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Wichtige Posten vakant Steht die Mitte vor grossem Richtungsentscheid?

Ob die Partei ihren Reformkurs beibehält, ist umstritten. Prominente Stimmen sehen aber Pfisters Arbeit gut konsolidiert.

Die Mittepartei hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Die frühere CVP strich das «C» und damit die katholische Prägung aus dem Parteinamen. Unter Präsident Gerhard Pfister bewegte sich die Partei etwas von FDP und SVP weg. Nun sind gleich die beiden wichtigsten Posten in der Partei vakant.

Für den abtretenden Mitte-Präsidenten Gerhard Pfister ist es der richtige Moment für die Partei für die Neubesetzung von Präsidium und Vertretung im Bundesrat. Denn nach den erfolgreichen Wahlen 2023 mit viel Arbeit sehe es jetzt anders aus.

Die grossen Themen kommen erst nächstes Jahr.
Autor: Gerhard Pfister Parteipräsident Mitte

Wenn er den Kalender anschaue für 2025, so sehe man wenige Abstimmungswochenenden und wenig wichtige Vorlagen, sagt Pfister im «Tagesgespräch» von Radio SRF: «Die grossen Themen kommen erst nächstes Jahr. Es ist aus meiner Sicht der ideale Zeitpunkt für die Partei zu entscheiden, mit welchem Präsidium sie in die Wahlen 27 gehen will.»

Wenn wichtige Identifikationsfiguren gehen, sorgt das für Unruhe und verlangt eine Neuorientierung.
Autor: Adrian Vatter Politikwissenschaftler, Universität Bern

Adrian Vatter, Professor für Politikwissenschaften an der Universität Bern, sieht in den beiden Vakanzen eine Chance wie auch ein Risiko: «Wenn wichtige Identifikationsfiguren gehen, sorgt das für Unruhe und verlangt eine Neuorientierung. Zugleich ist der Zeitpunkt gar nicht so ungünstig, weil erst wieder in drei Jahren Wahlen sind.»

Jetzt gehe es nicht nur um Personen, sondern auch um die Ausrichtung der Mitte-Partei, unterstreicht Vatter. Damit verknüpft seien Strategiefragen: Wählt man eine Person, die für diese neue Mitte steht? Oder jemand, der wieder eine konservativere CVP-Linie fährt? Oder sogar wie Bundesrätin Viola Amherd den linken Flügel stärkt?

Ich plädiere eher für einen wirtschaftsnahen Kurs und eine echte bürgerliche Linie.
Autor: Fabio Regazzi Ständerat Mitte, SGV-Präsident

Es geht also um die Frage, ob die Neupositionierung der Mitte als dritter Pol zwischen links und rechts weitergeführt wird. Dass Pfisters Kurs erfolgreich war, anerkennt auch Fabio Regazzi, Tessiner Mitte-Ständerat. Der Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbands plädiert aber «eher für einen wirtschaftsnahen Kurs und eine echte bürgerliche Linie.» Dazu gehöre bei der Frage neuer Atomkraftwerke eher eine Zustimmung. Es müsse ein Zwischenweg gefunden werden.

Gerhard Pfister
Legende: Gerhard Pfister: Idealer Zeitpunkt für die Partei zu entscheiden, welches Präsidium sie für die Wahlen 27 will. Keystone/Peter Schneider

Am bisherigen Kurs festhalten will hingegen die Luzerner Mitte-Nationalrätin Priska Wismer Felder: «Ich sehe den Reformkurs überhaupt nicht gefährdet. Ich spüre den Aufschwung der letzten Jahre und die Erwartung, nicht zu polarisieren, sondern konstruktive Politik zu machen.» Nach ihren Worten müssen sich auch Mitte-Frauen um die Posten bewerben.

Pfisters Kurs ist, mit ganz wenigen Ausnahmen in einzelnen kantonalen Sektionen, abgestützt.
Autor: Adrian Vatter Politikwissenschaftler, Universität Bern

Auch Adrian Vatter sieht keine Anzeichen, dass die Mitte ihren jetzigen Kurs aufgibt: «Es ist erstaunlich, in welch' doch kurzer Zeit Pfister das durchziehen konnte. Sein Kurs ist mit ganz wenigen Ausnahmen in einzelnen kantonalen Sektionen gut abgestützt ist. Ich gehe nicht davon aus, dass man davon zurückgeht.»

Was diese Linie aber genau bedeutet – etwa gegenüber der EU – das muss die Mitte nun diskutieren bei der Kür der Kandidatinnen und Kandidaten für Parteipräsidium und Bundesrat.

Echo der Zeit, 16.01.2025, 18:00 Uhr

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