Zum Inhalt springen

Fragen und Antworten «Waren die Einschränkungen für Ungeimpfte gerechtfertigt?»

Psychologinnen, Ärzte und Wissenschaftler haben Ihre Fragen zu fünf Jahren Corona beantwortet.

Die vollen Intensivstationen sind Geschichte, auch die Ladenschliessungen, die Schlangen vor den Testzentren, und später vor den Impfzentren. Was ist noch übrig, was noch nicht besprochen, fünf Jahre nach dem Beginn der Pandemie? Kurz: Was treibt Sie noch um? Ein Live-Chat mit einer Expertenrunde aus der Wissenschaft, Psychologie und Medizin hat Ihre Fragen beantwortet.

Gäste im News-Chat

Box aufklappen Box zuklappen

Yvik Astrid Adler
Fachpsychologin für Psychotherapie, lic. phil.
Yvik Adler Psychotherapie

Dr. med. Christoph A. Fux
Chefarzt Infektiologie & Infektionsprävention, Stv. Leiter Medizinische Universitätsklinik
Kantonsspital Aarau KSA

Prof. Sara Rubinelli
Prodekanin der Fakultät für Gesundheitswissenschaften und Medizin der Universität Luzern und Professorin für Gesundheitskommunikation
Universität Luzern

PD Dr. med. Aline Wolfensberger
Leitende Oberärztin, Klinik für Infektionskrankheiten und Spitalhygiene
Universitätsspital Zürich

Matthias Probst
Gesundheitsredaktor bei SRF, Fachgebiete Public Health und Epidemiologie
SRF

Katrin Zöfel
Wissenschaftsredaktorin bei SRF, Biologin
SRF

Chat-Protokoll:

Ich hatte mich während der Corona nach einem Spital umgesehen für den Fall, dass ich schwer erkranke, und hatte bei einem Privatspital angefragt. Die Antwort hatte mich überrascht. Obwohl die Intensivstationen voll waren und das Privatspital die Möglichkeit gehabt hätte, Patienten aufzunehmen, durften sie das nach eigener Aussage nicht, da sie «nicht zertifiziert» waren. Warum wurden diese Möglichkeiten nicht genutzt? Bei mir entstand der Eindruck, dass das Angebot künstlich verknappt wird, um eine Angst vor vollen Spitälern zu schüren.

Christoph Fux: Es gab keine Covid-Zertifizierung. Wir haben im öffentlichen Spital alles genutzt, was uns möglich war an Infrastruktu (Umwandlung des Aufwachraums in eine provisorische IPS) und Personal (Verlagerung vom OP auf die IPS). In diesem Sinn haben wir auch mit dem Privatspital in unserer Stadt zusammengearbeitet. Da gab es keinen Unterschied. Ganz zu Beginn hat das BAG nicht dringliche OPs verboten, um Kapazität für Covid-patienten freizumachen. Vielleicht war das gemeint.

Heute weiss man es genau das alles Lug und Betrug war. Wieso werden die Durchsetzer nicht zur Verantwortung gezogen und den Menschen die dadurch Einschränkungen erleidet haben finanziel endschädigt? Obwohl ich immer meine Steuern und sonstigen Anforderungen über 60 Jahre erfüllt hatte ich verschiedene Verbote zu akzeptieren.

Christoph Fux: Erstens sollten wir vorsichtig sein mit Verurteilen. Ich bin froh, musste ich mit dem damaligen Wissen nicht solch weitreichende Entscheidungen fällen. Es ist gut, nun kritisch zu evaluieren, was gut und was schlecht war. Dies sollte aber konstruktiv und in der Grundhaltung geschehen, dass jeder es so gut wie für ihn mgl gemacht hat. Was uns Covid auch hätte lehren können (und was früher erzogen als «Kinder Gottes» mehr unserem Selbstbild entsprach): Die Interessen der Gemeinschaft stehen über dem Individualismus. Dies ist auch in unseren Gesetzen explizit so vorgesehen.

Warum werden die Folgen der zum Teil absichtlichen Durchseuchung durch den Staat bis heute abgestritten? Für die IV existiert Longcovid als Krankheit nicht. Man wird fallen gelassen. Gemäss Direktor der IV ist das nur ein Phänomen?

Christoph Fux: Die Durchseuchung war nie zu verhindern, weil Covid nicht ausgerottet werden kann. Dies gelingt nicht einmal für Influenza, obwohl diese Viren ausschliesslich im Winter auftreten. Die Elimination gelingt nicht, weil die Impfung keinen Schutz vor Ansteckung (und damit Weitergabe) vermittelt, sondern «nur» einen Schutz vor schweren Verläufen. Ziel war, die Durchseuchung so lange zu verzögern, bis alle geimpft sind, damit schwere Verläufe und Long Covid möglichst verhindert werden könnten. Ich bin überzeugt, dass die aktuelle Forschung dazu beiträgt, Spätfolgen von Infektionen besser zu verstehen und damit auch als Krankheit zu etablieren – zum Nutzen von Betroffenen, die lange als «Psychos» etikettiert worden waren.

Guten Tag Warum wurden gesunde, nicht infizierte Personnen vom öffentlichen Leben abgeschnitten (fehlendes Zertifikat für Status Gesund)? Warum hat sich Herr Berset & das BAG nie entschuldigt für die hassschürrende Aussage das nur ungeimpfte Personen das Virus weitergeben kann(wissenschaftlich erwiesene Falschaussage & Gesellschaftsspaltung)? Besten Dank füre Ihre Zeit und ihre Antworten. Lg Lars

Christoph Fux: Es ist falsch, dass nur Ungeimpfte das Virus weitergeben können. Allerdings verschwindet das Virus bei Geimpften schneller, sodass weniger Ansteckungen resultieren. Die Bewahrung der Bewegungsfreiheit Ungeimpfter war unserem Land ein teures Gut. Wir haben 2 Mrd Franken für Tests ausgegeben, damit Gesunde, nicht infizierte am öffentlichen Leben teilnehmen konnten, ohne sich impfen zu lassen. Alle sind mittlerweile infiziert worden, etliche zum Preis schwererer Verläufe u/o Long Covid. Und nun müssen wir die 2 Mrd wieder einsparen. Irgendwo.

letzten Monaten sind vermehrt Berichte und Studien veröffentlicht worden, die zentrale Fragen zur Corona-Pandemie neu aufwerfen: Beispielsweise zur möglichen Herkunft des Virus aus einem Labor, zur unzureichenden medizinischen Empfehlung der Impfungen und zu Vorgängen, die in Bezug auf Transparenz und Entscheidungsprozesse fragwürdig erscheinen. Viele Menschen empfinden, dass während dieser Zeit erhebliche gesellschaftliche Ängste geschürt wurden und es zu einer nachhaltigen Spaltung innerhalb der Gesellschaft kam. In Anbetracht dieser Entwicklungen stelle ich mir die Frage, weshalb SRF bislang keine umfassende, kritische und differenzierte Aufarbeitung dieser Thematik anbietet. Warum findet keine tiefgehende Diskussion oder Berichterstattung über diese kontroversen, aber gesellschaftlich relevanten Fragen statt? Und plant SRF in absehbarer Zeit, Formate zu entwickeln, die sich mit den Erfahrungen und Konsequenzen der Corona-Zeit ehrlich und transparent auseinandersetzen?

Katrin Zöfel: Die Frage der Herkunft des Virus wurde schon gestellt, ich habe dort reagiert. – Was die Berichterstattung zur Aufarbeitung angeht, einiges ist hier im Rahmen der drei Abstimmungen zum Covid-19-Gesetz passiert, bei uns im Programm aber z.B. auch im Parlament, die Impfkampagne haben wir bei SRF mehrfach kritisch durchleuchtet, die widersprüchlichen Statistiken zu Todesfallzahlen von BAG und BfS auch. Aber ja, es sind noch Themen offen.

Ich plädiere für mehr Toleranz, sowohl gegenüber jenen, die die Massnahmen ablehnten wie auch gegenüber jenen, die sie befolgten. Die wenigsten Wissenschaftler und schon gar nicht die Politiker hatten Erfahrungen mit einer Pandemie. Wir sollten das anerkennen und das Nötige tun. Hinterher ist man immer klüger und hoffen wir, dass wir nächstes Mal besser vorbereitet sind. Frage: Wie werden die Impfungen in Zukunft empfohlen? Gibt es die Kombi-Impfung Grippe/Covid schon?

Aline Wolfensberger: Ich beantworte gerne Ihre Frage zu den Impfungen. In der Schweiz gibt es den jährlich aktualisierten «Schweizerischen Impfplan», welcher von Experten der Eidgenössischen Kommission für Impffragen in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Gesundheit verfasst wird und an den neuesten Wissenstand angepasst wird. Die aktuellen (und auch zukünftigen) Empfehlungen zu COVID-19 Impfung finden Sie jeweils dort. Meines Wissens gibt es noch keinen zugelassenen Kombinationsimpfstoff gegen Grippe und COVID-19. Man kann sich aber problemlos gleichzeitig gegen Grippe und COVID-19 impfen lassen.

Ich finde es weiterhin bemerkenswert, dass an allen Massnahmen und Meinungen welche die Reaktionen auf die Pandemie verteidigen, festgehalten wird. Ich bin 3x geimpft und absolut kein Impfgegner. Ich habe mich damals auch gegen die Schweinegrippe impfen lassen, welche im Nachhinein nachweislich kritisiert wurde. Seit der COVID Impfung habe ich Verdauungsprobleme, welche aufwändige Untersuchungen nach sich zogen. Ärzte die die Impfung in Verdacht stellen, schliessen die Tür um darüber zu sprechen. Mich würde es interessieren, wann zu Impffolgen eine Studie veröffentlicht wird und von Seiten Swissmedic klar Stellung bezogen wird.

Matthias Probst: Das Thema Impfnebenwirkungen ist tatsächlich kontrovers. Zum einen gibt es viele Menschen, die Symptome und Krankheiten einer Impfung zu ordnen und zum anderen ist es wissenschaftlich gesehen sehr schwierig, die Kausalität dafür zu belegen. Die von Ihnen geforderten Zulassungsstudien bei den Impfungen gibt es, doch haben diese Studien oft zu wenig Probanden, um auch äusserst seltene Nebenwirkungen zu erfassen. Dazu kommt noch die Herausforderung, dass wenn man sehr viele Menschen auf einmal impft, die insgesamt wenigen Impfkomplikationen als doch häufig erscheinen. Es bleibt eine Realität, dass es für Menschen mit Impfschäden enorm schwierig ist, zu Hilfe und Anerkennung zu kommen. Das BAG hat von rund 300 Gesuchen zur Anerkennung eines Impfschadens bislang erst ein einziges Gesuch gutgeheissen. Eine gute und aktuelle Übersicht zu Impfnebenwirkungen hat der NDR hier zusammengetragen.

Könnten Sie bitte genauer erklären, inwiefern sich Corona von HIV und von Influenza unterscheidet und welche Eigenschaften sie gemeinsam haben? Es gibt inzwischen sehr viele Studien dazu, dass Corona die B- und T-Zellen längerfristig zerstört, was zu einem Schaden des Immunsystems führt.

Christoph Fux: HIV zerstört direkt CD4-Zellen. Diese können sich aber erholen, wenn die Virus-Vermehrung mit Medikamenten unterdrückt wird. Corona und Influenza machen keine chronische Infektion und damit nicht auf Dauer so viele Zellen kaputt. Selbst bei Long Covid konnten keine sich vermehrenden Viren mehr gefunden werden. Jede Infektion macht eine Entzündung, welche für den Körper schlecht ist. Diese klingt nach einer Influenza meist schnell wieder ab, bei HIV nach Beginn der Therapie; bei Covid kann sie aber selbst nach Heilung der Infektion über Wochen bis Monate überaktiv bleiben, was einen Teil von Long Covid erklärt.

