- Die Aktionäre haben der Führungsspitze des Agrarchemie- und Pharmakonzerns Bayer das Misstrauen ausgesprochen.
- Auf der Hauptversammlung in Bonn stimmten 55.5 Prozent des anwesenden Grundkapitals gegen eine Entlastung.
- In einer kurzfristig einberufenen Sitzung stellte sich der Aufsichtsrat, das Gremium zur Kontrolle des Vorstandes, nach der Abstimmungsniederlage hinter das Management um Konzernchef Werner Baumann.
Schallende Ohrfeige für den Vorstand
Baumann hatte die umstrittene Übernahme des US-Konkurrenten Monsanto im vergangenen Jahr durchgezogen – aus Sicht zahlreicher Grossaktionäre war dies eine schlechte Entscheidung, auch weil wegen einer Klagewelle in den USA hohe Schadenersatzzahlungen drohen. 63 Milliarden Dollar hatte die Firma für den umstrittenen Saatgut-Konzern Monsanto bezahlt – es war die grösste Übernahme in der deutschen Unternehmensgeschichte.
Doch an der Börse ging die Saat nicht auf: Seit der Übernahme im letzten Jahr hat die Bayer-Aktie rund 40 Prozent ihres Wertes verloren. Grund sind wohl die vielen Klagen gegen Monsanto gegen das Unkrautvertilgungs-Mittel Glyphosat. Investoren kündigten darum an, die Décharge verweigern zu wollen – ein Novum beim traditionsreichen Konzern.
Bayer-Konzernchef Werner Baumann und Aufsichtsratspräsident Werner Wenning stellten sich zum ersten Mal den Aktionären. Bayer habe strategisch viel erreicht, die Zahlen seien gut. Nur der Aktienkurs habe erheblich gelitten, sagte Baumann.
Auch für Christian Strenger, lange Chef, jetzt Aufsichtsratsmitglied der mächtigen Fondsgesellschaft DWS, gibt es nichts zu beschönigen. Die DWS wie auch Strenger selbst haben mit Bayer viel Geld verloren. Daher spricht er sich gegen die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat aus, so wie andere grosse Investoren auch. Strenger findet, Bayer habe die Risiken der Monsanto-Übernahme nicht ausreichend geprüft und vermutlich unterschätzt.
Klagen häufen sich
Schon zum Zeitpunkt der Übernahme habe es 5000 Klagen von Betroffenen gegen das Monsanto-Pestizid Roundup mit dem Wirkstoff Glyphosat gegeben. Inzwischen sind zwei Prozesse zugunsten der Kläger entschieden. «Der Börsenkurs kann sich nicht erholen, weil niemand weiss, wie gross das Loch sein wird, in das Bayer nach der Übernahme von Monsanto fallen wird.»
Inzwischen ist die Zahl der Kläger sogar auf 13’400 angestiegen. Dies allein lasse aber keine Aussage darüber zu, ob die gemachten Vorwürfe begründet seien, entgegnet Baumann, es sei ja noch kein Urteil rechtskräftig: «Wir sind nach wie vor von der Sicherheit von Glyphosat überzeugt.» Das fänden im Übrigen auch Zulassungsbehörden auf der ganzen Welt.
Auch den Vorwurf, Bayer habe die Risiken nicht genügend geprüft, weist Baumann zurück. Pikant dabei ist: Der Manager hat trotz des massiven Kursverfalls der Aktie einen Millionen-Bonus kassiert, der knapp ein Drittel höher ausfiel als im Vorjahr.
Für Kritiker wie Strenger, der auch ein angesehener Experte für gute Unternehmensführung ist, ist das schwer zu akzeptieren. «Das ist für die Aktionäre nebst dem Schmerz ob der Kursentwicklung nicht hinnehmbar.»
Der Konzernchef findet, dass er alles richtig gemacht hat: «Der Erwerb von Monsanto war und ist der richtige Schritt für Bayer.» Wahrscheinlich ahnt Baumann, dass er die meisten seiner Aktionäre mit dieser Ansicht nicht überzeugen kann.