«Vor Jahren haben wir aus Basel Unterschriften für einen Tunnel nach Bern gebracht», erinnerte die amtierende Bau- und Verkehrsdirektorin Esther Keller (GLP) ihre Herausforderin Anina Ineichen (Grüne). Das Streitgespräch des Regionaljournals Basel war grade beim Thema Rheintunnel angelangt. «Die Osttangente sollte erweitert werden, aber Basel forderte stattdessen einen Tunnel.»
Ineichen konterte sogleich. «Das meinte ich ja, als ich sagte, Kontinuität sei nicht nur gut.» Man dürfe Projekte nicht einfach weiterführen, weil man sie früher mal begonnen habe.
Diese Voten der Politikerinnen, in deren Parteinamen bei beiden das Wort «grün» auftaucht, zeigen, wie nahe und doch fern sich Keller und Ineichen sind.
Keller befürwortet den Bau des Rheintunnels, Ineichen lehnt ihn ab. Der Tunnel ist eines von sechs Autobahnprojekten, über welche die Schweiz am 24. November abstimmt. Am selben Tag bestimmt Basel, ob Keller weitere vier Jahre in der Regierung bleibt, oder ob Ineichen übernimmt.
Keller, die vor vier Jahren als erste Grünliberale in die Regierung gewählt wurde, setzt auf Kontinuität. Oft werde unterschätzt, wie wichtig ein gutes Netzwerk sei. «Ich habe mir dieses Netzwerk aufgebaut», so Keller. Gerade im Baudepartement, wo fast alle Projekte jahrelang dauern, sei Kontinuität wichtig.
Ineichen ist diese Kontinuität aber ein Dorn im Auge. «Wir müssen schneller und agiler werden.» Auch längst beschlossene Bauprojekte müsse man angesichts des Klimawandels überarbeiten, «statt einfach das ausführen, was wir Jahre zuvor für gut befunden haben».
Weitere Differenzen haben Keller und Ineichen beim Wohnschutz. Dieser ist in Basel streng.
Die strengen Bedingungen behinderten energetische Sanierungen, sagt Keller. Sie ist deshalb bereit für Lockerungen: «Wir müssen uns überlegen, ob der Mietzins nach energetischen Sanierungen doch etwas mehr steigen darf, als wir derzeit zulassen.»
Ineichen hingegen legt Wert auf die soziale Komponente. «Auch ärmere Familien müssen sich Wohnungen leisten können. Das müssen wir trotz Klimaschutz bedenken.» Vor allem müsse man Abbrüche verhindern und «Wohnungen in bestehenden Bauten erstellen».
Links wittert Chance auf rote-grüne Mehrheit
Die gegensätzlichen Meinungen sind damit aber fast ausgeschöpft. Die Umweltpolitikerinnen Keller und Ineichen sind oft derselben Meinung.
Das ist mit ein Grund, weshalb Keller auch im zweiten Wahlgang nicht auf die Unterstützung der Bürgerlichen zählen kann. Neben den Grünliberalen empfiehlt nur die Mitte-Partei Esther Keller offiziell zur Wahl. Ineichen hingegen hat die Unterstützung der ganzen Linken. Diese wittert die Chance, mit Ineichen eine rot-grüne Regierungsmehrheit zu erlangen. Diese hatte sie vor vier Jahren verloren, als Esther Keller gewählt wurde.
Nach nur vier Jahren könnte die Formel «drei Bürgerliche, drei Linke und dazwischen eine Grünliberale» aufgebrochen werden, hofft man bei SP und Basta. Keller will das verhindern. Nicht nur Kontinuität sei wichtig, sagt sie. Auch, dass weder die Rechte noch die Linke in der Regierung dominiere, habe positive Folgen. «Die Dynamik ist eine andere», so Keller. Und wenn man in der Regierung sei, habe das Parteibuch sowieso keine Priorität mehr.