Wie sieht die weltweite Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Pandemien heute aus?

Sara Rubinelli: Die COVID-19-Pandemie war ein Weckruf für die Welt und zeigte sowohl die Stärken als auch die Schwächen der globalen Zusammenarbeit in Gesundheitskrisen auf. Während viele Länder zunächst mit unkoordinierten Massnahmen, ungleichen Impfstoffverteilungen und politischen Spannungen zu kämpfen hatten, wurden seither erhebliche Anstrengungen unternommen, um sicherzustellen, dass die nächste Pandemie uns nicht unvorbereitet trifft. Eine der wichtigsten Entwicklungen ist die verstärkte internationale Koordination durch die WHO. Die Organisation arbeitet an einem globalen Pandemieabkommen, das darauf abzielt, Frühwarnsysteme zu verbessern, einen gerechten Zugang zu Impfstoffen zu gewährleisten und klare Protokolle für das Vorgehen bei zukünftigen Gesundheitskrisen zu definieren. Die Idee dahinter ist einfach: Kein Land kann eine Pandemie allein bewältigen – eine kollektive Reaktion ist der einzige Weg, um den Schaden zu minimieren. Ein weiterer zentraler Schwerpunkt liegt auf der Entwicklung und gerechten Verteilung von Impfstoffen. Initiativen wie COVAX, Gavi und CEPI setzen sich dafür ein, dass Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen schneller Zugang zu Impfstoffen erhalten, um die Ungleichheiten zu vermeiden, die während COVID-19 auftraten. Gleichzeitig arbeiten Forscher an variantenresistenten Impfstoffen und schnelleren Produktionsmethoden, um die Zeitspanne zwischen Ausbruch und Immunisierung zu verkürzen. Auch die globale Überwachung von Infektionskrankheiten wurde verbessert. Organisationen wie GISAID ermöglichen Ländern den Echtzeit-Austausch von Daten über Virusmutationen, sodass neue Bedrohungen frühzeitig erkannt und eingedämmt werden können. Daten-Sharing-Vereinbarungen zwischen Regierungen und wissenschaftlichen Institutionen stärken Frühwarnsysteme – ein entscheidender Faktor, um Pandemien frühzeitig unter Kontrolle zu halten. Trotz dieser Fortschritte bleiben Herausforderungen bestehen. Geopolitische Spannungen, Impfstoff-Nationalismus und Finanzierungslücken erschweren nach wie vor eine nahtlose globale Zusammenarbeit.

Wie werden Long Covid erkrankte Personen unterstützt? Was wird auf politischer und medizinischer Ebene getan, damit die Krankheit von der IV anerkant wird?

Katrin Zöfel: Im Dezember wurde im Nationalrat von Lorenz Hess, Die Mitte, eine Motion eingereicht, die eine nationale Strategie fordert für Long Covid, weil Versorgung und Aufklärung zu Long Covid nicht gut genug seien. Dieser Einschätzung ist der Bundesrat gefolgt, und hat die Motion zur Annahme empfohlen. Das heisst, es ist politisch anerkannt, dass die Situation nicht gut ist. – Wie schnell und wie nachhaltig die Knackpunkte angegangen werden, ist noch schwer abzuschätzen. – Medizinisch wäre es ideal, dass sich endlich ein Biomarker findet, aber auch da gilt: Wann das gelingt, ist völlig offen.

Bei Restaurantbesuchen und sogar am Eingang zur Kirche mit einem sogenannten «Covid-Zertifikat» wurde erhoben, ob man Covid-Impfungen konsumiert hat. Warum wird nicht bei sogenanntem «Long Covid» nicht erhoben, ob man Covid-Impfungen konsumiert hat und es sich deshalb wohl eher um Impfschäden handeln könnte? Immerhin gab es das chronische Fatigue-Syndrom (CFS) schon vor Corona und ohne Corona auch nach Grippe: Quelle: https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/wie-eine-nicht-enden-wollende-grippe-4123903.html Sollen so die Krankenkassen betrogen werden, die für sogenanntes «Long Covid» bezahlen, während Impfschäden beim BAG aufwändig eingeklagt werden müssen -weil ein für gesunde Menschen jünger als 65 Jahren unnötiger medizinischer Eingriff vorgenommen wurde, bei dem jeder Impfling für eigenes Risiko unterschreiben musste?

Christoph Fux: Long Covid ist eine Komplikation, wie sie es auch nach anderen v. a. viralen Infektionen gibt wie z. B. EBV, CMV oder Influenza, wie sie schreiben. Auch nach der Impfung sind in Ausnahmefällen beschrieben, aber wohl mit einem Risiko, das unter 1:100'000 liegt (auch die Inzidenz von Long Covid gemäss den strengen Diagnosekriterien z. B. der englischen Fachgesellschaft liegt im Promillebereich). Es ist wichtig, dass diese Komplikationen erkannt, erfasst und anerkannt werden. Bei der Beurteilung der Wirksamkeit der Impfung (Nutzen vs. Schaden) muss man aber die individuelle Optik verlassen und auf die Gesellschaft fokussieren. Mit über einer Million geretteter Leben in Europa dank Impfung (so mehrere Hochrechnungen) ist eine Komplikationsrate in obigem Ausmass in Kauf zu nehmen, so schwer das für die Betroffenen selbst ist. Umso mehr sollten diese Personen unsere Solidarität erfahren und nicht auch noch für ihre Rechte kämpfen müssen. Die Impfung unter 65-Jähriger war auch für sie sinnvoll.

Guten Tag Mich wundert es sehr, dass so wenig vorbereitend für den (statistisch nahezu unvermeidlichen) nächsten Pandemie-Fall getan wird. Ich habe den Eindruck, dass wir als Gesellschaft wieder genau am gleichen Punkt stehen würden: Die Fehl- und Halbinformationen sprudeln von allen Seiten, jeder weiss es am besten und alle anderen werden abgestempelt. Mir fehlt eine klare Vorbereitung darauf, welche Massnahmen in welcher Situation ergriffen werden können/dürfen, ob eine tatsächliche eventuelle Impfpflicht von der Mehrheit gestützt wird oder nicht. Damit könnte viel Chaos und Zwist vermieden werden. Wir hätten dann bereits darüber abgestimmt und niemand bräuchte im Nachhinein noch jahrelang zu jammern. Oder wurde dort vieles aufgegleist, was im Allgemeinen aber nicht bekannt ist?

Sara Rubinelli: Ihre Sorge um eine bessere Vorbereitung auf zukünftige Pandemien ist vollkommen berechtigt. Da mein Fachgebiet die Gesundheitskommunikation ist, möchte ich mich auf diesen Aspekt konzentrieren – denn die Art und Weise, wie wir in Krisenzeiten kommunizieren, beeinflusst das Vertrauen der Bevölkerung, reduziert Unsicherheiten und kann gesellschaftliche Spaltung verhindern. Eine der grössten Herausforderungen während COVID-19 war die widersprüchliche Informationslage und sich ändernde Empfehlungen, die oft zu Verwirrung führten. Deshalb arbeiten Regierungen und Gesundheitsorganisationen nun an besseren Kommunikationsstrategien, um sicherzustellen, dass künftige Richtlinien klarer, transparenter und verständlicher im Hinblick auf wissenschaftliche Unsicherheiten sind. Ziel ist es, das Vertrauen in Experten und Institutionen zu stärken und gleichzeitig Fehlinformationen wirksam zu begegnen. Über die Kommunikation hinaus haben Länder wie die Schweiz ihre Pandemiepläne aktualisiert, und Organisationen wie die WHO und die EU entwickeln globale Rahmenbedingungen, um die internationale Zusammenarbeit zu verbessern. Ein weiteres zentrales Thema ist die Impfstoffvorbereitung – Forscher arbeiten an variantenresistenten Impfstoffen und einer schnelleren Produktion, doch um das Vertrauen der Bevölkerung in zukünftige Impfkampagnen zu stärken, braucht es bessere Aufklärung und offene Dialoge. Auch ethische und rechtliche Fragen, wie etwa eine mögliche Impfpflicht oder Lockdowns, werden bereits im Vorfeld diskutiert, damit solche Entscheidungen transparent und mit demokratischer Beteiligung getroffen werden – und nicht erst mitten in einer Krise. Diese Fortschritte sind nicht immer direkt sichtbar, doch die Arbeit daran läuft weiter. Die wahre Herausforderung ist nicht nur, beim nächsten Mal besser zu reagieren, sondern auch sicherzustellen, dass die Menschen sich informiert, gehört und ernst genommen fühlen – denn Vertrauen ist die Grundlage jeder erfolgreichen Gesundheitsstrategie.

Wie hat sich die Impfbereitschaft 5 Jahre nach Corona entwickelt?

Christoph Fux: Sehr unterschiedlich. Die Impfrate gegen Influenza ist mit 38% bei über 65-jährigen bis auf Österreich nirgends in Westeuropa tiefer. Die Nachfrage nach Covid-Impfungen ist trotz Empfehlung des BAG noch viel tiefer. Deutlich schlechter wurde auch die Impfwilligkeit gegen Kinderkrankheiten, was uns jetzt rund um den Globus Masern-Ausbrüche beschert (um sie zu verhindern, müssen 95% der Bevölkerung 2x geimpft sein, was ein ambitioniertes Ziel darstellt). Sehr gut ist hingegen die Akzeptanz der Impfung gegen Gürtelrose (welche insbesondere die mgl. Zoster-Schmerzen verhindern sollen) bei über 65-Jährigen und gegen RSV bei Säuglingen. Ich hoffe, dass die seit einem Jahr allen über 65-Jähren empfohlene Impfung gegen Pneumokokken (Prevenar-20) und die bald kommende Impfung für Senioren gegen RSV gute Akzeptanz finden werden.

Wieso wird immer gesagt, dass Corona «vorbei» ist, wenn wir jedes Jahr mit mehreren Wellen rechnen müssen – Menschen mehrere Male pro Jahr angesteckt werden – und die WHO die Pandemie eigentlich nie als beendet erklärt hat, sondern nur den Gesundheitsnotstand? Und jede Infektion zu Langzeitschäden führen kann, wofür es keine wirklichen Heilungsmethoden gibt und die Betroffenen im Stich gelassen werden?

Katrin Zöfel: Sie haben Recht, Corona ist nicht vorbei oder weg, sondern noch da. Aber trotzdem: Die akute Phase, in der wir wirklich damit rechnen mussten, dass das Gesundheitssystem wegen Überlastung kollabiert, und es keine Immunität in der Bevölkerung hatte, oder neue Varianten den bestehenden Immunschutz noch recht effektiv aushebeln konnten, die scheinen tatsächlich vorbei (klopft aus Holz). Aber ja, das Virus ist noch da. (Ich empfehle, um ein Gespür dafür zu bekommen, wie stark das Virus grade zirkuliert, die Abwasserüberwachung, aktuell ist die Viruslast glücklicherweise gering). Die WHO hat die Pandemie streng genommen nie «erklärt», dazu hat sie gar keine rechtliche Grundlage. Am 10. März 2020 hat der WHO-Generalsekretär nur die Situation erstmals als «Pandemie» bezeichnet, was weltweit von Medien falsch aufgefasst wurde und sich als Datum auch festgesetzt hat. – Daran liegt es, dass die WHO die Pandemie auch nie offiziell für beendet erklärt hat, sie kann nur den Internationalen Gesundheitsnotstand ausrufen und beenden. Warum so gerne davon gesprochen wird, dass «Corona vorbei» sei, da kann ich nur eine Beobachtung wiedergeben: Viele sind froh, die harte Zeit hinter sich zu haben, diese Zeit hat uns doch mehr getroffen, als wir vielleicht zugeben wollen, und da dreht sich mancher und manche vielleicht gerne ganz weg, und ignoriert das, was eben schon noch geblieben ist.

