Höhlen in der Schweiz - Geheimnisvolle Unterwelt für Romantiker, Familien und Wagemutige
Willkommen in der Unterwelt! In der Schweiz gibt es rund 9000 Höhlensysteme, aber auch Bergwerke und Kanalisationen. Faszinierend sind alle, die SRF 1-Reporter Marcel Hähni besucht hat und für einen Ausflug empfiehlt.
In der Schweiz gibt es rund 9000 bekannte Höhlensysteme, die von Forschern, Speläologen in der Fachsprache, erforscht und befahren werden. Höhlen werden nicht erwandert oder begangen, sondern befahren. Dies in Anlehnung an den Bergbau. Die grösste Höhle der Schweiz ist das Hölloch im Muotathal mit einer Länge von 207 Kilometern. Kommen Sie mit und entdecken Sie mit dem SRF 1-Outdoor-Reporter Marcel Hähni die Schweiz von unten!
Marcel Hähni
SRF-1-Outdoor-Reporter
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Marcel Hähni, Jahrgang 1970, ist Redaktor und Produzent bei Radio SRF 1 und ausgebildeter Wanderleiter. Zu seinen bevorzugten Wanderzielen gehören die Zentralschweiz und die Ostschweiz mit dem Alpstein, dem Rätikon und dem Engadin. Regelmässig berichtet er auf srf1.ch, in der SRF-News-App und am Radio über seine neusten Abenteuer und verrät Tipps und Tricks für die Outdoorwelt.
1. Lac Souterrain Saint-Léonard – die Höhle für Romantiker
Der unterirdische See von Saint-Léonard ist das ideale Ausflugsziel für Verliebte. Da er mit Booten befahren werden kann und die Bootsführer ihren Gästen auch Lieder vorsingen, müssen Romantiker nicht extra nach Venedig fahren.
Unterirdischer See von St. Léonard: Eindrücke und Anreise
Mit 6000 Quadratmetern Seefläche ist der See von Saint-Léonard der grösste bekannte natürliche unterirdische See Europas. Bei der Entdeckung der Höhle reichte der Wasserspiegel bis fast an die Decke. Durch ein Erdbeben am 25. Januar 1946 senkte sich der Wasserspiegel massiv und die Höhle wurde befahrbar. 1949 wurde sie für Besucher zugänglich gemacht. Seither werden auf dem See auch Bootsfahrten und Veranstaltungen angeboten.
Man fühlt sich hier wie auf einer Gondel in Venedig. Nur ist es viel ruhiger und gemütlicher.
Für den Besuch in Saint-Léonard reise ich am frühen Morgen in das Unterwallis. Der Eingang zur Höhle liegt unscheinbar an einem Weinberg zwischen Siders und Sitten. In einem Boot, in dem bis zu 19 Personen Platz hätten, werde ich auf dem See in die Höhle hinein gefahren. Es herrscht eine eindrückliche Stimmung. Für mich als Alleinreisenden ist es Demut pur.
Wer darf eigentlich in eine Höhle?
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In den nationalen Gesetzen werden Höhlen nicht speziell erwähnt. Höhlen fallen aber unter das Natur- und Heimatschutzgesetz. Dieses Gesetz hat den Zweck, die Natur mit den Lebensräumen von Pflanzen und Tieren und Kulturdenkmäler zu schützen. Daher gelten in Höhlen die gleichen Vorschriften wie in einem Naturschutzgebiet. Höhlen sollten zudem nicht im Alleingang befahren werden. Für eine Höhlentour schliesst man sich einem Höhlenguide oder einem Höhlenforscher an.
2. St. Beatushöhlen – die Familienhöhle am Thunersee
Die St. Beatushöhlen haben ein ausgeklügeltes Beleuchtungssystem, welches die Höhlen optimal ausleuchtet. Die Wege sind gut ausgebaut und daher für jedes Publikum – egal ob jung oder alt – sehr gut machbar.
Die St. Beatus-Höhlen: Eindrücke und Anreise
In die St. Beatushöhlen nehme ich die ganze Familie mit. Der Hund bleibt in der Ferienwohnung. Die Beleuchtung setzt die Sehenswürdigkeiten optimal in Szene. In der Höhle ist es an diesem heissen Sommertag angenehm kühl. Nach rund einer Stunde und einem Rundgang von gut zwei Kilometern im gesamthaft 12 Kilometer langen Höhlensystem sind wir wieder beim Ausgang. Genau der richtige Zeitaufwand für kleinere und grössere Kinder, denn hier haben meine Teenager-Töchter endlich wieder Handyempfang.
Stalaktiten und Stalagmiten, welche über Millionen von Jahren entstanden sind, werden durch das installierte Lichtspiel optimal ausgeleuchtet.
