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Vorschlag des Bundesrates Betroffene reagieren auf Verbot von Ausland-Adoptionen

Internationale Adoptionen zu verbieten, stösst bei manchen auf Gehör, bei anderen auf taube Ohren. Betroffene erzählen.

«Mit diesem Foto wurde ich meinen damaligen Pflegeeltern angepriesen.» Sarah Ineichen wurde als sechs Wochen altes Baby aus Sri Lanka in die Schweiz adoptiert. Bis heute kennt sie ihre Wurzeln nicht. Ihre Papiere wurden gefälscht. Die Geburtsurkunde gehört jemand anderem, ihr Geburtsdatum kennt sie nicht.

Auch eine Reise nach Sri Lanka vor ein paar Jahren brachte keine Klarheit. «Ich suchte von Morgen früh bis am Abend spät. Ich hatte Unterstützung», so Ineichen. Obwohl es in den Spitälern auch Geburtenbücher wie in der Schweiz gebe, worin Name, Gewicht, Grösse und Namen der Eltern dokumentiert seien, sei ihre Geburt nicht registriert gewesen.

Kein Einzelfall

Sarah Ineichen ist Präsidentin des Vereins Back to the roots, der sich für Menschen einsetzt, die ihre Herkunftsfamilien nicht kennen. In den 1970er- bis 1990er-Jahren wurden mehrere hundert Kinder aus Sri Lanka in der Schweiz adoptiert. Bei einem Teil davon handelte es sich laut Studien um illegale Adoptionen. Auch aus Indien wurden zahlreiche solche Fälle dokumentiert.

Auf diese Studien beruft sich Justizminister Beat Jans. Er drückt sein Bedauern aus. «Von einem regelrechten Adoptionsmarkt schreiben die Forschenden, von mannigfachem Missbrauch, von Kinderhandel. Kinder wurden trotz gefälschter Papiere zur Adoption freigegeben und ohne Zustimmung der leiblichen Mütter», sagt Bundesrat Jans.

Wir könnten auch mit grossem Aufwand Missbräuche nicht ganz ausschliessen.
Autor: Beat Jans Justizminister

Als Reaktion auf diese Skandale hat der Bund eine Expertengruppe eingesetzt. Diese sah zwei Möglichkeiten: entweder tiefgreifende Reformen oder ein Verbot. Der Bundesrat hat sich nun für das Verbot internationaler Adoptionen entschieden, denn: «Wir könnten auch mit grossem Aufwand Missbräuche nicht ganz ausschliessen», so Jans.

Das Adoptionsverbot ist nicht definitiv. Der Bund legt bis Ende 2026 dem Parlament einen Gesetzesentwurf vor.

Über das Verbot enttäuscht

Enttäuscht über den Entscheid des Bundesrats ist Mitte-Nationalrat Stefan Müller-Altermatt (SO). Er hat neben leiblichen Kindern auch einen Adoptivsohn aus Armenien. Der Junge mit Trisomie 21 sei von seinen leiblichen Eltern in ein Heim gegeben worden – als einer von vielen.

Es gebe einen anderen Weg, sagt Müller-Altermatt. «Internationale Adoptionen können Sinn machen, können eine sehr gute Sache sein.»

Die Dokumente der Adoption füllen einen ganzen Ordner. Den ganzen Prozess habe Müller-Altermatt als streng reguliert erlebt. Er betont, dass auch das Verbot Risiken berge: «Der Staat sollte bei diesen internationalen Adoptionen den Finger darauf behalten. Denn es gibt die Nachfrage nach Kindern», sagt der Solothurner Mitte-Nationalrat. Diese Nachfrage würde dann durch illegale Aktivitäten, zwielichtige Private, befriedigt. «Das sollte man unbedingt vermeiden.»

Bundesrat Beat Jans hält dem entgegen: «Wir glauben, dass mit diesem Entscheid ein missbräuchlicher Schwarzmarkt eher verhindert als gefördert wird.»

Sarah Ineichen war Teil der Expertengruppe des Bundes und begrüsst den Entscheid des Bundesrates. Für sie steht im Vordergrund, dass alle das Recht haben, zu wissen, woher sie kommen. Es sei wichtig und man rede ungern darüber, welche Auswirkungen es auf die Entwicklung eines Kindes haben könne, wenn es nicht wisse, woher seine Eltern stammten, «und wenn man von einem Tag auf den anderen abrupt von der biologischen Mutter getrennt und in ein anderes Land verpflanzt wird», hält Sarah Ineichen fest.

10vor10, 29.01.2025, 21:50 Uhr

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