Wie ist heutzutage das Corona-Virus? Stecken sich die Menschen immer noch an? Oder wie sind die Symptome heute? Keine schwere Verläufe mehr? Man liest und hört fast nichts mehr.

Sara Rubinelli: Für aktuelle Informationen und offizielle Empfehlungen.

Grüezi Mein Mann war schwerst betroffen, die Ärzte gaben ihm keine Überlebenschance, mich hatte es nur wenig getroffen. Ist mein Mann nun immun gegen diese Viren? Danke

Christoph Fux: Leider nein. Durchgemachte Krankheit und Impfung schützen nicht vor einer Ansteckung, reduzieren aber das Risiko schwerer Verläufe deutlich. Regelmässig impfen (frühestens 6 Monate nach der letzten Infektion oder Impfung) ist also empfohlen. Falls das Ansprechen auf eine Impfung unsicher ist, empfehle ich bei der nächsten Welle, die es sicher geben wird, in Menschenansammlungen (ÖV) wieder eine Maske zu tragen und nach der Rückkehr nach Hause/vor dem Essen strikt die Hände zu waschen sowie sich anzugewöhnen, Nasen-, Augen- und Mundschleimhaut nur mit sauberen Fingern zu berühren. Glücklicherweise konnte in zahlreichen Studien gezeigt werden, dass auch Patienten unter Chemotherapie oder nach Organtransplantation dank Impfung Antikörper bilden.

Welche neuen Impfstoffe oder Behandlungen gibt es heute, die es damals nicht gab?

Aline Wolfensberger: Zu Beginn der Pandemie gab es weder Impfstoffe noch gezielte Behandlungsmöglichkeiten gegen SARS-CoV-2. Innerhalb eines Jahres wurden die ersten Impfstoffe entwickelt, und im Dezember 2020 erhielt die erste Person in der Schweiz eine Impfung gegen das Virus. Aktuell wird für Risikogruppen weiterhin eine Impfung mit einem an die derzeit zirkulierenden Virusvarianten angepassten mRNA-Impfstoff empfohlen. Ziel ist es, schwere Erkrankungen zu verhindern, insbesondere bei besonders gefährdeten Personen. Mittlerweile stehen auch antivirale Medikamente zur Verfügung. Diese greifen direkt in den Lebenszyklus von SARS-CoV-2 ein und hemmen dessen Vermehrung. Kortikosteroide haben sich als wirksame Therapie bei schweren COVID-19-Verläufen bewährt. Obwohl diese Medikamente bereits lange bekannt sind, musste ihre Wirksamkeit zunächst in klinischen Studien bestätigt werden, bevor sie in die Therapieempfehlungen aufgenommen wurden. Zusätzlich gab oder gibt es heute weitere Behandlungsoptionen, darunter Immunmodulatoren und Antikörpertherapien, die zu Beginn der Pandemie entweder nicht verfügbar waren oder deren Nutzen erst später erkannt wurde.

Spätestens im August 2021 war wissenschaftlich erwiesen, dass auch geimpfte Menschen schwer an Covid-19 erkranken und sich mit derselben Viruslast anstecken und die Infektion übertragen wie ungeimpfte Menschen. Quelle u.v.a.: https://www.spiegel.de/wissenschaft/medizin/corona-viruslast-von-geimpften-genauso-hoch-wie-von-ungeimpften-a-4e21aeaa-78c6-4d61-b350-85bd32942a74 Frage: warum wurde trotzdem von Politik und Medien „eine Pandemie der Ungeimpften“ erfunden und die Gesellschaft mit 2G gespalten?

Katrin Zöfel: Die Massnahmen, vor allem 2G, waren einschneidend. Die Nachteile dieser Massnahmen deutlich zu benennen, ist wichtig. Aber diese Kritik steht besser berechtigt für sich, und es schadet ihr eher, wenn sie wissenschaftlich zweifelhaft untermauert wird. Sie greifen hier nun eine Studie und die Berichterstattung darüber selektiv raus, und nutzen Sie für Ihre Argumentation. Dabei ist vielfach und klar gezeigt, dass die Impfung das Risiko für schwere Verläufe und Tod deutlich gesenkt hat. Vor allem dank der Immunität in der Bevölkerung war die Coronawelle Anfang 2022 mit sehr vielen Infektionen zwar stark, hat aber die Spitäler nur noch relativ wenig mit schweren Fällen belastet. Auch klar und mehrfach gezeigt ist, dass die Impfung für einen gewissen Zeitraum direkt nach der Immunisierung auch das Risiko für eine Infektion und damit auch fürs Weitertragen des Virus senkt.

Frage an die Psychologin: Warum hat man während der Covid-pandemie so wenig berücksichtigt, wie negativ sich bestimmte Massnahmen auf psychische Gesundheit auswirken ? Das stand doch alles in keinem Verhältnis. Meine Mutter starb alleine im Altersheim. Ich habe immer noch schreckliche Schuldgefühle. Es war einfach unmenschlich.

Yvik Adler: Es gab während der Pandemie tatsächlich eine zu starke Fokussierung auf die Eindämmung der Pandemie und z. T. wurden die psychischen Faktoren einiger Massnahmen zu wenig berücksichtigt. Dieses Alleinlassen von Sterbenden und lange Isolation von hochbetagten Menschen ist sicherlich sehr problematisch und dürfte man so nicht wiederholen. Sie haben das aber selbst nicht entschieden, dass Sie Ihre Mutter nicht besuchen durften und deshalb ist es auch nicht gerechtfertigt, dass Sie nun weiterhin so streng mit sich ins Gericht gehen. Es wird Zeit, sich dies zu verzeihen und im Kontext einer schwierigen Zeit mit schwierigen Entscheidungen zu sehen, wo auch Fehler passiert sind. Es tut mir sehr leid, dass Sie den Tod Ihrer Mutter so erleben mussten.

Guten Morgen. Wäre es für eine mögliche weitere Pandemie nicht auch eine Überlegung wert, die Läden usw für sogenannten schützenswerten Bevölkerungsgruppen für spezielle Zeitlimiten zur Verfügung zu stellen. Auch mit Masken. Es wäre wirtschaftlich viel besser gewesen, wenn nicht alle Läden, Restaurants usw voll geschlossen gewesen wären! Danke

Christoph Fux: Kritisch für diese Entscheidungen ist der Übertragungsweg. Bei Aerosol-Infektionen, die zum Glück selten sind (Covid, Masern, Spitze Blattern, Tuberkulose) sind rigorosere Massnahmen nötig, wenn man sich «nur» mit einer chirurgischen Maske schützen kann (alternativ könnte man Hochrisikopatienten mit FFP2-Masken ausstatten). Chirurgische Masken bieten gegen die meisten übrigen Infektionen inkl. Influenza einen ausgezeichneten Schutz. Eine allfällige H5N1 Pandemie bräuchte also weniger rigorose Schutzmassnahmen. Auch wäre Dank der mRNA-Technologie eine Impfung viel schneller verfügbar, was die Dauer von Isolationsmassnahmen verkürzen wird. Die Freigabe für Risikogruppen ist insofern schwierig, als auch die sich gegenseitig anstecken können.

Es gab immer wieder Berichte von Menschen, die «plötzlich und unerwartet» verstorben sind, und zumindest in einigen Fällen fällt eine zeitliche Nähe zum Impftermin auf. Meine Einschätzung aus eigener Erfahrung mit einem verstorbenen Bekannten: Todesfälle wurden nicht (oder zumindest nicht systematisch) im Hinblick auf einen Zusammenhang mit der Impfung untersucht, d.h. deartige «Impfschäden» sind nicht in die Statistik eingeflossen. Wie ist Ihre Einschätzung?

Matthias Probst: Das System wäre schon so ausgelegt in der Schweiz, dass auch Todesfälle nach Impfungen registriert werden können und entsprechend die Behörden wie Swissmedic dem nachgehen. 2023 haben wir darüber berichtet und auch die Situation aufgezeigt, dass beispielsweise das Bundesamt für Statistik «Todesfälle aufgrund von Impfung» ausgewiesen hat. Swissmedic prüft dann solche Fälle und schaut sich je nach Situation die Krankenakten der Fälle genauer an. Im letzten Bericht vom Sommer 2024 gibt Swissmedic 249 Todesfälle bei mehr 17 Millionen Impfungen an, die der Behörde in unterschiedlichem Abstand zur Impfung gemeldet wurden. Das Durchschnittsalter war 77.4 Jahre. Bei keiner dieser Meldungen konnte die Heilmittelbehörde nach eigenen Angaben eine Kausalität ableiten. Die Kriterien der Swissmedic für Kausalität sind aber insgesamt recht streng.

Guten Tag Ich bin 81 Jahre alt und seit dem zweiten Lockdown habe ich mit meinen Grosskindern nicht mehr gesprochen. Ich musste erfahren, dass sie sich trotz allem weiterhin mit Leuten getroffen haben. Das hat mich tief enttäuscht. Früher haben wir geschaut, dass es allen gut geht – man hat sich für das Wohl der Gemeinschaft eingesetzt. Heutzutage scheint mir, als ob die Jungen nur noch an sich selber denken. Können sie überhaupt noch Verantwortung fürs Kollektiv übernehmen, oder ist das eine Tugend, die verloren gegangen ist? Mit freundlichen Grüssen

Yvik Adler: Guten Tag. Das tut mir sehr leid, dass es in Ihrer Familie zu so grossen Zerwürfnissen gekommen ist, die nun schon jahrelang andauern. Ich würde Ihnen empfehlen auch ein wenig Verständnis für Ihre Enkelkinder zu entwickeln, die in einer ganz anderen Lebensphase waren und von denen auch sehr viel Einschränkungen abverlangt wurden, die für sie schwer waren. Es wird Zeit diese Zeit hinter sich zu lassen und vielleicht zu sagen: o.k. ich fand deine/eure Haltung damals in der Situation nicht gut oder habe sie nicht verstanden. Aber nun sollten wir diese unterschiedlichen Positionen nun so stehen lassen und uns wieder auf unsere Gemeinsamkeiten, nämlich unsere Familie konzentrieren. Und in einer Familie ist man nicht immer einer Meinung. Man kann es aber trotzdem immer wieder gut zusammen haben und sich gegenseitig unterstützen, auch wenn man die Dinge nicht gleich sieht.

Welche Massnahmen (Ausgrenzung von Personengruppen, Maskentragpflicht, Art der Impfempfehlung usw.) haben sich eindeutig bewährt und würden bei einer erneuten Pandemie wieder angewand und noch wichtiger welche haben sich nicht bewährt? Antwort bitte möglichst differenziert bezüglich den Wie geben. Danke.

