Harsche Kritik an den vom Bundesrat präsentierten Lockerungsplänen kommen, wie zu erwarten, von der Gastronomie und vom Gewerbeverband. Beiden gehen die Vorschläge des Bundesrats viel zu wenig weit. So drängt Gastrosuisse-Präsident Casimir Platzer etwa auf eine rasche Öffnung der Restaurants – schliesslich gebe es hier Schutzkonzepte, die funktionierten.
SRF News: Wie ist Ihre Reaktion auf die Lockerungspläne des Bundesrats?
Casimir Platzer: Der Bundesrat will Aktivitäten mit geringem Ansteckungsrisiko wieder zulassen – dazu müssten auch Restaurants mitberücksichtigt werden.
Das Gastgewerbe wird zu Unrecht benachteiligt.
Sie hatten zwischen dem 11. Mai und 22. Dezember geöffnet – und mir ist in dieser Zeit kein Fall eines Hotspots in einem Restaurant bekannt. Wir haben gut funktionierende Schutzkonzepte, die Ansteckungsgefahr ist sehr klein. Das Gastgewerbe wird zu Unrecht benachteiligt.
Was könnte im Bundesrat den Ausschlag gegeben haben, dass Läden öffnen dürfen, Restaurants aber nicht?
Trams, Busse und Läden sind voll, im Aussenbereich lässt man private Veranstaltungen bis 15 Personen zu. Gleichzeitig benutzt man die Gastronomie als Mittel zum Zweck, um Kontakte einzuschränken – das ist paradox. Denn die Kontakte finden auch dann statt, wenn die Restaurants geschlossen sind – einfach im Privaten und ohne Schutzkonzepte. Wir werden jetzt nochmals mit dem Bundesrat sprechen und auch die Kantonsregierungen auffordern, sich für die Gastronomie einzusetzen und vernünftige Lockerungsschritte vorzuschlagen.
Vom Bundesrat hiess es, die Gastronomie übernehme, indem sie geschlossen bleibe, eine wichtige Aufgabe im Dienst der Volksgesundheit – und müsse dafür angemessen entschädigt werden. Funktioniert das?
Im Dezember genehmigte das Parlament zweieinhalb Milliarden Franken für Härtefälle, davon sind bislang gerade einmal 150 Millionen ausbezahlt worden – für alle Branchen! Das System funktioniert nicht, es gibt einen Flickenteppich aus 26 verschiedenen kantonalen Lösungen.
Es wäre äusserst wichtig, dass die Härtefallgelder jetzt endlich fliessen.
Die Folge: Liquiditätsengpässe in den Betrieben, zusätzliche Verschuldung und Entlassungen sowie grosse Hoffnungslosigkeit. Es wäre äusserst wichtig, dass die Härtefallgelder jetzt endlich fliessen.
Viele Beizer haben bereits aufgegeben, weil sie die Miete nicht mehr bezahlen können. Wie beurteilen Sie die Situation?
Solche Fälle werden jetzt noch zunehmen. Auch eine mögliche Öffnung der Terrassen ab April ist bloss eine Lösung für einige wenige Restaurants, für die meisten ist das aber keine Perspektive. Möglicherweise, sagte der Bundesrat, dürften die Restaurants auch im Mai noch nicht vollständig öffnen – das ist nicht nachvollziehbar.
Der Bundesrat will das Pandemieproblem auf dem Buckel der Gastronomie lösen.
Die Belegung der Intensivbetten in den Spitälern ist derzeit gleich hoch wie Ende April 2020, als man den ersten Lockdown schrittweise beendete. Das Gesundheitswesen ist momentan also nicht mehr überlastet. Deshalb ist es unverständlich, dass der Bundesrat das Pandemieproblem einmal mehr auf dem Buckel der Gastronomie lösen will.
Das Gespräch führte Klaus Bonanomi.