Die Aussage des VR-Präsidenten der Weissen Arena Gruppe Flims/Laax hat für Aufsehen gesorgt: Reto Gurtner sagte, in zehn Jahren werde eine Tageskarte in seinem Skigebiet 200 bis 300 Franken kosten. Auch für Tourismus-Experte Jürg Stettler ist klar, dass Skifahren in den kommenden Jahren teurer wird. Offen bleibe, wo die Preise wie stark und wie schnell steigen werden.
SRF News: Ist es realistisch, dass Skifahren so rasch so viel teurer werden wird, wie vom VR-Präsidenten der Weissen Arena vorausgesagt?
Jürg Stettler: Es wird sicher viel teurer werden – doch unklar ist, wie rasch es geht und in wie vielen Skigebieten tatsächlich solch horrende Preise bezahlt werden müssen.
In den kleineren Gebieten werden sich die Preise weniger dynamisch entwickeln.
Ich gehe dabei davon aus, dass die 200 oder sogar 300 Franken die Maximalpreise in der Hochsaison und in den grossen, schneesicheren Gebieten sein werden – also etwa zwischen Weihnachten und Neujahr, im Februar oder an sonnigen Wochenenden. In den kleineren, vorwiegend auf Familien ausgerichteten Gebieten werden sich die Preise dagegen wohl weniger dynamisch entwickeln.
Falls es in den tiefer gelegenen Gebieten also überhaupt noch Schnee hat, werden die Preise dort weniger stark steigen?
Steigen werden die Preise auch dort – wenn wohl nicht ganz so massiv. Die Kosten für die Bergbahnen werden immer höher wegen der künstlichen Beschneiung und der immer aufwendigeren Pistenpräparierung. Weil die höher gelegenen Gebiete vorerst schneesicher bleiben, wird es dort eine erhöhte Nachfrage geben, was mit den dynamischen Preismodellen zu steigenden Tageskartenpreisen führen wird.
Kann das Skifahren in Zukunft in der Schweiz noch Volkssport bleiben angesichts dieser Aussichten?
Skifahren ist schon heute nicht mehr jener Volkssport, der es noch vor 40 Jahren war. Zwar gehen immer noch rund 30 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer Skifahren. Aber ihre Zahl nimmt stetig ab – und wer noch Skifahren geht, geht immer weniger häufig.
Viele Schweizerinnen und Schweizer werden sich diese Preise nicht mehr leisten können oder wollen.
Und wenn die Preise derart stark steigen werden, werden es sich viele Schweizer dereinst nicht mehr leisten können oder wollen.
Was bedeutet die erwartete Verteuerung für den Schweizer Tourismus?
Die Nachfrage aus Deutschland dürfte tendenziell zurückgehen, denn deutsche Touristen reagieren eher preissensibel. Gleichzeitig dürfte die Zahl der Touristen aus den USA zunehmen. Offen ist die Nachfrage aus Asien und dort vor allem aus China. Zwar dürfte auch sie tendenziell eher steigen, das ist aber schwierig abzuschätzen.
Für Amerikaner von der US-Ostküste ist es ähnlich einfach, statt in Richtung Colorado in die Schweiz zu fliegen.
Wieso rechnen Sie mit mehr Ski-Touristinnen und -Touristen aus Nordamerika?
Das hat unter anderem mit dem US-Skiresort-Betreiber Vail Resort und seinem Epic-Pass zu tun: Der Saison-Skipass ist jetzt etwa auch in Andermatt und Crans Montana gültig. Eine solche Saisonkarte kostet derzeit gut 1000 Dollar für eine erwachsene Person – und mit ihr kann in Dutzenden Gebieten der USA, Kanada, Japan, Australien und der Schweiz die ganze Saison lang Ski gefahren werden. Ausserdem ist es für skibegeisterte Amerikaner von der US-Ostküste inzwischen ähnlich einfach, statt in Richtung Colorado in die Schweiz zu fliegen – ins Flugzeug müssen sie fürs Skifahren sowieso.
Das Gespräch führte Raphael Günther.