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Globaler Handelsstreit Geraten Schweizer Unternehmen zwischen die Fronten?

Neue Zölle, geopolitische Spannungen und Blockbildungen setzen dem globalen Handel zu. Es stellt sich die Frage, wie sich Schweizer Unternehmen positionieren sollen.

Fast kein Tag vergeht ohne Ankündigungen aus Washington: wahlweise Zölle, Sanktionen oder auch ganz banal leere Drohungen. Die Verwirrung ist spektakulär.

Es tut sich ein Wilder Westen auf.
Autor: Manfred Elsig Professor Internationale Beziehungen, Universität Bern

«Die Amerikaner halten sich nicht mehr an internationales Handelsrecht», sagt Manfred Elsig, Professor an der Universität Bern mit Spezialgebiet Handelspolitik. «Es tut sich ein Wilder Westen auf. Klar kann man auch im Wilden Westen Geld verdienen, das werden auch gewisse Unternehmungen machen.»

Die Konjunktur­forschungs­stelle der ETH Zürich schreibt in ihrem neuesten Bild von einem «globalen Sturm». Martin Hirzel, Präsident des Industrieverbands Swissmem, doppelt nach: «Die aktuelle Situation für die Schweizer Industrieunternehmen ist ein Albtraum.»

Im Zentrum des «Albtraums» stehen Handelsbarrieren

Zölle feiern derzeit Hochkonjunktur. Die Schweiz als kleine, offene Volkswirtschaft ist dabei besonders exponiert. Egal ob Pharma-, Maschinen- oder die Elektrobranche, praktisch jeder Exportsektor steht unter Druck oder könnte unter Druck kommen.

Eine mögliche Lösung: Dort produzieren, wo auch der Absatzmarkt ist. Doch das braucht Zeit und Geld und ist nicht in jedem Fall möglich. Dazu kommt, dass Rohstoffe nicht überall auf der Welt verfügbar sind.

Schliesslich hat die Globalisierung dazu geführt, dass sich einzelne Staaten gerade wegen ihrer Rohstoffe oder günstigen Arbeitskräften spezialisiert haben. Das hat den globalen Handel erst richtig effizient gemacht.

Ein kompletter Umbau dieses Modells ist kaum mehr möglich, zu gross wären die Verluste. Die Preise für Produkte würden sich erheblich verteuern.

Professor Manfred Elsig betont, dass die Schweiz gut beraten sei, mit wichtigen Handelspartnern wie den USA Freihandelsabkommen abzuschliessen. Es brauche mehr Planungssicherheit für die Unternehmen und starke Signale. Hierfür müsse sich nun die Regierung bewegen.

Container mit amerikanischer und chinesischer Flagge auf Strasse.
Legende: Ist China für die Schweiz in der Zukunft wichtiger als die USA? Shutterstock

Gleichzeitig droht US-Präsident Trump mit Zöllen auf Arzneimittel. Das wäre eine bittere Pille für die Schweizer Pharmabranche. Der grösste Teil der Exporte geht in die USA.

Trotz Turbulenzen sei der US-Markt für die Schweiz entscheidend, meint Rahul Sagal, Chef der Schweizerisch-Amerikanischen Handelskammer. «Ich glaube, dass der US-Markt noch stärker wachsen wird und noch einen grösseren Abstand zu Europa erwirtschaftet.»

Muss sich die Wirtschaft neu ausrichten?

Mit China gibt es eine starke Konkurrenz auf dem Weltmarkt, auch wenn es im Reich der Mitte derzeit harzt. «Auf grosse Sicht ist China definitiv der verlässlichere Partner», sagt Robert Wüst, Präsident der Handelskammer Schweiz–China. «Zumindest hüpft man da nicht so viel durch die Gegend wie der amerikanische Präsident.»

Die Europäer werden sicher auch Gegenmassnahmen treffen müssen.
Autor: Manfred Elsig Professor Internationale Beziehungen, Universität Bern

Entscheidend ist allerdings so oder so, dass die Wirtschaft der EU, insbesondere Deutschland, wieder Fahrt aufnimmt. Europa ist und bleibt für die Schweiz der wichtigste Markt.

«Aber da gibt es jetzt natürlich auch dunkle Wolken, wenn die EU in einen Handelskrieg mit den USA hineingezogen werden», sagt Elsig. «Die Europäer werden sicher auch Gegenmassnahmen treffen müssen, und dann werden wir direkt davon betroffen sein.» Ungeachtet dessen sei es wichtig, dass die Schweiz die Beziehung mit der EU intensiviere. Denn die geografische Nähe spiele halt immer noch eine entscheidende Rolle.

Echo der Zeit, 28.2.2025, 18:00 Uhr

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