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Verlust der Credit Suisse CS-Chef zur neuen Strategie: «Es gibt keine heiligen Kühe»

Die Credit Suisse musste für das erste Quartal des Jahres 2021 einen Verlust von 252 Millionen Franken verbuchen, dies wegen des Zusammenbruchs des US-Hedgefonds Archegos. CS-Chef Thomas Gottstein sagt, wie es nun mit seiner Bank weitergeht.

Thomas Gottstein

CEO der Credit Suisse

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Gottstein ist seit dem 14. Februar 2020 der neue Chef der Credit Suisse. 1999 stieg er bei der Bank ins Investmentbanking ein. Ab 2016 war er Chef der neu geschaffenen Division CS Schweiz.

SRF News: Zuerst kam Greensill und dann Archegos. Thomas Gottstein, kann man sagen, die beiden Skandale haben die CS ziemlich aus dem Trott geworfen?

Ja, das waren wirklich schwierige Situationen und es ist keine Frage, dass wir auch Fehler gemacht haben. Aber wir können aus diesen Fehlern lernen. Und wir haben Aktionen in Bezug auf personelle und organisatorische Veränderungen getroffen.

Wir haben eine Kapitalerhöhung gemacht. Wir haben verschiedene Systeme und Prozesse im Risikobereich, sowohl im Assetmanagement als auch im sogenannten Prime Services Geschäft – dort hat der Archegos-Fall stattgefunden – angeschaut und wir reduzieren insbesondere im Prime Services Geschäft jetzt auch unsere Exposure, also unsere Positionen, und werden diese um 35 Milliarden zurückfahren.

Nun geht es darum, über die nächsten Quartale die entsprechenden Lektionen, die wir gelernt haben, richtig anzuwenden.

Sie haben auch angeschaut, was schiefgelaufen ist. Wie viel des Debakels ist in Ihrer Amtszeit entstanden?

Ich glaube, jetzt ist nicht mehr die Zeit, zurückzuschauen. Einiges ging sicher auf verschiedene Jahre zurück. Wir haben verschiedene Aktionen, wie bereits gesagt, in die Wege geleitet und nun geht es darum, über die nächsten Quartale die entsprechenden Lektionen, die wir gelernt haben, richtig anzuwenden und wieder ins normale Geschäft einzutreten.

Die Finma, die Finanzmarktaufsicht, ermittelt. Rechnen Sie auch sonst mit einem juristischen Nachspiel, mit Klagen beispielsweise?

Das kann man nicht ausschliessen. Wir sind im engen Kontakt, nicht nur mit der Finma, sondern auch mit den Regulatoren in den USA und in Grossbritannien. Nicht nur wir, sondern auch andere Banken waren beispielsweise bei Archegos involviert. Das ist nicht nur eine Credit-Suisse-Frage.

Liegt finanziell in Sachen möglichen Verlusten nun alles auf dem Tisch?

Wir haben alles auf den Tisch gelegt, was wir momentan auf den Tisch legen können. Ich bin eigentlich positiv, dass wir die wichtigen Situationen angeschaut haben. Jetzt geht es darum, nach vorne zu schauen und sowohl im Private Banking als auch im Investment Banking weiterzuarbeiten.

Unsere Strategie im ersten Quartal auf der operativen Seite hat gezeigt, dass sie richtig ist.

In acht Tagen übernimmt Antonio Horta-Osorio das Verwaltungsratspräsidium der Credit Swiss. Stehen Sie in Kontakt mit ihm?

Er wurde über die letzten Wochen und Tage informiert. Aber er ist erst ab 1. Mai unser Verwaltungsratspräsident.

Werden Sie ihm einen radikalen Umbau des Geschäftsmodells vorschlagen? Zum Beispiel ein Zurückbuchstabieren beim riskanten Investmentbanking?

Wir werden das zusammen anschauen, aber es ist zu früh, um irgendwelche Prognosen zu machen. Wie gesagt, unsere Strategie im ersten Quartal auf der operativen Seite hat gezeigt, dass sie richtig ist. Aber es gibt keine heiligen Kühe, sag ich mal. Doch wir gehen nicht auf Spekulationen ein, ob und was allenfalls geändert werden könnte. Wir werden bei Gelegenheit informieren, wie die Strategie weitergehen wird.

Das Gespräch führte Eveline Kobler.

SRF 4 News, 22.04.2021, 10:30 Uhr ; 

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