In den Höhlen am Beatenberg soll im Mittelalter einst ein Drache gehaust haben. Als der Mönch Beatus ihm mit dem Kreuz entgegentrat, floh der Drache und ertrank im Thunersee. So die Legende. Geschichtlich gesichert ist die Entdeckung der Höhlen durch Johannes Knechtenhofer. Er war Kapitän auf dem legendären Dampfschiff Blüemlisalp auf dem Thunersee. Mit seinen Matrosen stiess Knechtenhofer 1848 bis in eine Grotte vor, die ihm zu Ehren seither «Kapitänsgrotte» genannt wird.
Wie entstehen Höhlen?
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Höhlen bilden sich meistens dort, wo sich Wasser in Millionen von Jahren einen Weg durch lösliches Gestein sucht. Steinsalz und Gips gehören dabei zu den Gesteinen, die schon in reinem Wasser gelöst werden. Kalkstein dagegen löst sich erst in saurem Wasser auf.
Durch den Druck des Wassers wird die Steinlösung vor sich weggedrückt und weggeschwemmt. Zurück bleiben unterirdische Hohlräume, die mit der Zeit immer grösser werden. Ein Labyrinth aus Gängen bildet sich.
Damit diese Gänge als Höhlen gelten, müssen sie mindestens so gross sein, dass Menschen sie betreten können. Höhlen können jedoch auch nach Bergstürzen oder Vulkanausbrüchen entstehen.
3. Kanalisation von Bern – für Alltagshistoriker und «Gwundernasen»
Mit den historischen Ehgräben schlummert im Kanalisationssystem der Stadt Bern ein historischer Schatz. Wundernasen sehen zudem, was die Stadtberner wirklich alles die Toiletten hinunterspülen.
Die Kanalisation von Bern: Eindrücke und Anreise
Bis weit ins Mittelalter wurden in der Stadt Bern die Siedlungsentwässerung, Tiermist, Küchenabfälle oder der Inhalt von Nachttöpfen in offenen Abwasserkanälen entsorgt. Die alten Kanäle sind noch heute unter der Stadt vorhanden. Über einen Einstieg direkt hinter dem Berner Rathaus gelangt man in den Rathauskanal aus dem frühen 17. Jahrhundert.
Wenn man genug früh hier ist und den Kanal gut lüftet, dann stinkt es hier unten überhaupt nicht.
Für den Ausflug nach Bern nehme ich meine ältere Tochter mit. Ich verspreche ihr, dass sie keine Fäkalien sehen wird. Kurz nach dem Einstieg hören wir eine Toilettenspülung und schon schwimmt die Bescherung an uns vorbei.
Der Kanal ist nur etwa 70 Meter lang. Zum Teil muss man gebückt gehen. In einem Schaukasten sind Sachen ausgestellt, die man in der Kanalisation gefunden hat. Da hat es Brillen, Sackmesser und andere Alltagsgegenstände. Den Abschluss der Tour, die zurzeit wegen der Coronapandemie nicht öffentlich angeboten wird, macht ein Blick in die Höhle im Klösterlistutz. Hier entstand in einem künstlichen Stollen, der im Zweiten Weltkrieg als Schutz von Kulturgütern vorgesehen war, durch einen stetigen Wassereinbruch eine Tropfsteinhöhle. Die Tropfsteinhöhle gefällt allen. Mir und meiner Tochter auch.
Hinweis: Im Moment finden in Bern keine Kanalisations-Führungen statt. Jedoch gibt es als Alternative auch im Zürcher Untergrund wahre Geheimnisse zu entdecken.
Wie kommen Tropfsteine in die Höhle?
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Stalaktit
Tropfsteine entstehen durch das Tropfen von kalkhaltigem Wasser aus feinen Rissen an einer Decke. Bei diesen Wassertröpfchen entsteht um die Austrittsstelle ein winziger Kalk-Ring, der mit den Jahren Schicht um Schicht grösser wird. Es bildet sich eine wenige Millimeter dicke, hohle Röhre, genannt Makkaroni. Beginnt nun auch auf der Aussenseite der Makkaroni Wasser abzulaufen, wächst das dünne Kalkröhrchen auch in die Breite. Es bildet sich ein Stalaktit.
Stalagmit
Es kann aber auch sein, dass die Wassertröpfchen direkt auf den Boden fallen. In diesem Fall geschieht der ganze Prozess erst am Boden. Es türmt sich langsam ein kerzenartiges Gebilde auf, der Stalagmit. Wachsen der Stalagmit und der Stalaktit über Jahre zu einer durchgängigen Tropfsteinsäule zusammen, so spricht man vom Stalagnat.
Wichtig für die Entstehung von Tropfsteinen sind die Kalkmenge im Wasser, die Tropfgeschwindigkeit und die Höhlentemperatur.
