Im November 2023 gelang dem 42-jährigen Simon Stocker eine kleine Sensation: Im Ringen um den zweiten Schaffhauser Ständeratssitz distanzierte der SP-Politiker den bisherigen parteilosen Ständerat Thomas Minder deutlich und wurde Ständerat. Nach drei Jahrzehnten holte er dieses Mandat der SP zurück.
Doch es gingen Beschwerden ein. Stocker habe zum Zeitpunkt der Wahl nicht im Kanton gelebt, wie es die Kantonsverfassung bei einer Ständeratskandidatur fordere. Deshalb sei Thomas Minder zum Ständerat zu erklären. Doch erst- und zweitinstanzlich scheiterten diese Ansinnen. Das Bundesgericht gibt ihnen nun teilweise Recht und hebt die Wahl von Simon Stocker als Ständerat auf.
Ein Schaffhauser durch und durch
Mit einem solchen Urteil hat im Kanton Schaffhausen niemand in Bevölkerung und Politik gerechnet. Denn die Angelegenheit schien erledigt. Simon Stocker gilt im Kanton als Schaffhauser durch und durch.
Er war und ist häufig dort anzutreffen. Inzwischen wohnt er zusammen mit seiner Frau und seinem Sohn im Kanton. Es sei ein trauriger Tag für ihn, sagte er vor den Medien.
Lebensmittelpunkt damals in Zürich
Das oberste Gericht begründet seinen Entscheid damit, dass Stockers Lebensmittelpunkt zum Zeitpunkt der Wahl nicht im Kanton Schaffhausen lag. Zwar war er im Kanton Schaffhausen angemeldet, im Stimmrechtsregister eingetragen und hatte eine kleine Wohnung gemietet.
Mit seiner Familie suchte er eine passende Wohnung oder ein Haus in Schaffhausen, damals wohnte die Familie aber noch in Zürich. Auch Stocker habe damals mehrheitlich dort gelebt, stellt das Bundesgericht fest.
Neuwahlen im Kanton Schaffhausen
Im Kanton Schaffhausen sind Ständeratswahlen Mehrheitswahlen. Deshalb hält das oberste Gericht fest, der zweitplatzierte Thomas Minder könne nicht nachrutschen. Es brauche Neuwahlen.
Die Schaffhauser Regierung setzt diese auf den 29. Juni an. Das bedeutet, dass während der Sommersession in Bern einer der beiden Schaffhauser Ständeratssitze leer bleibt.
Stocker tritt an – wer noch?
Simon Stocker tritt wieder an. Sein Wahlkampf beginne jetzt, sagte er. Alles andere wäre seltsam gewesen. Ständerat zu sein, war Stockers grosses Ziel und die SP hat für ihn mobilisiert wie kaum je zuvor.
Ob sich Gegenkandidatinnen oder -kandidaten zur Wahl stellen, ist offen. Die FDP stellt eine Kandidatur auf Anfrage von SRF in Aussicht. Thomas Minder hat bisher nicht auf Anfragen reagiert.
Novum für die kleine Kammer in Bern
Gemäss Parlamentsdiensten ist seit 1979 keinem gewählten, vereidigten Ständeratsmitglied die Wahl nach einer Beschwerde aberkannt worden. Auch in der Zeit von 1848 bis 1979 hätten sie keine Hinweise darauf.
Nach der überraschenden Wahl in die Kleine Kammer für den Kanton Schaffhausen ist auch die Erklärung, dass diese Wahl ungültig ist, bisher einzigartig.