Die Gewerkschaften kritisieren das Ergebnis der Verhandlungen mit der EU. Sie befürchten eine Schwächung des Lohnschutzes. Jetzt aber gibt es im gewerkschaftlichen Lager Bewegung.
Im Bereich Bahnverkehr seien die Verhandlungsergebnisse so gut, dass er sich vorstellen könne, sich für das neue Abkommen einzusetzen, sagt der Chef der Eisenbahngewerkschaft SEV, Matthias Hartwich, gegenüber SRF. «Wenn das so kommt, dann würde ich auch vor den Delegierten für eine konstruktive Zusammenarbeit sprechen», so Hartwich. Er könne sich das gut vorstellen.
Neue Töne aus den Gewerkschaften
Er bezieht sich dabei auf die gestern vom Bundesrat präsentierten Faktenblätter zum Verhandlungsabschluss. Die Unterstützung des SEV wäre eine Umkehr der bisherigen Position – und auch neu für das gewerkschaftliche Lager.
Wenn das so kommt, dann würde ich auch vor den Delegierten für eine konstruktive Zusammenarbeit sprechen.
Hintergrund sind die Verhandlungen im Bereich Landverkehr. Die EU wollte erreichen, dass europäische Bahnunternehmen künftig selbstständig in die Schweiz fahren dürfen. Bisher mussten sie dafür mit der SBB zusammenarbeiten.
Bundesrat sieht Taktverkehr und GA abgesichert
Die Bahngewerkschaft SEV befürchtete Lohndruck sowie Behinderungen im Taktverkehr und bei den einheitlichen Tarifen. Das betrifft etwa die Gültigkeit von GA und Halbtax.
Gestern erklärte der Bundesrat, Taktverkehr und Schweizer Tarife hätten in den Verhandlungen abgesichert werden können. Und ausländische Bahnunternehmen müssten «für ihre Tätigkeiten auf den Streckenabschnitten in der Schweiz die Schweizer Lohn- und Arbeitsbedingungen einhalten».
Gewerkschaftsbund weiterhin kritisch
Hartwich betont, dass noch keine Vertragstexte vorliegen und dass der definitive Positionsbezug abhängig sei von den innenpolitischen Massnahmen im Bereich des Lohnschutzes. Er sagt, das Verhandlungsergebnis sei «so schlecht nicht».
Die Eisenbahngewerkschaft ist nicht die grösste gewerkschaftliche Stimme, und auch nicht die lauteste. Aber sie ist eine, die vom Verhandlungsergebnis mit der EU direkt betroffen ist. Und es war eine bis jetzt kritische Stimme.
Faktisch werden die Folgen aber nicht allzu gross sein.
Und wie sich die Gewerkschaften zu den neuen EU-Verträgen positionieren, wird entscheidend sein. Gibt es Widerstand von rechts von der SVP und von links von den Gewerkschaften, sind die Verträge praktisch chancenlos. Die Äusserungen aus den Gewerkschaften zeigen aber, dass der Widerstand auf dieser Seite noch nicht in Stein gemeisselt ist.
Verband des öffentlichen Verkehrs zufrieden
Zufrieden mit dem Ergebnis ist auch der Direktor des Verbands öffentlicher Verkehr, Ueli Stückelberger. Zwar könnten ausländische Anbieter mit dem neuen Vertrag eigenständig in die Schweiz fahren. «Faktisch werden die Folgen aber nicht allzu gross sein.»
Die Erlaubnis gelte nur, wenn es auf dem Schienennetz auch Platz hat. Und Stückelberger sagt: «Die attraktiven Trassen am Tag bei den spannenden Grenzübergängen sind besetzt.» Und der inländische Verkehr behält hier laut Bundesrat auch künftig seinen Vorrang.
Der Clou aus Schweizer Sicht: Das Schienennetz ist so voll, dass europäische Bahnen nur in Randzeiten oder auf Nebenstrecken Platz finden werden.