4. Landesplattenberg – das schwarze Gold der Glarner
Nach dem Besuch in der alten Schiefertafelfabrik geht es in das ehemalige Schieferbergwerk im Landesplattenberg Engi. Den Schiefer in der Hand, denkt man an die unzähligen Schulen und Jasser im ganzen Land, die mit Glarner Schieferplatten beliefert wurden. Dies ist ein idealer Familienausflug für alle, die kulturgeschichtlich interessiert sind und ihren Kindern zeigen wollen, wie früher in der Schule ohne Computer gearbeitet wurde.
Der Schieferabbau brachte den Menschen im Glarner Sernftal Arbeit, Wohlstand und 1881 mit einem verheerenden Bergsturz den Tod von 114 Einwohnern. Bereits ab dem 16. Jahrhundert war der Schieferabbau am Plattenberg eine wichtige Einkommensquelle. Der hier gewonnene und in der Schieferfabrik verarbeitete Schiefer wurde in die ganze Schweiz und viele europäische Länder exportiert.
Demut entsteht und ich denke zurück an die alte Schiefertafel, die mein Grossvater beim Jassen benutzt hatte. Stöck–Wyys–Stich.
Ich fahre rund eine Stunde weiter nach Elm. Hier steht noch das Gebäude der ehemaligen Schiefertafelnfabrik, das heute ein Museum ist. Hans Rhyner übernimmt hier die Führung. Rhyner oder Schneider. So heisst man in Elm. Alle Anderen sind zugezogene. Rhyner ist ein fantastischer Guide, der unzählige Geschichten kennt. Nach der Fabrik geht es in den Berg in Engi. Hier bricht die ganze Herrlichkeit des schwarzen Goldes des Glarnerlandes auf mich herein.
Checkliste Höhlenbefahrung
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Höhlen sind kein Spielplatz.
Höhlen, die nicht für Besucher konzipiert sind, sollte man nie auf eigne Faust erforschen. Fehler können tödlich enden.
Was muss ich vor jeder begleiteten Höhlenbefahrung wissen?
Wo liegt die Höhle geographisch?
Was weiss ich über den Schwierigkeitsgrad und Ausbaustandard der Höhle?
Wie erreiche ich im Notfall Hilfe? Hat es Funk, eine Höhlentelefonanlage oder verständige ich mich im Notfall mit einer Trillerpfeife?
Habe ich eine weitere Person über meinen Höhleneinstieg informiert?
Habe ich die notwendige Ausrüstung mit einer funktionierende Lichtquelle mit Ersatzbatterien, einen Helm, warme Kleider, Kletter oder Gartenhandschuhe, Gummistiefel und ein wasserdicht verpacktes Notfallset dabei?
5. Das Hölloch – für wagemutige Entdecker
Mit 207 Kilometern ist das Hölloch die grösste Höhle der Schweiz. Wer mit einem Höhlenguide – ausgerüstet mit Overall, Helm, Gummistiefeln und Stirnlampe – die Hauptwege verlässt, kann sich tagelang hier unten aufhalten und seine Forschergene ausleben.
Das Hölloch: Eindrücke und Anreise
Der Eingang zur Höhle im Muotathal wurde 1875 von einem Bergbauer aus Stalden entdeckt. Im Jahr 1905 begann eine belgisch-schweizerische Gesellschaft mit dem touristischen Ausbau der Höhle. Seit die Forscher im August 2020 eine neue Verbindung bekannt geben konnten, liegen zwischen dem tiefsten (551 m) und dem höchsten (1584 m) Punkt des Höllochs 1033 Meter Höhenunterschied. Das ist ein Weltrekord.
Ein Highlight ist der Sandberg in der Höhle, den man hinuntergleiten kann, fast wie ein Surfer. Der anschliessende Aufstieg ist jedoch anstrengend.
Das Hölloch befahre ich mit Höhlenguide Marcel Rota. Er ist ein Urgestein und hat fast 30 Jahre «Hölloch-Erfahrung». Ich erhalte einen Overall, einen Helm mit Stirnlampe und Gummistiefel, die ich später unabsichtlich mit Wasser füllen werde. Eine abenteuerliche Tour beginnt, zuerst auf ausgebauten Wegen, die auch für Familien mit Kindern geeignet sind, plötzlich folgen aber schmale Seitengänge mit Kletterpartien an Seilen und Leitern.
Immer wenn ich denke, dass es jetzt nicht mehr weitergehe, ist die motivierende Stimme meines Guides zu hören. Dass wir hier Wege beschreiten, die er zum ersten Mal gehe, glaube ich ihm nicht. Es gehört wohl zu seinem Sprüche-Repertoire. Zum Abschluss nach drei Stunden befinden wir uns in einer wunderbaren Grotte. Ein Apéro wird serviert.
Radio SRF 1 Treffpunkt, 10. September 2020, 10:03 Uhr
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Marcel Hähni / Karin Rüfli / Fabio Flepp
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