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Novartis: Wenn das Losglück über Leben und Tod entscheidet
Aus Echo der Zeit vom 29.01.2020. Bild: Imago
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Zolgensma von Novartis Wenn das Losglück über Leben und Tod entscheidet

Nur in den USA kann Zolgensma verschrieben werden. Unter allen anderen verlost Novartis 100 Gratistherapien. Ist das fair?

Als Lea letzten Oktober zur Welt kam, ahnten ihre Eltern noch nicht, welches Wechselbad der Gefühle sie durchlaufen werden. Denn Lea schien wie ein gesundes Kind mit etwas wenig Muskelkraft. Doch mit den Feiertagen kam die Gewissheit. Es ist SMA, eine seltene Krankheit, bei der die Muskeln schwinden.

Nun hofft ihre Mutter Helen Bossi auf die neueste Therapiemöglichkeit mit Zolgensma. Novartis verlost in einem Härtefallprogramm 100 Therapien an Eltern ausserhalb der USA. «Wir haben unserem Arzt gesagt, er soll uns dort so schnell wie möglich anmelden, damit wir in den Topf kommen», sagt sie.

Eine Frage der Kapazitäten

Nun muss die Familie auf die Verlosung warten. Doch warum verlost die Pharmafirma überhaupt Therapien? Der Verein Ethik und Medizin (VEMS) etwa vermutet, dass das Unternehmen die Produktionsstätte für Therapien von zahlenden Kundinnen und Kunden freihalten will und das Los als kostenloses Programm anpreist. Gemäss Novartis ist genau das Gegenteil der Fall.

Zulassung nur in den USA

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Legende: AP/Novartis

Mit Zolgensma behandelt man eine seltene Muskelschwundkrankheit bei Kleinkindern. Weltweit betroffen sind jährlich etwa 13'500 Neugeborene. Die neuartige Gentherapie lässt Betroffene hoffen. Babys, die sonst eine Lebenserwartung von wenigen Jahren haben, könnten sich dank Zolgensma zu gesunden Kindern entwickeln. Die Gentherapie kostet allerdings etwa zwei Millionen Franken. Zugelassen ist sie bisher nur in den USA. Nur Kinder in den USA haben also die Möglichkeit, dieses Medikament auf regulärem Weg zu bekommen.

Das Los entscheide, weil die Produktionskapazitäten der extrem teuren Therapien beschränkt seien. Auch Dave Lennon, Präsident des Unternehmens Avexis, das Zolgensma entwickelt hat und inzwischen zu Novartis gehört, sagt, das Los sei bei beschränkten Kapazitäten die fairste Möglichkeit.

Video
Zolgensma – die teuerste Therapie der Welt
Aus Tagesschau vom 29.01.2020.
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Magdalena Hoffmann, Leiterin des Studiengangs Philosophie und Medizin an der Universität Luzern, sagt, ein Los könne tatsächlich fair sein: «Aber die Bedingung dafür müsste sein, dass inhaltliche Entscheidungskriterien tatsächlich nicht gegeben sind. Da kann man sicher ein Fragezeichen machen.»

Inhaltliche Kriterien zu berücksichtigen, das hiesse, es würde geschaut, welche Patientinnen und Patienten die Therapie am nötigsten hätten.

Eine Frage der Dringlichkeit

Dave Lennon sagt, Dringlichkeiten seien bei dieser Krankheit kaum zu unterscheiden. Innerhalb der Gruppe der Patienten – Babys und Kleinkinder von bis zu zwei Jahren – sei es schwierig, die Dringlichkeit auszumachen. Denn für jedes Baby könne die Krankheit lebensbedrohlich sein.

Die Patientenorganisation SMA Schweiz versucht dennoch über ihre europäische Organisation anzuregen, dass die einzelnen Therapien mit Zolgensma handverlesen verteilt werden. Ob Lea davon profitieren wird? Diese Frage wird sich kaum stellen, weil Novartis am Losverfahren festhält.

Info 3, 29.01.2020, 17 Uhr

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