Christoph Fux: Höchste Priorität hat der Schutz von Risikopersonen vor einer lebensbedrohlichen Erkrankung. Dazu gehören z. B. Patienten mit einem Immundefekt, etwa wegen einer immunsupprimierenden Behandlung einer rheumatologischen Erkrankung oder Patienten mit Krebs unter Chemotherapie. Da diese Personen schlecht auf Impfungen ansprechen und mehrere Impfungen brauchen, bis sie einen Schutz haben, sind sie darauf angewiesen, bis dahin nicht angesteckt zu werden. Hier helfen Maskenpflicht und Impfung für alle. Beide Massnahmen machen auch Sinn, um eine Überlastung des Gesundheitswesens zu verhindern. Kritisch waren über lange Zeit die Zahl freier Spitalbetten im Allgemeinen und Intensivbetten im Speziellen. Eine Reduktion der Fallzahl vor einer Durchimpfung der Bevölkerung macht weiter Sinn, wenn die Komplikationsrate durch die Impfung relevant gesenkt werden kann. Tatsächlich ist gut gezeigt, dass Symptomschwere und Risiko für Long Covid durch eine vorgängige Impfung deutlich reduziert werden. Idealerweise hatte man also seinen ersten Infekt, der bei einem endemischen Virus ja nicht zu verhindern ist, erst nach den ersten 2 Impfungen. Maskenpflicht für Kinder und Schulschliessungen machten für die Gesellschaft Sinn, um die Fallzahl und damit die Belastung des Gesundheitswesens zu reduzieren (was man aber auch durch mehr Restriktionen bei Restaurants, Bars und Events erreicht hätte, was erlaubt hätte, die Kinder in Ruhe zu lassen). Für die Kinder selbst waren die Schulmassnahmen wohl nicht gerechtfertigt, obwohl es einzelne vor schweren Komplikationen (PIMS) bewahrt hat. Für die Alten schliesslich wäre ein individueller Entscheid Risiko einer Ansteckung und Tod vs. Aufrechterhaltung sozialer Kontakte zu Familien und Freunden aus meiner jetzigen Sicht besser gewesen.

Die Aufarbeitung müsste tatsächlich beim Erstellen eines Fragenkatalogs ansetzen. Die Beantwortung kann aber keinesfalls alleine durch diejenigen Politiker und Wissenschaftler erfolgen, welche die Massnahmen gefordert und befohlen haben. Ohne Dialog kann doch nicht von einer echten Aufarbeitung gesprochen werden, welche auch den sozialen Frieden wieder herstellt. Sozialer Frieden und Versöhnung wäre doch auch für das SRF mal ein interessantes Thema... Warum wird bis heute von Politik, Medien und Wissenschaft keine echte Aufarbeitung vorangetrieben, also auch soziologisch, psychologisch, dialogisch, medienwissenschaftlich, etc.? Wir schieben alleine auf Bundesebene einen Corona-Schuldenberg von über 30 Milliarden Franken vor uns her – da dürfte der soziale Frieden und das Vertrauen in Politik, Medien und Wissenschaft doch ein paar Franken wert sein... Bis heute werden gemässigte Stimmen aus dem Diskurs ausgesperrt: a) Wissenschaftler wie Prof. em. Pietro Vernazza, Prof. Konstantin Beck, Prof. Michael Esfeld, Martin Sprenger, und andere, welche z.B. den www.corona-elefant.ch veröffentlicht haben b) Journalisten wie Katharina Fontana (NZZ), Martina Frei (Infosperber), Markus Somm (Weltwoche), etc. c) Politiker wie Yvonne Bürgin (Mitte), Marcel Dobler (FDP) und auch aus dem linken Parteienspektrum ... und viele mehr. Der Fragenkatalog ist so unendlich lange, dass er hier gar nicht in so kurzer Zeit richtig formuliert werden kann. Bei der Formulierung der Fragen kann ich gerne helfen und wüsste noch andere sehr kompetente Menschen und Fachleute. Also: Warum bis heute keine echte Aufarbeitung im Dialog mit kritischen Stimmen?

Sara Rubinelli: Eine gründliche Aufarbeitung der Pandemie ist zweifellos wichtig. Eine sinnvolle Analyse der Massnahmen muss jedoch evidenzbasiert sein, sich auf Fakten und Daten stützen, die durch korrekte wissenschaftliche Methoden erhoben wurden. Um zu beurteilen, was funktioniert hat, was nicht und was besser hätte gemacht werden können, bedarf es einer rigorosen Analyse – nicht nur Meinungen oder nachträgliche Einschätzungen. In der Wissenschaft und Politik können alle Stimmen beitragen, einschliessliche jener, die kritisch gegenüber den Massnahmen waren. Wissenschaftliche Glaubwürdigkeit entsteht jedoch durch Evidenz, nicht durch persönliche Überzeugung. Wer glaubt, dass bestimmte Massnahmen fehlerhaft waren, hat die Möglichkeit, eigene Studien durchzuführen, diese in wissenschaftlichen Fachzeitschriften mit Peer-Review zu veröffentlichen und so zur wissenschaftlichen Debatte beizutragen. Genau so entwickelt sich Wissen weiter – durch strukturierte, methodisch fundierte Auseinandersetzung, nicht alleine durch Widerspruch gegenüber dem Konsens. Es reicht nicht aus, eine persönliche Meinung zu vertreten, die den vorhandenen Daten widerspricht. Die Beweispflicht liegt bei denen, die eine alternative Perspektive vertreten – und zwar durch wissenschaftliche Methoden. Eine wissenschaftliche Aufarbeitung bedeutet nicht, dass alle Meinungen gleich behandelt werden, sondern dass sie nach der Qualität und Robustheit der zugrunde liegenden Evidenz gewichtet werden. Dieses Thema ist komplex, doch das Entscheidende ist, dass jede nachträgliche Analyse – sei es durch Regierungen, Medien oder unabhängige Experten – den Grundsätzen solider Forschung und kritischer Prüfung folgt. Nur so können wir echte Lehren aus der Pandemie ziehen – basierend auf Fakten und nicht auf ideologischen Gegensätzen.

Welche langfristigen gesundheitlichen Folgen hat Corona für die Menschen?

Katrin Zöfel: Es klingt banal, aber vorweg muss man sagen, dass wir das noch nicht wissen können. Es wird sich erst mit der Zeit zeigen. – Nun zu dem, was schon mehr oder minder klar ist. Studien zeigen, dass für mindestens drei Jahre nach Infektion das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall und ähnlich schwere Ereignisse etwa 2fach erhöht ist. Auch gibt es Studien, die mit guten Argumenten nahelegen, dass das Risiko für Parkinson oder Alzheimer nach Covid-19 erhöht sein könnte. Historisch lässt sich zudem zeigen, dass Menschen, die während der Spanischen Grippe zum Beispiel geboren wurden, ein zwei bis dreifach höheres Risiko für Parkinson hatten. Grundsätzlich ist inzwischen klar, dass das SARS-CoV2-Virus nicht nur die Lunge angreift, sondern auch Herzkreislaufsystem und Nerven/Hirn, und dass es Entzündungsprozesse befördert. Aber nochmal: es ist wirklich noch schwierig, klare Aussagen zu treffen, weil sich die Effekte messbar in Krankheitsstatistiken, wenn dann erst nach einiger Zeit zeigen werden.

Haben sich soziale Normen verändert, beispielsweise in Bezug auf Hygiene oder öffentliche Veranstaltungen?

Yvik Adler: Mir ist zwar keine Studie zu dieser Frage bekannt, aber ich beobachte, dass man insgesamt weniger Körperkontakt sucht bei formellen Begrüssungen und Verabschiedungen, z. B. weniger sich die Hand gibt und auch das «Küsschen geben» nicht mehr so etabliert ist. Auch das Niesen und Husten in die Armbeuge hat sich bewährt und Desinfektionsspender sind allerorts anzutreffen. Von Menschen, die erkältet sind, wird, anders als früher, erwartet, dass man besser zu Hause bleibt, als andere anzustecken. Das Händewaschen wird ebenfalls mehr gelebt.

Sind wir heute besser auf eine mögliche zukünftige Pandemie vorbereitet?

Christoph Fux: Besser ist sicher das gesellschaftliche Verständnis für Schutzmassnahmen. Wir wissen, wie wir dank Masken tragen, Händewaschen und einen vorsichtigeren Umgang mit Menschenmassen Übertragungen verhindern können. Das hat für Covid nur teilweise geklappt, weil es als Aerosol übertragbar ist, also einen viel grösseren Radius erreicht. Tröpfcheninfektionen wie Influenza (etwa im Falle einer H5N1 Pandemie) oder Streptokokken waren während Covid deutlich reduziert bis nicht vorhanden. Besser ist sicher auch die Lagerhaltung an Schutzmaterial (Masken, Kittel). Allem voran ist aber der technologische Fortschritt durch die mRNA-Impfungen. Diese Technologie erlaubt es, innert 6 Wochen einen neuen Impfstoff zu entwickeln und eine Massenproduktion einzuleiten. Damit kann gegen einen neuen Erreger sehr schnell immunisiert werden – wenn denn die Impfbereitschaft vorhanden ist. Dafür müssen wir uns mit aller Kraft einsetzen.

Waren die Einschränkungen für Ungeimpfte wirklich gerechtfertigt?

Christoph Fux: Wir haben als Gesellschaft zu spät realisiert, dass Covid nie mehr weggehen wird. Damit war klar, dass jeder erkranken wird. Es ist breit belegt, dass Ungeimpfte ein höheres Risiko haben für einen schweren Verlauf und für Long Covid. Damit gibt es kein Rational, sich nicht zu impfen. Die Einschränkungen für Ungeimpfte dienten primär dazu, die Überlastung des Gesundheitswesens zu verhindern durch eine Abflachung der Covid-Wellen. Sekundär sollten Risikopersonen vor einer Ansteckung geschützt werden bis sie 2-3x immunisiert worden waren, was häufig den Unterschied machte bzgl. Hospitalisation oder nicht.

Könnte ein ähnliches Virus in der Zukunft wieder eine globale Krise verursachen?

Aline Wolfensberger: Ein neues Virus mit Pandemiepotenzial kann jederzeit auftreten. Neue Viren entstehen regelmässig, viele Infektionskrankheiten stammen von Tieren und unter bestimmten Bedingungen können sie auf den Menschen überspringen und sich weiterverbreiten. Die globale Vernetzung und das Reisen erhöhen das Risiko einer raschen Ausbreitung. Ob eine globale Krise entsteht, hängt davon ab, wie gut wir vorbereitet sind. Aus der COVID-19-Pandemie wurden wichtige Lehren gezogen. Entscheidend sind effektive Überwachungssysteme, eine schnelle Reaktion auf erste Fälle sowie die rasche Entwicklung wirksamer Impfstoffe und Therapien.

Mich würde einmal interessieren wenn man eine Studie anlegen würde und auf der einen seite 10.000 Menschen fragen würde ob sie es bereuen sich geimpft zu haben und es wider machen würden,auf der anderen seite 10.000 ob sie es bereuen sich nicht geimpft zu haben? Wäre doch möglich und interssant oder?

Sara Rubinelli: Auf den ersten Blick mag eine Studie, die das Bedauern zwischen geimpften und ungeimpften Personen vergleicht, aufschlussreich erscheinen. Allerdings würde sie auf wesentliche methodische Probleme stossen, die ihre Ergebnisse unzuverlässig machen könnten. Ein zentrales Problem ist Selektionsbias – die Personen, die an der Umfrage teilnehmen, hätten wahrscheinlich bereits starke Meinungen, sei es für oder gegen die Impfung. Das bedeutet, dass die Ergebnisse nicht die Allgemeinbevölkerung widerspiegeln würden, sondern eher diejenigen, die sich besonders stark mit ihrer Entscheidung identifizieren. Ein weiteres Hindernis ist Erinnerungs- und Bestätigungsbias. Menschen neigen dazu, vergangene Entscheidungen basierend auf ihren aktuellen Überzeugungen neu zu bewerten. Jemand, der sich impfen liess und keine Nebenwirkungen hatte, könnte sich in seiner Entscheidung bestätigt fühlen, während eine Person mit leichten Nebenwirkungen ihr Bedauern möglicherweise überbewertet. Ebenso könnte eine ungeimpfte Person, die nur einen milden COVID-19-Verlauf hatte, sich in ihrer Entscheidung bestärkt fühlen, während jemand, der schwer erkrankt ist, seine Wahl möglicherweise stark bereut. Darüber hinaus würde eine solche Studie wichtige medizinische und kontextuelle Daten nicht erfassen. Gesundheitszustand, Risikofaktoren und individuelle Exposition spielen eine grosse Rolle in der Art und Weise, wie Menschen die Pandemie erlebt haben. Eine einfache Umfrage zum Bedauern würde diese Faktoren nicht berücksichtigen. Beispielsweise könnten eine gesunde geimpfte Person und eine immungeschwächte Person völlig unterschiedliche Perspektiven haben, dennoch würden ihre Antworten in einer solchen Studie gleich behandelt.

