Die Nationalbank SNB treibt mit ihren Zinserhöhungen die Mieten in die Höhe. Vor allem Haushalte mit einem geringen Einkommen bringt das in Schwierigkeiten. Trotzdem ist es wichtig, dass die Nationalbank jetzt handelt und entschieden gegen die Teuerung vorgeht. Würde sie zögern, wäre am Ende nur alles schlimmer, auch für die Mieterinnen und Mieter.
Nationalbankchef Thomas Jordan kann es nicht ändern: Solange er mit Zinserhöhungen gegen die Teuerung vorgeht, so lange nimmt er unweigerlich in Kauf, dass die Mieten steigen. Denn Wohnraum ist knapp in der Schweiz. Die Nachfrage ist ungebrochen, es herrscht Wohnungsnot. Gleichzeitig haben die Vermieterinnen und Vermieter – unter gewissen Bedingungen – das Recht, die Mieten zu erhöhen, wenn der Referenzzinssatz steigt.
Bis auf Weiteres dürften die Mieten steigen
Genau dies ist Anfang Juni bereits einmal geschehen. Und das ist sehr wahrscheinlich erst der Anfang. Im September wird das zuständige Bundesamt für Wohnungswesen erneut über die Bücher gehen. Je nachdem, wie sich der Hypothekarmarkt entwickelt, drohen die Mieten weiter nach oben zu gehen. Und Thomas Jordan machte heute unmissverständlich klar: Trotz dieser unerwünschten Nebenwirkung bekämpft er die Inflation weiter, nötigenfalls mit erneut höheren Zinsen im September.
Muss sich Jordan deswegen den Vorwurf gefallen lassen, er sei ein herzloser «Mieterschreck»? Einer, den die Nöte der «kleinen Leute» kalt lassen? Nein, das wäre unfair. Das zeigt ein Gedankenexperiment: Nehmen wir an, die Nationalbank würde klein beigeben in ihrem Kampf gegen die Inflation; sie würde also die Zinsen nicht weiter erhöhen – aus Rücksicht auf die Mieterinnen und Mieter. Die Folge wäre, dass die Kaufkraft für alle sinkt. Denn Inflation – also steigende Preise – bedeutet genau dies. Was als Lohn Ende Monat aufs Konto kommt, ist beim Einkaufen, beim Bezahlen der Rechnungen (einschliesslich der Miete) immer weniger wert.
Die Kaufkraft zu erhalten, macht Sinn
Am Ende müsste Jordan die Zinsen noch viel stärker nach oben setzen, um den Kaufkraftverlust aufzuhalten. Um endlich die Preise wieder unter Kontrolle zu bringen, gäbe es noch mehr bittere Pillen. Damit würde der Nationalbankchef also in der Zukunft den Mieterinnen und Mietern noch grösseren Schaden zufügen als heute.
Keine Frage: In den kommenden Monaten wird es hart für all jene, die jetzt schon unter Druck sind wegen der hohen Mieten. Gerade für Geringverdienende sind die Wohnkosten ein grosser Posten im Monatsbudget. Die Zinserhöhungen der Nationalbank werden diese Kosten vorübergehend nach oben treiben. Aber sofern es der Nationalbank auf diese Weise gelingt, die Kaufkraft für alle zu erhalten, rechtfertigt das ihr Vorgehen.