Zimmermann von der Universität Freiburg. Zimmermann hat intensiv zu Fragen rund Lebensende und Sterben geforscht.

Zimmermann, der auch Mitglied der Nationalen Ethikkommission ist, sagt, heute fehle es an Raum und Zeit, um zu sterben. Die Zunahme der assistierten Suizide in der Schweiz kommentiert er kritisch: «Für mich mit christlichem Hintergrund ist ein Suizid eine gewaltsame Handlung, die im Extremfall nachvollziehbar wird. Aber wenn es zur Normalität wird, eine Möglichkeit unter vielen, dann wird das banalisiert, was eigentlich ein gewaltsamer Akt ist.» Vom Strafverfahren gegen Erika Preisig erhofft sich Zimmermann präzisere Richtlinien für Ärztinnen und Ärzte. Zudem: «Angesichts dieser Entwicklung braucht es eine Verständigung über die Kriterien, auch über die rechtlichen Kriterien.»

Zum Fachgutachten sagt Preisig, die sich vom Strafgericht anhören musste, sie habe sich darum foutiert: «Der Vorwurf des Foutierens ist absolut daneben. Ich bin ja die, die nach Psychiatern sucht. Ich stehe in Kontakt mit Spezialisten, um einen Pool von Psychiatern und Neurologen zu gründen, damit wir nicht wieder in so Situationen kommen. Ich foutiere mich gar nicht darum, im Gegenteil.»

Trotz des belastenden Verfahrens macht Preisig mit Freitodbegleitungen weiter: «Was würde das für einen Eindruck machen, wenn ich jetzt einfach eine Pause machen würde? Dann würde ich etwas nicht mehr machen, wovon ich überzeugt bin, dass es richtig ist und wir das Recht haben, es zu machen.»

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Ethikprofessor Markus Zimmermann: «Es droht eine Banalisierung»
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«Rundschau»

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Mehr zum Thema in der «Rundschau» um 20.05 Uhr auf SRF 1.

Rundschau, 30.09.2020, 20:05 Uhr

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