Es sind letzten brisante News bezüglich Corona aus Deutschland zu hören gewesen. Recherchen der Süddeutschen Zeitung und der Zeit haben ergeben, dass der BND (Bundesnachrichtendienst) schon 2020 davon ausging, dass der Coronavirus ein Laborunfall war. Er habe das der damaligen Regierung unter Kanzlerin Merkel auch mitgeteilt. Diese Info sollte aber nicht an die Öffentlichkeit dringen. Wie bewerten Sie diese Nachrichten aus Deutschland und gehen Schweizer Behörden, sowie führende Schweizer Ärzte und Infektologen zumindest mittlerweile auch von einem Laborunfall aus?

Katrin Zöfel: Die Belege, die Geheimdienste für ihre Einschätzungen nutzen, journalistisch zu bewerten ist extrem schwierig, denn praktisch nie sind die Details dieser Belege bekannt, nur Schlussfolgerungen oder grobe Zusammenfassungen. Der CIA zum Beispiel geht nun davon aus, dass es «eher wahrscheinlich» ist, dass die Pandemie im Labor ihren Anfang nahm, trifft diese Aussage aber mit einer «eher geringen Überzeugung». Welche Belege wie gewichtet wurden, ist aber für keine der Einschätzungen durch die Geheimdienste bekannt. Auch schwierig von aussen einzuschätzen ist, welche Expertise Geheimdienste intern nutzen. Auf der anderen Seite stehen die Wissenschaftler, die sich in Studien öffentlich aufgrund von Daten äussern. Die Aussagen dieser Studien und damit auch der Wissenschaftler gehen nach wie vor klar in Richtung eines natürlichen Ursprungs. Auch deshalb fordern Wissenschaftler in Deutschland nun, dass nun die Rohdaten, die Grundlage der Einschätzung des BND sind, öffentlich gemacht werden, damit sie transparent von unabhängigen Experten eingeschätzt und ausgewertet werden können.

Impfnebenwirkung Am 10. Januar 2022 erhielt ich meine zweite Covid Impfung (Pfizer-Biontech), seit diesem Tag ist nichts mehr, wie es mal war. Ich lag 3 Tage im Bett mit sehr starken Gliederschmerzen. Diese sind seither nie mehr vollständig zurückgegangen. Ich bin davon ausgegangen, wenn die Wirkung der Impfung nachlässt dies auch wieder besser wird. Das ist leider nicht der Fall. Ich habe permanente Muskelschmerzen (wie leichten Muskelkater) in den Waden, Oberschenkel und Unterarmen. Sobald ich mich anstrenge für 10- 15 Minuten verhärtet der entsprechende Muskel total. Nach etwa 30 Minuten ist alles wie vorher, leichte Schmerzen ähnlich wie Muskelkater. Meine Meldung von damals an Swissmedic scheint niemand zu interessieren. Blutuntersuchungen beim Hausarzt ergeben leider auch nichts. Was kann man noch tun, um wieder so Fit zu sein wie vor der Impfung? Freundliche Grüsse

Matthias Probst: In der Schweiz gibt es laut unseres Wissens noch keine spezifische Sprechstunde für Covid-Impfschäden, wie es das zum Beispiel in Deutschland gibt. Wir haben 2022 in einer Puls-Sendung Impfnebenwirkungen thematisiert und auch gezeigt, wie schwierig es ist, kausale Zusammenhänge zwischen Komplikationen und Impfungen nachzuweisen.

Wie hat sich das Gesundheitssystem 5 Jahre nach der Pandemie verändert?

Christoph Fux: Die Versorgungssicherheit ist kein selbstverständliches Gut mehr. Die Gesellschaft hat begriffen, dass die Arbeitsbedingungen der Pflegenden verbessert werden müssen. In den Spitälern hat dies zu einer deutlichen Flexibilisierung der Arbeitsmodelle geführt, was Wiedereinstieg und Teilzeitpensen vereinfacht. Zudem haben viele junge Menschen die Sinnhaftigkeit einer Pflegetätigkeit erkannt und entscheiden sich für diese Ausbildung. Andererseits haben sich viele Pflegende erschöpft abgewendet oder ihr Pensum reduziert. Dies musste (zum Glück mit sinkender Tendenz) mit teuren Temporärkräften kompensiert werden. Auch die ärztliche Versorgung, insbesondere in der Grundversorgung, ist nun breit Thema. Offensichtlich wird zudem Spital um Spital, dass die aktuellen Leistungen nicht mehr kostendeckend sind. Defizite werden die Norm. Die gesellschaftliche Diskussion über die Neuausrichtung unseres Gesundheitswesens tut not – was die Diskussionsmüdigkeit nach allen Kontroversen bzgl. Covid-Massnahmen aber im Moment verhindert.

Guten Tag Mich treibt um, wann diese Covid-Zeit aufgearbeitet wird. Wann werden über falsch verbreitete Informationen von Politik und Medien Stellung genommen und Fehler eingeräumt? Wann werden diejenigen rehabilitiert, die aufgrund ihrer abweichenden Meinung vom Mainstream über die damalige Situation ausgestossen und stigmatisiert wurden? Wann werden auch mögliche Langzeitfolgen von überhasteten Impfungen eingestanden und ehrlich darüber aufgeklärt? Wann haben wir die Grösse über eigenes Versagen zu sprechen und Verantwortung für nicht-weises Handeln zu übernehmen? Angefangen bei jedem Einzelnen, aber auch bis in die damaligen Verantwortungsträger der Institutionen, Medien und Politik. Wäre schön, wenn wir aus der Vergangenheit lernen…

Matthias Probst: Einige Ihrer Fragen wurden beantwortet oder zumindest wurden Debatten dazu angestossen. Zum einen hat die Bevölkerung dreimal über ein Covid-19 Gesetz abgestimmt und auch im Parlament viel darüber debattiert, was gut und was schlecht gelaufen ist. Auf der anderen Seite gibt es beispielsweise auch Berichte der Geschäftsprüfungskommission aus National- und Ständerat, welche 2023 die Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen sowie die Nutzung der wissenschaftlichen Erkenntnisse aufgearbeitet haben. Wir bei SRF Wissen haben im Juni 2024 die Folgen der Pandemie thematisiert oder bei beispielsweise 2022 bei Puls die Impfnebenwirkungen. Sie haben aber Recht, dass noch vieles aufgearbeitet werden muss und auch breiter thematisiert werden könnte. Gleichzeitig stellen wir aber auch eine grosse Ermüdung fest und viele wollen nichts mehr von Corona wissen. Das hat auch Einfluss auf unsere Berichterstattung.

Der Ausbruch der Pandemie ist ungeklärt. Warum jedoch kommt wieder der Einwand, dass das Virus aus einem Labor stammt? Die Fach-Experten, die sich mit dieser Frage nach dem Ursprung beschäftigen, kamen (durch Indizien) zum Schluss, dass es sich höchstwahrscheinlich um eine Zoonose gehandelt hat, also natürlichen Ursprungs ist. Was meinen die Experte:innen beim srf.ch? Woher stammt das Virus? Danke und freundliche Grüsse

Sara Rubinelli: Der Ursprung von COVID-19 bleibt wissenschaftlich umstritten, aber die meisten Experten kommen zu dem Schluss, dass es höchstwahrscheinlich von Tieren stammt (Zoonose), basierend auf genetischen Analysen und frühen Ausbruchsdaten – ein Muster, das bereits bei früheren Coronavirus-Ausbrüchen beobachtet wurde. Die Labortheorie hält sich unter anderem, weil sie eine suboptimale, aber überzeugende Erklärung ist – sie vereinfacht ein komplexes Ereignis, indem sie eine klare Verantwortung zuweist, was oft leichter zu glauben ist als der vielschichtige Prozess einer zoonotischen Übertragung. Während einige eine Laborpanne für möglich halten, gibt es keine konkreten Beweise für diese Behauptung, während stärkere Hinweise auf einen natürlichen Ursprung hindeuten.

Gibt es seit Corona eine grössere Akzeptanz von Homeoffice und Remote-Arbeit?

Yvik Adler: Viele Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber: innen haben die Vorteile des Arbeitens ausserhalb des Büros entdeckt. Und viele wünschen sich von ihren Arbeitgebern hier nun viel Flexibiliät. Nicht alle Arbeitgeber sind von Homeoffice und Remote restlos überzeugt bzw. sehen auch problematische Aspekte dabei. Das kann zu Konflikten führen, zumal es momentan eine Tendenz von Seiten der Arbeitgeber:innen gibt, wieder mehr Arbeit vor Ort einzufordern.

Wegen des Long Covid- Risikos sollte alle Menschen eine Reinfektion vermeiden. Da sich das Virus hauptsächlich über Aerosole verbreitet, ist die Innenraumluftqualität sehr wichtig. Was tut die Schweiz zur Verbesserung der Innenraumluftqualität? Danke für eine Antwort

Katrin Zöfel: Insgesamt hat es das Thema vor allem politisch weiterhin sehr schwer. Zur Wichtigkeit von Innenraumluftqualität hatten Forscher vor einiger Zeit Stellung bezogen. Siehe hier und hier. Bisher mit wenig Effekt. Kurze Einordnung zu Long Covid: Ja, das Long-Covid-Risiko ist nach wie vor da, wobei drei Punkte wichtig sind: Je grösser die Immunität (durch Impfung oder Infektion), desto geringer das Long-Covid-Risiko, auch wenn es nie ganz auf null geht, es wird geringer. Dann haben Menschen, die schon einmal eine z.B. kürzere Phase von Long Covid hatten, z.B. ein Jahr und danach doch noch Erholung, ein höheres Risiko, bei einer weiteren Ansteckung. Diese Menschen sind darauf angewiesen sich zu schützen / sich schützen zu können. Drittens: Die Impfung schützt zeitweise und ein Stück weit (leaky protection) vor Ansteckung, ist also auch ein mögliches Tool zum Schutz, wenn auch nicht perfekt.

Guten Tag Mich würde es wunder nehmen, ob schlussendlich über den Zeitraum von 5 Jahren eine Übersterblichkeit vorliegt. Sicherlich sind während der Pandemie mehr Leute gestorben. Aber handelt es sich hierbei nicht um eine «vorgezogene Sterblichkeit», welche sich nach 5 Jahren nicht wieder ausgeglichen hat? Vielen Dank für Ihre Auskunft.

Christoph Fux: Die Übersterblichkeit in 18 Europäischen Statten betrug 16 Millionen Jahre und betraf zu 60% Personen über 80 Jahre. 3/4 waren direkt durch Covid ausgelöst. Zahlreiche Analysen in der Schweiz haben gezeigt, dass diese Übersterblichkeit nur zu einem geringen Teil kompensiert wurde durch geringere Todesfälle in den Folgemonaten einer Pandemie. 1/4 der Übersterblichkeit in Europa in einer in PLOS Medicine publizierten Studie vom März 25 geht nicht direkt zulasten von Covid, was uns zeigt, dass an vielen Orten das Gesundheitswesen in einem Mass überfordert war, das die Grundversorgung nicht mehr in vollem Umfang erlaubte. Die Konklusion der Studie war, das die Vorbereitung auf eine nächste Pandemie weiterhin auf die Agenda gehört.

