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Die Schweizer Rolle beim Frieden in der Ukraine
Aus Echo der Zeit vom 25.09.2024. Bild: AP Photo/Frank Franklin II
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Viola Amherd im Gespräch «Trotz aller Kritik: Die UNO leistet gute und wichtige Arbeit»

Fünf Tage lang vertrat Bundespräsidentin Viola Amherd die Schweiz auf der UNO-Weltbühne. Die Welt befindet sich nicht in einem guten Zustand. Gerade deshalb sieht Viola Amherd die Schweiz in der Pflicht, sich einzubringen. Etwa bei der Verteidigung des humanitären Kriegsvölkerrechts oder bei der Friedenssuche für die Ukraine, wie sie im Interview erklärt.

Viola Amherd

Bundespräsidentin

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Viola Amherd ist Bundesrätin und steht dem VBS, dem Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport vor. Zudem wurde sie bei den Wahlen im Dezember zur Bundespräsidentin fürs nächste Jahr gewählt. Amherd wurde 1962 in Brig im Wallis geboren, studierte Jura in Freiburg und war zwölf Jahre lang Stadtpräsidentin von Brig-Glis. Seit 2005 geht sie im Bundeshaus ein und aus, zuerst als Nationalrätin für die Mitte-Partei und seit 2018 als Bundesrätin. Viola Amherd ist die erste Schweizer Verteidigungsministerin.

SRF News: Drei grosse, blutige Konflikte prägen die Debatten diese Woche bei der UNO: Sudan, Gaza und Ukraine. Im Fall der Ukraine hat die Schweiz eine Initiative ergriffen mit dem Bürgenstock-Gipfel. Daraus soll ein Prozess werden. Haben Sie diese Woche Signale bekommen, dass das Treffen tatsächlich mehr werden kann als ein einmaliger Anlass?

Viola Amherd: Ich wurde in meinen internationalen Kontakten immer wieder auf diesen Gipfel angesprochen. Es waren praktisch hundert Staaten und internationale Organisationen vertreten, die ein gemeinsames Kommuniqué unterschrieben haben. Sie wollen einen Friedensprozess starten, und zwar auf der Basis des internationalen Rechts und der UNO-Charta. Dass die Schweiz sich engagiert, wird also international sehr positiv aufgenommen.

Viel zu reden gibt auch der Friedens- oder Siegesplan von Präsident Wolodimir Selenski. Haben Sie den Eindruck, dass dieser Plan – soweit man ihn bereits kennt – kompatibel wäre mit einem Bürgenstock-Prozess?        

Der Bürgenstock-Prozess ist genau das: ein Prozess. Wir haben mit dem Treffen einen ersten Schritt auf dem Weg zum Frieden gemacht. Das braucht jetzt aber noch viele Gespräche. Es müssen am Ende alle Partner an den Tisch. Und dann muss ausgehandelt werden, in welche Richtung man gehen kann, um eine Verbesserung vor allem natürlich für die Zivilbevölkerung zu erreichen.

«Eine Lösung gibt es nur, wenn beide Parteien am Tisch sitzen»

Sie betonen es: alle Partner, also auch Russland. Welche Signale haben Sie aus Moskau dazu, ob Russland grundsätzlich bereit ist, sich an diesem Prozess zu beteiligen?

Die Schweiz setzt sich stark dafür ein, dass alle am Tisch sind. Eine Lösung wird es am Schluss nur geben, wenn beide Parteien am Tisch sitzen. Unsere Diplomatie arbeitet momentan sehr stark daran, genau das zu erreichen. Es gibt Gespräche auf sehr hoher Ebene, also auf Aussenministerebene. Diese Gespräche laufen. Das Resultat kann man heute noch nicht vorwegnehmen.       

In all diesen grossen Konflikten – Sudan, Gaza, Ukraine – wird das humanitäre Kriegsvölkerrecht massiv verletzt. Die Schweiz ist eine Art Hüterin der Genfer Konventionen. Was kann die Schweiz tun, um dagegen zu wirken?    

