Es waren schreckliche Bilder: An mehreren Wochenenden haben Unwetter diesen Sommer ganze Talschaften verwüstet. Betroffen waren vor allem das Tessin, das Wallis und das Misox im Kanton Graubünden.
Zehn Menschen verloren ihr Leben. Zahlreiche Häuser wurden zerstört. Die Schäden belaufen sich auf Hunderte Millionen Franken. Mit den Unwettern flammte eine alte Diskussion wieder auf: Bleibt auch in Zukunft jedes Bergtal bewohnbar? Oder anders gefragt: Können wir uns das Leben in den Alpentälern weiterhin leisten?
Thomas Egger ist Direktor der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete (SAB) und damit so etwas wie der oberste Lobbyist für die Anliegen der Bevölkerung in den Berggebieten. Er kann mit der Frage nichts anfangen: «Mich regt diese Diskussion auf», sagt Egger. «Sie ist respektlos. Wir waren noch mitten in den Aufräumarbeiten und suchten nach den Vermissten, als sie losgetreten wurde.»
Für Egger steht nicht zur Diskussion, dass man aufgrund der Unwetter ganze Talschaften aufgibt. Das sei schon deshalb undenkbar, weil diesen Frühsommer Täler betroffen waren, durch die internationale Verkehrswege führten, wie die Autobahn A13 im Misox. Betroffen waren aber auch touristische Hochburgen wie Zermatt. «Da kommt ja kaum jemand ernsthaft auf die Idee, diese Talschaften aufzugeben», sagt Egger.
Schadenpotenzial ist im Mittelland höher
Die Frage lässt sich trotzdem nicht einfach vom Tisch wischen. Denn die Zahl und die Heftigkeit der Unwetter dürfte in Zukunft steigen. Das sei dem Klimawandel geschuldet, sagt Josef Eberli. Er leitet im Bundesamt für Umwelt die Abteilung Gefahrenprävention.
Allerdings sind von den daraus resultierenden Folgen nicht nur die Berggebiete betroffen. Im Gegenteil: Das Schadenpotenzial ist im Mittelland deutlich höher als in den Bergen. Ein Hochwasser der Sihl könnte beispielsweise in Zürich Schäden in Milliardenhöhe verursachen. Dagegen lasse sich eine Siedlung in den Bergen vergleichsweise günstig schützen.
Mehr Umsiedlungen
Der Bund, die Kantone und die Gemeinden investieren jedes Jahr rund 600 Millionen Franken in Schutzbauten und die Pflege des Schutzwaldes. Damit werden im ganzen Land Siedlungen vor Naturgefahren geschützt.
Die günstigste Schutzvariante ist allerdings die Raumplanung. Diese sei in der Vergangenheit etwas vernachlässigt worden, sagt Eberli. Die Folge ist, dass zum Teil in Gefahrenzonen gebaut wurde. Wo das geschah, könne es in Zukunft öfters zu Umsiedlungen kommen. Eberli geht aber davon aus, dass es insgesamt bei Einzelfällen bleiben werde.
In einer langfristigen Betrachtung blieben die jährlichen durch Unwetter verursachten Schäden in der Schweiz etwa gleich. Das ist bemerkenswert, denn die Zahl und die Heftigkeit der Ereignisse nahm zu. Und auch der Wert der gefährdeten Objekte stieg an. Daraus lässt sich ableiten, dass die Schutzaufgabe in der Vergangenheit gut wahrgenommen wurde und wir auch in Zukunft weiterhin unsere Bergtäler bewohnen können.