Seit der Corona-pandemie bin ich stark verunsichert wenn ich nach draussen gehe. Ich bin meist zuhause, wenn ich nach draussen gehe, trage ich immer noch Maske und Handschuhe. Überall sind Viren und Bakterien. Meinen Kontakt zu anderen Menschen habe ich stark eingeschränkt weil mich alle anstecken könnten. Ich lebe alleine und bin etwas einsam geworden, aber das ist immer noch besser als krank werden.

Yvik Adler: Ihre Schilderungen weisen darauf hin, dass sich bei Ihnen möglicherweise eine Angsterkrankung entwickelt hat. Wenn Sie unter dem Rückzugsverhalten, den ständigen Sorgen vor Erkrankungen leiden – und an dem zurückgezogenen Dasein etwas ändern möchten, so empfehle ich Ihnen eine Fachperson zu kontaktieren. Diese Problematik ist gut behandelbar.

Im Juni 2022 kam eine umfassende SECO-Studie zum Schluss: «Obwohl die Covid-19-Pandemie eine beispiellose Fülle an akademischen Arbeiten hervorgebracht hat, sind mehr als zwei Jahre nach Beginn dieser Pandemie viele Fragen zur Wirksamkeit einzelner Massnahmen zur Eindämmung des Coronavirus weiterhin nicht abschliessend geklärt.» Warum hat man zu keinem Zeitpunkt ausreichend Daten erhoben, um die Wirksamkeit der einzelnen Massnahmen eindeutig zu belegen? Schlussendlich waren wir offensichtlich im Blindflug unterwegs. Wegen dem fehlenden Wirksamkeitsnachweis konnten wir also auch nie beweisen, dass es diese Massnahmen überhaupt braucht. Die Beweispflicht liegt beim Gesetzgeber.

Sara Rubinelli: Sie sprechen einen wichtigen Punkt an: Warum wurde nicht klarer erfasst, wie wirksam jede einzelne Mainahme war? Die Herausforderung in einer sich schnell entwickelnden Pandemie bestand darin, dass Massnahmen schnell umgesetzt werden mussten, oft auf Grundlage des besten verfügbaren Wissens zu diesem Zeitpunkt. Kontrollierte Studien zur genauen Wirksamkeit der einzelnen Massnahmen in Echtzeit durchzuführen, war jedoch schwierig, da ethische und logistische Einschränkungen es nahezu unmöglich machten, randomisierte kontrollierte Studien für Massnahmen wie Lockdowns oder Maskenpflicht durchzuführen. Das bedeutet jedoch nicht, dass diese Massnahmen unnötig waren. Wissenschaftliche Unsicherheit bedeutet nicht automatisch, dass Massnahmen wirkungslos waren, sondern lediglich, dass bei einigen Interventionen das genaue Ausmass der Wirksamkeit weiterhin diskutiert wird. Genau deshalb sind retrospektive Analysen und eine verbesserte Datenerhebung im Krisenfall entscheidend, um in zukünftigen Pandemien fundiertere Entscheidungen treffen zu können.

Sind die Menschen immer noch durch das Virus gefährdet, oder ist es jetzt sicher?

Aline Wolfensberger: COVID-19 ist nicht mehr so gefährlich wie zu Beginn der Pandemie. Damals war keine spezifische Immunität in der Bevölkerung vorhanden, die Leute waren noch nie zuvor mit SARS-CoV-2 in Kontakt gekommen und es gab keine Impfung gegen den Erreger. Ausserdem gab es für COVID-19-Erkrankte keine nachgewiesen wirksamen Medikamente, mit denen man die Infektion gezielt hätte behandeln können. Es hat sich diesbezüglich viel geändert, das Virus zirkuliert aber weiterhin. Dank Impfungen und natürlicher Immunität verlaufen die meisten Infektionen heute mild. Dennoch kann es in Wellen zu mehr Erkrankungen und Hospitalisationen kommen. Vor allem für ältere, immungeschwächte oder vorerkrankte Personen kann COVID-19 weiterhin ein Risiko darstellen. Deshalb gibt es für diese Personengruppe weiterhin die Empfehlung, sich im Herbst/Winter impfen zu lassen.

Warum werden PAIS (postakute Infektionssyndrome) wie me/cfs etc. vollkommen vernachlässigt, stigmatisiert und psychologisiert?

Christoph Fux: me/cfs (myalgische Encephalomyelitis/ chronic fatigue syndrom) ist das Kürzel, das postvirale Folgeschäden umschreibt. Vor Covid war es vor allem bekannt nach einer EBV-Infektion (Pfeiffersches Drüsenfieber). Wie bei jedem Syndrom (ein Krankheitsbild, das sich aus vielen Facetten zusammensetzt, die nicht alle vorkommen müssen), ist die Diagnose schwierig. Auch der Krankheitsmechanismus ist multifaktoriell und damit komplex. Zudem besteht keine etablierte Therapie. All dies hat dazu geführt, dass diese Komplikationen häufig als rein psychisch abgetan wurde. Die ganzen Erkenntnisse rund um Long Covid haben hier zu einem Umdenken geführt. Für Long Covid gibt es klare Diagnose-Kriterien (dazu gehören die schwere Erschöpfung (fatigue), die inadäquate Erschöpfbarkeit (post-exertional malaise) und der «brain fog»). Als Mitursachen wurden erkannt: überschiessende Entzündung, Stoffwechselstörungen (u.a. Serotonin), welche bis in die Darmflora reichen, Störungen des zellulären Energiehaushaltes (Mitochondrien) oder reaktivierte chronische Infektionen (EBV). Dies alles hat die Akzeptanz dieses Krankheitsbildes in Wissenschaft und Gesellschaft deutlich erhöht und macht Therapie-Studien möglich, auf deren Resultate wir ungeduldig warten.

Guten Tag Eine Frage an die Psychologinnen: Wie hat sich die Psyche bei jungen Menschen verändert? Denn die Pandemie hat bei mir und meinem Umfeld ordentliche Spuren hinterlassen. Ich habe mein Leben von 18-20 Jahren nicht ausleben können. Und der Gedanke daran, dass diese Zeit nicht zurück kommt löst Unbehagen aus. Ich habe eine Art Lücke im Zeitgefühl und kann vieles in den letzten 5 Jahren zeitlich kaum zuordnen. Vieles wirkt so unwirklich.. alles ist anders seit dieser Zeit.. es klingt verrückt, ist aber eine Tatsache. Haben Sie das bei jungen Menschen ebenfalls mitbekommen oder hören Sie dies nun zum ersten Mal? Freundliche Grüsse

Yvik Adler: Die psychische Gesundheit von Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist seit einigen Jahren (aber auch schon vor der Pandemie und wegen zusätzlicher Faktoren) schlechter geworden, das sagen viele Untersuchungen. Es gibt einen starken Zuwachs von jungen Menschen, die aufgrund ihrer psychischen Probleme Hilfe suchen, das ist belegt. Ich empfehle Ihnen konkret den düsteren Gedanken wegen der vielen Dinge, die damals nicht möglich waren, pragmatisch zu begegnen: «Ich versuche nun möglichst vieles auszuleben und auszuprobieren, was ich damals verpasst habe und dazu braucht es konkrete Aktivitäten draussen in der realen Welt.» Und dies konkret zu planen. Sie haben noch viel Zeit, Erfahrungen zu machen.

Grüezi Aufgrund diverser Dokumente-leak (z.B. RKI-Protokolle) ist ja bekannt, das die Impfung keinen Nutzen hatte und auch jetzt ist dieser mindestens stark umstritten. Wann wird hier für Widergutmachung gesorgt? Ist dies überhaupt realistisch?

Sara Rubinelli: Die Diskussion über die Wirksamkeit der COVID-19-Impfstoffe ist wichtig, und es ist verständlich, dass Menschen Fragen haben – insbesondere im Zusammenhang mit neu veröffentlichten Dokumenten und laufenden Debatten. Offizielle Gesundheitsquellen, darunter das Bundesamt für Gesundheit (BAG), liefern jedoch weiterhin klare Belege dafür, dass die Impfstoffe erhebliche Vorteile gebracht haben, insbesondere in der Reduzierung schwerer Krankheitsverläufe, Hospitalisierungen und Todesfälle während der Pandemie. Für alle, die verlässliche Informationen suchen, empfehle ich, sich auf vertrauenswürdige Quellen wie das Bundesamt für Gesundheit (BAG) zu beziehen.

Es stimmt, dass einige Menschen offizielle Quellen infrage stellen. Doch in Wirklichkeit sind genau diese Institutionen die Grundlage der evidenzbasierten Medizin – nicht nur in Bezug auf Impfstoffe, sondern für alle Bereiche der Gesundheitsversorgung. Die gleichen Behörden, die Impfstoffe bewerten, sind auch dafür verantwortlich, die Sicherheit und Wirksamkeit alltäglicher Medikamente zu gewährleisten – von Kopfschmerztabletten über Aspirin bis hin zu lebensrettende Behandlungen. Impfstoffe sind jedoch oft schwerer zu verstehen, weil sie nicht eine bestehende Krankheit behandeln, sondern sie vorbeugen. Ihr Erfolg wird nicht an einer sofortigen Wirkung gemessen, sondern daran, was nicht passiert – weniger Hospitalisierungen, weniger schwere Verläufe und weniger Todesfälle. Gerade diese präventive Natur macht Impfstoffe besonders anfällig für Fehlinterpretationen und Fehlinformationen, da ihr Nutzen oft nicht direkt auf individueller Ebene sichtbar ist, sondern sich erst in ihrer breiten gesundheitlichen Wirkung zeigt.

Während der Corona-Pandemie ist dem grössten Teil der Menschen der gesunde Menschenverstand abhanden gekommen. Nur wer schon kritische Fragen gestellt hat, wurde mundtot gemacht und als Verschwörungstheoretiker abgetan. Die Medien weltweit haben einhellig die gleiche Meinung vertreten und ihren Job, nämlich kritisch zu hinterfragen nicht gemacht. Wohnungen und Praxen von Kritikern wurden von Sondereinsatzkommandos gestürmt. Menschen in Angst zu versetzen und sie gefügig zu machen hat grandios funktioniert. Das war Manipulation der feinsten Art. Aber immer mehr Menschen verlieren das Vertrauen in die sogenannten Autoritäten, Politik, Wissenschaft, alles gekauft, und sie werden es das nächsten Mal nicht mehr so einfach haben. Glaubt nicht alles, was euch erzählt wird. Fragt immer danach, was wem dient und zuletzt, «Follow the money», schaut wohin das Geld fliesst, und wer davon profitiert.

Katrin Zöfel: Vielen Dank für Ihre Frage. Wir haben uns in der Pandemie nach Kräften bemüht, die Themen, die wichtig waren, anhand der bestehenden Datenlage zu behandeln. Ja, dabei gab es teilweise grosse Übereinstimmungen, was nicht zuletzt aber daran lag, dass die Tatsachen in einigen Punkten überall auf der Welt gleich waren: Weniger Kontakte heisst weniger Infektionen. Die Impfung hilft, schwere Verläufe und Todesfälle zu reduzieren. Ältere sind deutlich gefährdeter. – All diese Aussagen liefen bei uns intern durch einen Prüfprozess, bevor wir sie äusserten. – Was wir noch mehr hätten machen können und müssen: Unsicherheiten benennen, und dem grossen Wunsch nach klaren Antworten noch seltener nachgeben. Und ja, ich gebe Ihnen Recht, insgesamt gesellschaftlich hatten es in dieser Zeit abweichende Meinungen schwerer als gut war.