Wir setzen uns hier im Sicherheitsrat stark dafür ein. So wurde im UNO Sicherheitsrat eine Resolution auf Initiative der Schweiz überwiesen. Ihr wurde zugestimmt. Sie dient konkret dem Schutz des zivilen, humanitären Personals der UNO. Wir setzen das Thema immer wieder auf die Agenda. Wir sorgen dafür, dass der Dialog geführt wird. Und ich glaube, das ist enorm wichtig, besonders in einer Situation wie jetzt, wo es eben schwierig ist.

Angesichts der heutigen geopolitischen Lage kommen die Institutionen an ihre Grenzen, zum Teil vielleicht sogar darüber.

In Ihrer Rede in der UNO-Generaldebatte nahmen Sie Bezug auf die Schweizer Beitrittsabstimmung zu den Vereinten Nationen. Sie gaben sich als überzeugte Befürworterin der Vereinten Nationen zu erkennen. Es gibt aber auch viele Skeptiker und Gegner in der Schweiz. Wie würden Sie diese überzeugen vom Nutzen der UNO?        

Also ich bin persönlich überzeugt davon, dass wir nur Frieden finden können weltweit, wenn man zusammen spricht. Genau dafür braucht es diese multilateralen Organisationen. Und wenn man schaut, so wird draussen im Terrain sehr viel gearbeitet. Wenn man daran denkt, dass 45 Prozent aller Kinder, die geimpft werden, durch die UNO geimpft werden, durch Unicef. Wenn man weiss, dass elf Friedensmissionen weltweit am Laufen sind, die besonders der Zivilbevölkerung von Nutzen sind, dann muss man doch sagen, trotz aller Kritik: Die UNO leistet gute und wichtige Arbeit. Dazu gehört die Feldarbeit, aber eben auch die politischen Diskussionen.

Aber UNO-Generalsekretär António Guterres betont in diesen Tagen, dass das UNO-System überfordert ist und dringend reformbedürftig. Teilen Sie diese Einschätzung?

Er ist natürlich selber am besten positioniert, um das zu beurteilen. Es ist klar: Angesichts der heutigen geopolitischen Lage kommen die Institutionen an ihre Grenzen, zum Teil vielleicht sogar darüber. Umso wichtiger ist es, dass man dranbleibt. Mit dem Zukunftsgipfel, der in den vergangenen Tagen durchgeführt wurde, mit einem Zukunftspakt, dem am Ende praktisch alle Staaten zugestimmt haben, wurde ein wichtiger Schritt für die Zukunft, für die künftige Arbeit der UNO gemacht.

Wir bekommen nur eine friedlichere Welt, wenn wir rechtsstaatliche Prinzipien einhalten.

Gleichzeitig haben in vielen Ländern politische Bewegungen und Parteien Aufwind, die wenig halten von Multilateralismus, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechten und teils sogar auch wenig von der Demokratie. Ist das etwas, was Sie besorgt stimmt?         

Die Schweiz und auch ich persönlich setzen uns natürlich sehr stark ein für Rechtsstaatlichkeit, für die Durchsetzung des Völkerrechts. Das bedeutet auch, dass wir solchen Tendenzen entgegenwirken müssen. Wir bekommen nur eine friedlichere Welt, wenn wir eben diese rechtsstaatlichen Prinzipien einhalten und wenn wir auf dieser Basis zusammenarbeiten und einen Dialog führen.

War bei Ihren Begegnungen in New York die teilweise scharfe Kritik in der Schweiz am Palästinenserhilfswerk UNRWA ein Thema und die Forderung des Nationalrats, die Zahlungen an die UNRWA gänzlich zu stoppen?

Nein, bei den Begegnungen auf meiner Ebene wurde das überhaupt nie angesprochen.

Das Gespräch führte Fredy Gsteiger.

Echo der Zeit, 25.09.24, 18 Uhr ; 

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