Das Hightech-Gewächshaus ist 5000 Quadratmeter gross. Gleissendes Licht imitiert die Sonne, welche Tomaten dringend benötigen, um schön rot und saftig zu werden.
Gleichzeitig sorgt die computergesteuerte Anlage dafür, dass genügend Frischluft zugeführt wird und immer dieselbe Temperatur herrscht. Tagsüber gedeihen die Tomaten bei konstanten 21 Grad, in der Nacht wird die Temperatur auf 16 Grad reduziert.
Die LED-Beleuchtung wird durch die eigene Photovoltaikanlage auf dem Dach gespeist, die Wärme kommt von der Kehrichtverbrennungsanlage Giubiasco und sorgt so für eine CO₂-neutrale Heizung.
Der gesamte Tomatenanbau erfolge nach dem Hors-Sol-Prinzip und sei damit besonders umwelt- und ressourcenschonend, betont Gemüsebauer Christian Bassi stolz. Schädlinge gibt es aber trotz Indooranlage. Diese würden mit Nützlingen bekämpft, sagt Bassi.
Mich störte, dass die Schweiz im Winter Tomaten importieren muss.
Der 35-jährige Bassi führt den 1986 gegründeten Familienbetrieb Orticola Bassi in San Antonino in zweiter Generation. Mittlerweile gehört er mit rund 150 Angestellten zu einem der grössten Früchte- und Gemüsebauern der Südschweiz. Es habe ihn schon immer gestört, dass man in der Schweiz im Winter Tomaten importieren müsse und diese nicht selber produziert würden.
In Spanien gebe es eben auch im Winter genügend Sonne, erhielt er jeweils als Antwort, wenn er die Problematik ansprach. Dies habe ihn nicht befriedigt, denn Spanien habe zwar Wärme, aber zu wenig Wasser, sagt Bassi. Er ist überzeugt, dass der Anbau von Wintertomaten in der Schweiz nachhaltiger ist als deren Transport über 1000 Kilometer.
Schaut man auf alle Faktoren, gewinnt die Schweizer Wintertomate»
Der Transport sei bei der Ökobilanz aber nicht der entscheidende Faktor, erklärt Vanessa Burg. Die Umweltingenieurin befasst sich an der ETH Zürich mit ökologischem Systemdesign, untersucht also Produktion und Vertrieb von Gemüse auf deren Nachhaltigkeit.
So sei zwar die Produktion der Tessiner Wintertomaten vorbildlich, vor allem wegen der Fernwärme, betont Burg. Die spanischen Tomaten schnitten aber rein von der Produktion her doch besser ab. Auch diese würden zwar im Winterhalbjahr in einem Treibhaus produziert, bräuchten aber weder künstliches Licht noch Wärme.
Sobald aber weitere Faktoren dazukommen, werde die Bilanz der spanischen Tomaten wieder getrübt. So verschlechtere der Wassermangel die Ökobilanz massiv. Dazu kommen laut der Wissenschaftlerin die Arbeitsbedingungen, die in der Schweiz bestimmt besser kontrollierbar seien.
Bassis Wintertomaten – teuer, aber gefragt
Und das scheinen die Konsumenten zu honorieren. Auch wenn Bassis Rispencherrytomaten fast viermal teurer sind als die spanische Konkurrenz, ist die Nachfrage gross. Die Tessiner Wintertomaten werden in mehreren Coop-Filialen verkauft. Bassi hofft, dass sein Beispiel Schule macht.
Angst vor inländischer Konkurrenz hat Bassi nicht. Im Gegenteil. Er hofft, dass auch andere Bauern Wintertomaten produzieren. Die Schweiz müsse wieder viel mehr selber anbauen. Der junge Tessiner Gemüsebauer will die Produktion von Wintertomaten aufs nächste Jahr hin verdoppeln. Er ist bereits dran, ein zweites Treibhaus einzurichten.