Wie wirken sich die Corona-Erfahrungen auf die psychische Gesundheit der Menschen aus?

Yvik Adler: Aus meiner Sicht ist es bei künftigen gesundheitlichen Krisen wichtig zu berücksichtigen, dass es nicht nur die körperliche Gesundheit gibt, sondern auch die psychischen Anspekte der Gesundheit berücksichtigen. Und bei Massnahmen zur Eindämmung der Pandemie den möglichen psychischen Folgen ausreichend Rechnung getragen werden müsste. Im Nachhinein muss man zum Beispiel klar sagen, dass für Kinder und Jugendliche die Kontaktbeschränkungen ein Risikofaktor für ihre psychische Entwicklung waren und für vulnerable junge Menschen sogar schädlich waren.

Hallo, mich interessiert, ob eine mehrfache COVID-Infektion generell das Risiko für andere Krankheiten (auch später) erhöht hat. D.h. kann im Alter eine versteckte Spätfolge sichtbar werden in Form einer anderen Krankheit auftauchen? Herzlichen Dank

Christoph Fux: Grundsätzlich ist jede Entzündung schlecht für uns, unabhängig woher sie stammt. Denn Entzündungen machen eine Thromboseneigung, verschlimmern kardiovaskuläre Erkrankungen und fördern Alterungsprozesse. Auch schlummernde Infektionen etwa aus der Herpesfamilie können durch eine Überbelastung der Abwehrzellen reaktivieren und am Entzündungsschaden teilhaben. Glücklicherweise ist Covid keine chronische Krankheit wie etwa HIV oder gewisse virale Leberentzündungen. Deshalb sind Langzeitfolgen wenig wahrscheinlich. Sicher sinnvoll für Risikopersonen ist aber, den Schweregrad einer Infektion durch eine Impfung zu reduzieren.

ich verstehe nicht warum nicht endlich die Erkenntnisse der letzten Pandemie sorgfältig aufgearbeitet werden. Denn die nächste Pandemie ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Die Büchse der Pandora ist noch voll davon! Die Schweiz hat es meiner Meinung nach gar nicht so schlecht gemacht. Aber etwa der sogenannte Mister Corona hat zu Beginn immer wieder totalen Unsinn erzählt: Masken sind sogar schädlich, Kinder können sich nicht anstecken et al.

Sara Rubinelli: Die Bewältigung einer Pandemie, die durch ein zuvor unbekanntes Virus verursacht wird, ist eine enorme Herausforderung, insbesondere in den frühen Phasen, wenn das wissenschaftliche Wissen noch im Entstehen ist. Zu Beginn von COVID-19 mussten Entscheidungen schnell getroffen werden, oft auf der Grundlage begrenzter und unvollständiger Daten. Das führte dazu, dass sich Empfehlungen im Laufe der Zeit änderten, sobald neue Erkenntnisse verfügbar wurden – etwas, das frustrierend sein kann, aber ein natürlicher Bestandteil des wissenschaftlichen Prozesses ist. Ein Beispiel dafür ist die anfängliche Unsicherheit über die Übertragungswege. Zunächst gingen einige Experten davon aus, dass sich das Virus hauptsächlich über Oberflächen verbreitet und nicht über die Luft, was die frühen Richtlinien zur Maskennutzung beeinflusste. Ebenso entwickelte sich das Verständnis über die Rolle von Kindern in der Übertragung erst mit der zunehmenden Verfügbarkeit von Studien. Die Schwierigkeit besteht darin, dass Wissenschaft Zeit braucht, Krisen jedoch sofortiges Handeln erfordern, was zu einem Spannungsverhältnis zwischen schnellem Eingreifen und dem Warten auf gesicherte Erkenntnisse führt. Die eigentliche Herausforderung besteht darin, wie man sich entwickelndes Wissen kommuniziert, ohne das Vertrauen der Öffentlichkeit zu verlieren. Die Schweiz hat viele Aspekte gut gemeistert, aber die wichtigste Lehre aus der Pandemie ist, dass zukünftige Reaktionen bessere Echtzeit-Kommunikation, mehr Transparenz über Unsicherheiten und eine strukturiertere Anpassung von Massnahmen an neue wissenschaftliche Erkenntnisse erfordern.

Hat sich das gesellschaftliche Verhalten nach Corona verändert?

Yvik Adler: In der ersten Phase nach Corona konnte man feststellen, dass viele Menschen auch nach den Kontaktbeschränkungen weiterhin eher zurückgezogen leben (möchten) und erst allmählich wieder nach draussen gehen oder sogar Ängste entwickelt haben. Auch das Homeoffice wurde von manchen Menschen als gute Alternative für den Büroalltag entdeckt. Die zunehmende Digitalisierung ist aber ebenfalls ein wichtiger Treiber dieser gesellschaftlichen Entwicklung.

Guten Tag Es gibt doch einige Personen, welche an Long Covid leiden, oder, was ebenfalls sein könnte, an Reaktionen und Symptomen von der Covidimpfung. Meiner Meinung nach wurde und wird das zuwenig untersucht und öffentlich und transparent weitergegeben, denn niemand ausser die Betroffenen haben ein Interesse an diesem Resultat, im Gegenteil, die Hersteller, die Kk und IV... usw möchten wohl lieber keine Fakten, da dies Haftpflicht- finanzielle Folgen haben könnte.

Christoph Fux: Die Sinnhaftigkeit einer Impfung definiert sich aus dem Verhältnis zwischen verhinderter Erkrankung und Tod einerseits und Nebenwirkungen andererseits. Es ist breit belegt, dass die Impfung allein in Europa über eine Million Leben gerettet hat, insbesondere bei alten Menschen. Auch belegt ist, dass die Impfung das Risiko für Long Covid deutlich reduziert. Auf der anderen Seite – und das darf und muss auch gesagt sein – hat die Impfung Nebenwirkungen. Da sie eine starke Entzündung auslöst, kann sie eine schlummernde Autoimmunerkrankung zum Ausbruch bringen, einen Schub provozieren oder über die verstärkte Thromboseneigung zu einer Lungenembolie führen. Auch Symptome in Analogie zu Long Covid sind beschrieben. Wichtig ist, dass diese Beschwerden ernst genommen und betreut werden. Aber so schlimm es für diese Betroffenen ist, für die Gesellschaft als Ganzes sind Impfungen ein Segen.

Weshalb wurden wir mit dem äusserst unangenehmen Test in der Nase geplagt? Die Chinesen haben Millionen mit dem viel angenehmeren Verfahren im Rachen getestet.

Aline Wolfensberger: Der Nasopharyngeal-Abstrich («der unangenehme Test durch die Nase») wird bevorzugt, weil er eine höhere Sensitivität hat als der Rachenabstrich. Das heisst, der Nasopharyngeal-Abstrich erkennt eine Infektion zuverlässiger. Das Virus vermehrt sich besonders gut im Nasen-Rachenraum, die Viruslast ist dort also höher und das Virus lässt sich dort besser nachweisen. Ein sensitiver Abstrich ist dann besonders wichtig, wenn die Diagnose eine Auswirkung auf eine Therapie oder Isolationsmassnahmen hat. In anderen Situationen (z. B. repetitive Testungen in Firmen) wurden in der Schweiz auch die weniger sensitiven Speicheltests durchgeführt.

Existiert irgendwo eine Liste, die sämtliche gemeldeten Impfnebenwirkungen aufzählen? Damit meine ich nicht nur die von Ärzten anerkannten, sondern alles, was gemeldet wurde. Ab dem Moment des Einstichs bei der zweiten Impfung hatte ich im Muskel und an der Einstichstelle über vier Monate lang Schmerzen. Zudem war die Funktion des Armes eingeschränkt, den Arm seitlich hochheben, ging nicht mehr. Damit habe ich noch heute Probleme. Ich war deswegen nie beim Arzt, weil ich durch das teilweise vergiftete Klima damit rechnete, nicht ernst genommen zu werden. Dass Impfen half, ist unbestritten, doch mir fehlt das Thema Nebenwirkungen und zwar jeglichen Grades, Dauer kurz-, mittel- und langfristig.

Katrin Zöfel: Bei der Swissmedic gibt es die Möglichkeit, Impfnebenwirkungen zu melden. Diese Meldung kann jeder und jede machen. Dort sind bis Juni 2024 insgesamt 17’575 Verdachtsmeldungen eingegangen, mehr als die Hälfte stammt von Betroffenen oder Angehörigen, der Rest von medizinischem Personal. Anfang Juli 2024 wurde der letzte aktualisierte Bericht der Swissmedic aufgeschaltet, dort finden sich auch Statistiken, welche Nebenwirkungen wie häufig genannt wurden. Wichtig: Die Meldenden stufen selbst ein, wie schwerwiegend sie die genannte Nebenwirkung einschätzen. Die Gesundheitssendung Puls hatte das Thema aufgegriffen und von einem allenfalls ähnlichen Fall wie Ihrem berichtet.

Ich merke, dass ich immer noch unsicher bin, wenn ich unter vielen Leuten bin. Was kann ich dagegen tun?

Yvik Adler: Einige Menschen leiden seit der Pandemie und dem Lockdown auch nach der Aufhebung der Massnahmen unter Ängste und Unsicherheiten. Um diese Unsicherheiten wieder abzubauen, ist zu empfehlen sich den Ängsten langsam wieder zu stellen und trotz der Unsicherheit sich unter Menschen zu begeben. Nur wenn man wieder mehr unter Menschen geht, werden sich die Unsicherheiten langsam und mit der Zeit wieder legen. Gehen Sie aber in Ihrem Tempo vor, unterstützten Sie sich mit einer inneren beruhigenden Stimme (wie: es gibt jetzt keinen Grund mehr Angst vor Menschenmengen zu haben etc.) und gehen Sie behutsam mit sich um.

Guten Tag Ich habe wegen einer chronischen Erkrankung ein geschwächtes Immunsystem. Während der Pandemie konnte ich vermutlich durch gute Hygienemassnahmen und die Impfungen (2x und 1 Booster) eine Ansteckung verhindern. Seit Ostern 2023 wo viele (auch ich) die Hygienemassnahmen nicht mehr so sorgfältig umsetzen erlitt ich jeden Winter 2-3 COVID-Infekte, wobei jeder jeweils ein bisschen leichter verläuft als der vorhergehende. Nach dem Sommer ist die spezifische Abwehr jedoch jedes Mal wieder abgebaut. Bei den schweren Infekten muss ich jeweils eine momentane Verschlechterung meines Gesundheitszustands während 2-4 Wochen hinnehmen. Das Ganze ist recht belastend. Ich überlege mir, mich jeweils Anfang Herbst wieder zu impfen. Was würden Sie mir raten, muss ich ein oder zwei Impfungen machen, und wann ist der beste Zeitpunkt für eine Boosterimpfung?

Christoph Fux: leider schützt die Impfung nicht vor einer Ansteckung. Es wird Ihnen also nicht erspart bleiben, immer wieder zu erkranken. Wie Sie richtig beobachten, bietet eine Infektion u/o Impfung einen leider auch abnehmenden Schutz vor schweren Symptomen. Deshalb macht es Sinn, dass sich Risikopersonen (Alter über 65 Jahre oder schwere Immunsuppression oder schwere Lungenschäden oder schwere Begleiterkrankungen) wieder impfen lassen, wenn sie 6 Monate keinen Infekt mehr durchgemacht haben. Covid hat keine strikte Saisonalität wie die Influenza, tritt also auch im Sommer oder Herbst auf. Deshalb lohnt es sich, zu Beginn einer neuen Welle zu überlegen, ob eine Impfung sinnvoll wäre. Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie bei einem nächsten Mal viel schwerer erkranken als bisher ist aber äusserst gering.

