Nach lokal kräftigen Gewittern am Donnerstagabend und Freitagmorgen waren am Nachmittag und Abend für weite Teile der Schweiz wieder Regen und Gewitter angesagt. SRF-Meteorologe Luzian Schmassmann erklärt, weshalb ständig Tiefdruckgebiete in die Schweiz ziehen.
Was ist momentan speziell am Wetter?
Wir haben schon länger kein stabiles Hochdruckgebiet mehr bei uns in der Schweiz und sind ständig in einer instabilen Lage. Das heisst, wir sind oft im Einfluss von Tiefdruckgebieten und auf der Vorderseite dieser Tiefdruckgebiete kommt feuchte und warme Luft zu uns. Diese Luft ist im Sommer gewitteranfällig und daher hatten wir in letzter Zeit diese Häufung von unwetterartigen Gewittern in der Schweiz.
Was bedeuten die heutigen Unwetter für die bereits betroffenen Gebiete?
Die Unwetter haben wieder ein hohes Potenzial für Schäden. Einerseits sind es grosse Regenmengen, die wir erwarten – vor allem auf der Alpensüdseite. Weil die Böden schon seit Wochen gesättigt sind, können diese das Wasser nicht mehr aufnehmen. Die Flüsse und die Bäche sind auch sehr gut gefüllt. Dann braucht es nicht viel, dass es am Schluss zu viel ist. Deshalb müssen wir regional oder lokal mit Überschwemmungen rechnen. Auch Erdrutsche und Murgänge sind durchaus möglich.
Hinzu kommt, dass lokal auch Hagel möglich ist. Auf der Alpensüdseite ist auch mit grösseren Hagelkörnern zu rechnen. Die starken Gewitter bringen stürmische Böen mit sich. So können auch Bäume umfallen, vor allem jetzt im Sommer, wenn sie viel Laub tragen. Am Morgen sind im Tessin bereits Bäume umgefallen und Strassen mussten deshalb gesperrt werden.
Wieso kommen ständig Tiefdruckgebiete in die Schweiz?
Das können wir mit der Wetterlage grundsätzlich erklären. Wenn wir zum Beispiel ein stabiles, starkes Hochdruckgebiet über Mitteleuropa hätten, könnte das dazu führen, dass die Tiefdruckgebiete nicht bis zu uns kommen, sondern, dass sie um das Hoch herumgeführt und eher in Nordeuropa durchziehen würden. Aber weil wir so ein stabiles und starkes Hoch momentan nicht haben, ist der Weg frei für diese Tiefdruckgebiete, die vom Atlantik her bis zu uns in die Schweiz ziehen können.
Wann ist bei uns mit einer längeren Hochdruckphase zu rechnen?
Bisher hatten wir in diesem Sommer noch keine längere Hochdruckphase. Auch in nächster Zeit sieht es nicht nach einem stabilen, lang anhaltenden Hoch aus. Ab Mitte nächster Woche sieht es immerhin so aus, dass sich ein Hoch über Mitteleuropa und auch über der Schweiz ausbreiten kann und zumindest für ein paar Tage Hochdruckwetter herrscht. Aufs nächste Wochenende könnte es aber durchaus sein, dass bereits wieder das nächste Tief und die nächsten Gewitter folgen.
Wie stark ist der Niederschlagsüberschuss beziehungsweise das Sonnenscheindefizit bisher?
In der ersten Hälfte des Jahres von Januar bis Juni fällt auf, dass wir vielerorts einen deutlichen Niederschlagsüberschuss hatten. Vor allem im Osten der Schweiz und im Süden der Schweiz ist dieser Überschuss markant – ungefähr 40 bis 60 Prozent mehr Niederschlag als in der ersten Hälfte eines durchschnittlichen Jahres. Auch bei der Sonnenscheindauer hatten wir ein Defizit: Von Januar bis Juni dieses Jahres sind es ungefähr 20 Prozent weniger Sonnenschein als in einem durchschnittlichen ersten Halbjahr.