Über 1100 Kandierende treten diesen Herbst für die Mitte an – so viele wie noch nie zuvor für irgendeine Schweizer Partei. Was dabei auffällt: Fast ein Drittel dieser Kandierenden gehört der Jungpartei an, und die Frauenquote liegt bei 37 Prozent. Eine dieser jungen Nationalratskandidatinnen ist Jacqueline Wick aus dem Kanton Aargau.
Sie sagt, der Namenswechsel von CVP zu Mitte habe die Partei gerade auch für Junge attraktiver gemacht. Das «C» im Parteinamen sei jeweils erklärungsbedürftig gewesen – und dies falle nun weg. «Mit dem Namenswechsel gab es eine Aufbruchstimmung, auch in der Zusammenarbeit. Das hat auch Junge stärker angezogen. Sie fühlen sich bei uns jetzt wohl und möchten mitmachen», so die Jungpolitikerin mit Jahrgang 2000.
Stimmenziel für alle Kandidierenden
Die Rekordzahl an Kandidierenden könnte ein Faktor sein im Wahlkampf, sagt Parteipräsident Gerhard Pfister. Die Hoffnung lautet: Jeder Kandidat und jede Kandidatin soll noch ein paar zusätzliche Stimmen generieren, die sonst nicht an die Mitte gegangen wären.
«Entscheidend ist nach meiner Erfahrung der persönliche Einsatz jedes Kandidierenden», erklärt der Mitte-Präsident. Für jeden von ihnen habe man ein individuelles Stimmenziel erarbeitet. «Wenn das alles realisiert wird, bin ich überzeugt, dass die Wahlen nicht sehr schlecht herauskommen werden.»
Tatsächlich prognostizieren die Umfragen der Mitte bislang ein gutes Wahlergebnis. Die Partei dürfte ihren Stimmenanteil halten oder leicht steigern können, was nach einem Namenswechsel, einer Fusion und einer Umstrukturierung nicht selbstverständlich sei, sagt Politologe Michael Hermann.
Die ehemalige CVP sei mit der Fusion mit der BDP und dem Namenswechsel ein Risiko eingegangen. «Es zeichnet sich aber immer mehr ab, dass sich dieses Risiko auszahlen könnte», so der Politologe. Wenn es der ehemaligen CVP nur schon gelinge, die Wählerschaft der BDP mitzunehmen, mache sie ein Plus von 2.4 Prozent. «Damit würde sie zur ernsthaften Konkurrentin der FDP.»
Der Politologe traut es der Mitte zu, dass sie die FDP überholt und zur drittstärksten Partei im Land werden könnte – was für die künftige Zusammensetzung des Bundesrates Fragen aufwerfen dürfte. Hierzu wollte Pfister heute indes nicht spekulieren, man solle zunächst die Wahlen abwarten. Gleichzeitig betonte er aber auch, dass seine Partei die aktuelle Verteilung der Bundesratssitze für nicht mehr zeitgemäss erachte.
Mitte setzt FDP unter Druck
Was bei alledem ins Auge sticht: Pfister und die Mitte scheinen sich derzeit wohl zu fühlen in ihrer Rolle als Partei im Aufschwung – und als Herausforderin der FDP von Präsident Thierry Burkart, sagt Politologe Michael Hermann.«Für Pfister ist es derzeit einfacher, weil er mehr gewinnen als verlieren kann.» Dies im Unterschied zu FDP-Präsident Burkart, dessen Partei ihren dritten Platz vor der Mitte verteidigen will. «Burkart steht stärker unter Druck, man spürt mehr Nervosität», sagt Hermann.
Mehr gewinnen als verlieren: ob der Mitte dies gelingt, entscheiden die Wählerinnen und Wähler in zwei Monaten.