Warum wurde von Anfang an nicht berücksichtigt, dass Kinder nicht erkrankt sind? Eine Pandemie ohne spezielle Kindererkrankungwäre doch eigentlich nicht so gefährlich? Die Schulen hätten nicht geschlossen werden müssen und die Kinderimpfungen hätten sich auch erübrigt.

Yvik Adler: Psychologische Expert:innen haben relativ früh davor gewarnt, dass die Kontaktbeschränkungen und Schulschliessungen für gefährdete Kinder und Jugendliche ein Risiko für die psychische Entwicklung bedeuten kann. Leider haben sich diese dann im Verlauf bewahrheitet und es kam zu einem Anstieg an psychischen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die aber nicht nur aufgrund der Pandemie erklärbar sind. In der Schweiz hat man die psychischen Risikofaktoren der Schulschliessungen insofern berücksichtigt, dass die Schulschliessungen im Vergleich zu anderen Ländern nur relativ kurz waren.

Seit Corona arbeite ich viel im Homeoffice und fühle mich oft einsam. Es fällt mir schwer, mit Menschen in Kontakt zu kommen.

Sara Rubinelli: Ich verstehe Ihren Punkt und die damit verbundenen Herausforderungen vollkommen. Das Arbeiten von zu Hause aus hat nicht nur unsere Arbeitsgewohnheiten grundlegend verändert, sondern auch die Art und Weise, wie wir mit anderen in Kontakt treten – oft fühlen sich soziale Interaktionen dadurch distanzierter oder rein zweckorientiert an. Das ist eine traurige, aber auch wichtige Erkenntnis aus der Pandemie – die Art, wie wir arbeiten, hat sich weiterentwickelt, aber unsere sozialen Bedürfnisse sind gleich geblieben. Die Herausforderung besteht nun darin, neue Wege zu finden, um sinnvolle Interaktionen zu fördern – nicht nur für das persönliche Wohlbefinden, sondern auch für Produktivität, Kreativität und Zusammenarbeit. Wir sollten diese Erfahrung als Gelegenheit nutzen, um zu überdenken, wie wir menschliche Verbindung in Remote (und Hybrid-Arbeitsmodelle integrieren) sei es durch gezieltes Coworking, gemeinsame Aktivitäten oder die Gestaltung virtueller Meetings, die Raum für echte Gespräche lassen. Wenn wir daraus lernen, können wir eine bessere Balance schaffen zwischen der Flexibilität des Remote-Arbeitens und der sozialen Bereicherung, die Arbeit erst wirklich erfüllend macht.

Grüezi miteinander Ist man aus heutiger Sicht der Meinung, dass die Impfung wirklich etwas gebracht hatte? In meinem Umfeld sind trotz Impfung fast alle Personen an Corona (zum Teil heftig) erkrankt, obwohl der Impfschutz vorhanden hätte sein sollen. Für mich war eigentlich klar, dass alle sich einmal infizieren müssen und dies nicht verhindert werden konnte.

Sara Rubinelli: Die Frage, ob die COVID-19-Impfung «wirklich etwas gebracht hat», ist verständlich, insbesondere wenn viele Menschen trotz Impfung erkrankt sind. Es ist jedoch wichtig, zu klären, was die Impfung eigentlich leisten sollte. Aus der Perspektive der Gesundheitskommunikation ist entscheidend, wie Informationen über Impfstoffe vermittelt wurden und wie sie von der Öffentlichkeit wahrgenommen wurden. In der Kommunikation über Impfungen ging es darum, realistische Erwartungen zu setzen: Die Impfung sollte nicht alle Infektionen verhindern, sondern schwere Krankheitsverläufe, Hospitalisierungen und Todesfälle deutlich reduzieren. In vielen Fällen wurden Impfstoffe jedoch als absolute Lösung wahrgenommen, was später zu Enttäuschungen führte, als sich trotz Impfung viele Menschen infizierten. Aus wissenschaftlicher und gesundheitspolitischer Sicht war das Hauptziel der Impfung nie, Infektionen vollständig zu verhindern, sondern die Schwere der Erkrankung zu reduzieren. Obwohl es zu sogenannten Durchbruchsinfektionen kam, zeigen zahlreiche Studien, dass geimpfte Personen im Durchschnitt mildere Symptome, eine kürzere Krankheitsdauer und ein deutlich geringeres Risiko für schwere Verläufe hatten als ungeimpfte. Es stimmt auch, dass Virusmutationen und eine nachlassende Immunität dazu führten, dass sich trotz Impfung viele Menschen infizierten. Ohne die Impfung wären die Gesundheitssysteme jedoch noch stärker belastet worden, und es hätte mehr schwere Krankheitsverläufe gegeben. Die Beobachtung, dass sich «jeder irgendwann infizieren musste», ist berechtigt, insbesondere bei hoch ansteckenden Varianten. Aber es machte einen grossen Unterschied, ob man dem Virus mit oder ohne Impfschutz begegnete – selbst wenn das auf individueller Ebene nicht immer sofort erkennbar war. Die Herausforderung für die Gesundheitskommunikation besteht darin, in Zukunft klarer über Unsicherheiten, Wahrscheinlichkeiten und den realen Schutzumfang medizinischer Massnahmen zu informieren, um eine differenzierte öffentliche Wahrnehmung zu fördern.

Seit 3 Jahren leide ich unter Post Covid und ME/CFS und suche verzweifelt eine Behandlungsmöglichkeit.

Matthias Probst: Es gibt in der Schweiz mehrere spezialisierte Anlaufstellen, die sich auf Long Covid spezialisiert haben. In diesen Sprechstunden sind Fachpersonen, die Sie gut beraten können, beispielsweise welche Therapien in der Schweiz zugelassen sind und wie heute Post Covid behandelt wird. Leider ist die Situation aber schon so, dass noch immer die Symptome behandelt werden können und es gegen die eigentliche Ursache kaum wirksame Behandlungen gibt.

Hier finden Sie Anlaufstellen. Und hier ein aktueller Bericht zur Situation in der Schweiz.

Warum gibt es immer noch den Irrglauben von vielen In der Schweiz, dass die Pharmaindustrie das Virus in die Welt gesetzt hat? Im Volksmund auch Schwurbler genannt.

Yvik Adler: Die Frage um den Ursprung des Virus ist nach wie vor nicht abschliessend geklärt und die wissenschaftliche Diskussion um die Thematik ist gerade wieder am Laufen. Die Unzugänglichkeit der Datenlage ist zudem ein Problem und erschwert die wissenschaftliche Klärung. Zudem wurde der Diskurs, wo und wie der Virus entstanden ist, leider in der Vergangenheit häufig nicht sachlich und neutral und offen geführt, sondern wurde politisch und weltanschaulich verwertet. Dies alles führte zu grosser Unsicherheit und auch zu Verwirrung bei der Bevölkerung, womit natürlich auch Verschwörungstheorien Nahrung erhielten.

Medien (wie auch SRF) sowie Politiker und Mediziner aus der Schweiz haben oft auf Erkenntnisse aus umliegenden Ländern verwiesen, bspw. auf Deutschland. Zwischenzeitlich wurden in Deutschland die RKI-Protokolle zugänglich gemacht und es zeigt sich, dass viele Entscheide politisch getrieben waren. Karl Lauterbach als Gesundheitsminister hat kürzlich gesagt, dass er nie gemeint hat, dass Impfungen nebenwirkungsfrei sind. Ein Labor-Ursprung von Corona erscheint wahrscheinlich, etc. In der Schweiz gab es eine enge Zusammenarbeit zwischen Medien und Politik (siehe bspw. Ringier – Berset), was die Unabhängigkeit der Medien in Frage stellt. Kurz: Vieles erscheint 2025 anders, als man in den Corona-Jahren meinte, und Medien waren viel zu wenig kritisch. Was ziehen die anwesenden Vertreterinenn und Vertreter daraus für Schlüsse? Sollte man in Zukunft nicht kritischer sein gegenüber Aussagen von Behörden? Wie können Medien das verloren gegangene Vertrauen wieder herstellen?

Sara Rubinelli: Die Beziehung zwischen Medien und Politik ist essenziell, insbesondere in Krisenzeiten, muss jedoch auf Transparenz, Unabhängigkeit und gegenseitiger Verantwortung basieren. Die Pandemie hat sowohl die Notwendigkeit als auch die Risiken dieser Partnerschaft verdeutlicht – während eine enge Zusammenarbeit dazu beitragen kann, die Öffentlichkeit effektiv zu informieren, kann ein Mangel an kritischer Distanz das Vertrauen untergraben. Für die Zukunft geht es nicht um Konfrontation, sondern um ein gesundes Gleichgewicht: Die Medien sollten ihre Rolle als kritische Vermittler wahren, politische Entscheidungen hinterfragen und klar kommunizieren. Gleichzeitig müssen Behörden Offenheit zeigen, Zugang zu Daten gewähren und Unsicherheiten anerkennen. Nur durch eine solche Partnerschaft – geprägt von Transparenz und Integrität – kann das Vertrauen der Öffentlichkeit in Institutionen und den Journalismus nachhaltig gestärkt werden.

Grüezi Meiner Meinung nach haben die gesamten Massnahmen sehr wenig gebracht und sind im Verhältnis zu den Einschränkungen und Schäden, die dadurch verursacht worden sind, unverhältnismässig. Hat man bei der Analyse der Daten den Vergleich der Schweiz zum Beispiel mit Schweden, wo man sehr zurückhaltend mit Massnahmen war, gemacht? Mich würde wirklich interessieren, was die Massnahmen wie Ausrufung der Pandemie, Lockdown, dringende Empfehlung der Impfung unter dem Strich wirklich gebracht haben. Weiss man das?

Christoph Fux: Eine vor einer Woche in PLOS Medicine veröffentlichte Studie hat die Effekte von Covid auf Krankheit und Tod in 18 europäischen Ländern verglichen. Dabei zeigt sich, dass die Bevölkerung in der Schweiz, Dänemark und Schweden am wenigsten Lebensjahre an Covid verloren haben. Unsere Lebenserwartung hat sich in allen 3 Jahren 2020-22 aber wegen Covid passager reduziert. Der Grund, dass Schweden trotz weniger einschneidender Massnahmen besser weggekommen ist, liegt bei der deutlich höheren Impfrate. Die rigorosen Massnahmen bei Kindern hatten das Ziel, die Fallzahl zu reduzieren und damit die an die Grenze stossenden Spitäler/Intensivstationen zu entlasten, was ja zum Glück gelang.

Longcovid: Gibt es einen Zusammenhang resp. Unterschied zwischen geimpften und ungeimpften Patienten?

Katrin Zöfel: Ja, es gibt einen Unterschied. Zum einen: Für eine gewisse Zeit direkt nach der Immunisierung schützt die Impfung bis zu einem gewissen Grad vor Ansteckung. Das heisst, sie schützt in der dieser Zeit auch ein Stück weit vor Long Covid. Zum anderen: Die Impfung senkt spürbar das Risiko nach einer Infektion Long Covid zu entwickeln (Studie aus Norwegen. Siehe unten). Leider senkt die Impfung das Risiko für Long Covid zwar schon, aber nicht so deutlich wie das Risiko für schwere Verläufe und Todesfälle. (Studie Infektionsschutz nach Impfung)

 

Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Aktualität, 11.3.2025, 7:06 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel