Die Vereinigte Bundesversammlung hat Bundesanwalt Michael Lauber im Amt bestätigt, allerdings mit knappem Resultat.
Lauber erhielt 129 von 243 gültigen Stimmen. Das für die Bestätigung nötige absolute Mehr lag bei 122 Stimmen.
Michael Lauber kann nach der Wiederwahl am 1. Januar 2020 seine dritte Amtszeit antreten; diese dauert bis Ende 2023.
Ein knappes Wahlresultat war zu erwarten gewesen. Die SVP- und die FDP-Fraktion hatten sich zwar vorab hinter Lauber gestellt. Auch die SP hatte dies mit knappem Mehr getan. CVP und Grüne hingegen hatten keine Wahlempfehlung gemacht. Hingegen hatte sich die Gerichtskommission mit 9 zu 6 Stimmen bei 1 Enthaltung gegen Laubers Wiederwahl ausgesprochen.
Namens der nun obsiegenden Minderheit mahnte Sprecher Christian Lüscher (FDP/GE), es liege in der Verantwortung des Parlaments, bei den Institutionen für Stabilität und Kontinuität zu sorgen. Lüscher lobte die Arbeit des Bundesanwalts in den vergangenen acht Jahren. Er habe in der Bundesanwaltschaft aufgeräumt und Controllings und Coachings eingeführt.
Pflichtverletzungen oder nicht?
Die Staatsanwälte-Konferenz und die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren hätten sich hinter Lauber gestellt, sagte Lüscher. Und im Ausland werde die Bundesanwaltschaft als zuverlässige Partnerin gelobt.
Der Genfer ermahnte das Parlament, Lauber und die Institution Bundesanwaltschaft nicht als Wahlvehikel zu missbrauchen.
Nach Lüscher meldeten sich zwei Fraktionssprecher zu Wort. Die Wiederwahl müsse angesichts der Frage, ob Lauber Fehler gemacht habe, in Zweifel gezogen werden, sagte Ständerat Raphaël Comte (FDP/NE). Es gelte gleichzeitig, die Gewaltenteilung zu wahren. Eine Wiederwahl dürfe daher nur bei schweren Pflichtverletzungen erwogen werden. Heute lägen keine solchen vor.
Comte warnte vor leichtfertigen Entscheiden. «Der Kopf des Mannes ist auch der Kopf der Institution», sagte er. Werde dieser irrtümlich abgeschlagen, lasse sich das nicht rückgängig machen. Die – unterlegene – Mehrheit der Gerichtskommission hätte Lauber nicht mehr wählen wollen.
Sorge um Ansehen der Institution
Das Ansehen der Bundesanwaltschaft sei «massiv geschädigt worden», erklärte Lorenz Hess (BDP/BE). Als Hauptgründe nannte er die informellen Kontakte zwischen Lauber und Gianni Infantino, dem Chef des Weltfussballverbands Fifa, sowie die mangelnde Transparenz bei der Aufarbeitung der Affäre. Hess erinnerte auch daran, das Lauber dazu unkorrekte Angaben gemacht hatte.
Erst bei Vorliegen von Indizien habe Lauber ein drittes Treffen mit Infantino zugegeben. Für die Kommission fielen zudem juristische Gründe ins Gewicht.
So hatte das Bundesstrafgericht eine Verletzung der Strafprozessordnung durch Lauber festgestellt. Damit seien die Voraussetzungen für eine Nichtwiederwahl gegeben, sagte Hess. Weiter stehe der Vorwurf der Amtsgeheimnisverletzung im Raum. Für die Kommission gibt es auch persönliche Gründe, Lauber nicht zur Wiederwahl zu empfehlen.
Dazu gehört die mangelhafte Aufarbeitung. Die Kommission habe zu keinem Zeitpunkt festgestellt, dass Lauber sein Handeln kritisch hinterfragt habe, sagte Hess.
Fall Lauber – die wichtigsten Punkte
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Anfang Mai 2018: Die Football Leaks des portugiesischen Hackers Rui Pinto macht unter anderem publik, dass sich Bundesanwalt Michael Lauber und Fifa-Chef Gianni Infantino zweimal getroffen haben – zu einem Zeitpunkt, als die Bundesanwaltschaft mehrere Verfahren gegen die Fifa laufen hatte.
21. November 2018: Lauber verteidigt seine zwei unprotokollierten Treffen mit Infantino im Jahr 2016. Die Gespräche auf übergeordneter Ebene seien erforderlich gewesen, um Fragen zum Verfahrenskomplex Fussball zu klären.
18. April 2019: Die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA) prüft, ob gegen Lauber wegen eines möglichen dritten Treffens mit Infantino eine Disziplinaruntersuchung nötig ist. Das Treffen soll im Juni 2017 stattgefunden haben.
29. April: Lauber will auch im Falle eines Disziplinarverfahrens gegen ihn seine Wiederkandidatur nicht zurückziehen. Dass er ein drittes Treffen mit Infantino verschwiegen haben soll, weist er von sich. «Wir gehen davon aus – aufgrund von internen Papieren, die wir gesichtet haben, wie Agendaeinträge und SMS –, dass es das gegeben hat», sagt Lauber. «Ich erinnere mich aber nicht an das Treffen.» Als Erklärung fügte er an, dass solche Treffen für ihn «courant normal» seien.
11. Mai: Die AB-BA gibt bekannt, dass sie eine Disziplinaruntersuchung gegen Lauber eröffnet habe. Grund dafür sind nicht protokollierte Treffen Laubers mit Gianni Infantino, dem Präsidenten des Fussballverbands Fifa, der in mehrere Verfahren verwickelt ist. Es kam zu zwei Begegnungen im März und April 2016 und zu einer im Juni 2017. Besonders heikel war das zweite Treffen vom 22. April 2016. Gute zwei Wochen vorher hatte die Bundesanwaltschaft ein Strafverfahren wegen verdächtiger TV-Verträge beim europäischen Fussballverband Uefa eröffnet.
13. Mai: Lauber steht der Geschäftsprüfungskommission des Parlaments (GPK) Red und Antwort.
14. Mai: Die Geschäftsprüfungskommissionen stellen sich nicht gegen die Wiederwahl von Lauber. Sie versuchen, die Wogen zu glätten.
15. Mai: Die Wiederwahl wird auf Herbst verschoben. Die Gerichtskommission der Vereinigten Bundesversammlung hat einstimmig beschlossen, noch keinen Antrag zur Wiederwahl zu stellen.
18. Juni: Die Treffen von Lauber und Infantino widersprechen den Verfahrensregeln, wonach solche Meetings zumindest mit Aktennotizen dokumentiert werden müssen. Das Bundesstrafgericht in Bellinzona entscheidet deshalb, dass Lauber bei den Untersuchungen im Fussball-Verfahrenskomplex in den Ausstand treten muss.
19. Juni: Die Bundesanwaltschaft kommt dem Urteil nach. Die Untersuchung des «Fussballkomplexes» wird ab sofort ausschliesslich durch den stellvertretenden Bundesanwalt wahrgenommen.
2. August: Die AB-BA übernimmt die Leitung der Disziplinaruntersuchung im Fall Lauber.
24. August: Lauber geniesst weiter das Vertrauen der Polizei- und Justizdirektoren in den Kantonen. Die Kooperation mit Lauber sei vertrauensvoll und ergiebig, sagt der oberste Justizdirektor Urs Hofmann in einem Interview.
4. September: Die Gerichtskommission empfiehlt dem Parlament, Lauber nicht für eine weitere Amtsperiode zu wählen.
13. September: Die AB-BA richtet im Zusammenhang mit ihrem Disziplinarverfahren gegen den Bundesanwalt Vorwürfe an Michael Lauber. Dieser habe zwei Personen daran gehindert, an Befragungen teilzunehmen, und die Bundesanwaltschaft gebe angeforderte Dokumente nicht heraus.
17. September: Die Fraktionen der SVP und der Grünen haben Lauber angehört. Die SVP unterstützt die Wiederwahl, die Grünen geben keine Wahlempfehlung ab. Auch die CVP-Fraktion macht keine Wahlempfehlung. Die FDP-Parlamentarier hingegen stellen sich hinter Lauber.
Am 24. September beschliesst auch eine knappe Mehrheit der SP-Fraktion nach einer Anhörung, Lauber wiederzuwählen.
25. September: Lauber wird mit 129 von 243 gültigen Stimmen von der Vereinigten Bundesversammlung für eine weitere Amtsperiode von vier Jahren wiedergewählt.
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