Warum nehmen Schlafprobleme zu? Und was macht die Zeitumstellung mit unserem Körper? Yves Bossart hat Schlafforscherin Dr. Christine Blume zum Gespräch getroffen.
SRF: Sie sind Schlafforscherin. Sind Sie selbst auch eine gute Schläferin?
Christine Blume: Zum Glück, ja. Ich schlafe gerne und meistens gut.
Studien zeigen: Schlafprobleme nehmen zu. Was sind die Gründe dafür?
Belastung und Stress können Gründe dafür sein, dass gerade während der Coronapandemie die Schlafprobleme zugenommen haben. Man muss aber auch sehen, dass es heute akzeptierter ist, Schlafprobleme anzusprechen, was insgesamt zur Zunahme beiträgt.
Was sind Ihre Tipps gegen Schlafprobleme?
Wir sind rhythmische Wesen. Das heisst, der Körper schätzt klare Rhythmen wie zum Beispiel einen regelmässigen Schlaf-Wach-Rhythmus. Ungefähr zur gleichen Zeit ins Bett gehen und aufwachen, kann dem Körper helfen. Auch Bewegung ist gut für unseren Schlaf, physiologisch und psychologisch.
Was auch hilft: ein kühles Schlafzimmer, also 16 bis 18 Grad, Dunkelheit und Ruhe. Und warme Füsse.
Warum warme Füsse?
Unsere Körpertemperatur sinkt über Nacht ab, ähnlich wie die Temperatur draussen. Unsere Hände und Füsse helfen dabei, die Temperatur des Körpers zu regulieren – also zum Beispiel Wärme abzugeben. Das können sie jedoch nur, wenn die Gefässe weit sind. Das ist bei warmen Händen und Füssen der Fall.
Jede Zelle hat eine eigene innere Uhr.
Wie sieht es aus mit Serien schauen, lesen und arbeiten im Bett?
Das ist grundsätzlich kein Problem, wenn man keine Schlafprobleme hat. Wer sich aber fragt, wie er oder sie den Schlaf verbessern kann, sollte dort ansetzen. Also: Nicht im Bett arbeiten, lesen, fernsehen – damit das Bett nur mit Schlaf assoziiert ist.
Apropos Bildschirmzeit im Bett: Wie schädlich ist das blaue Licht für den Schlaf?
Wir haben Rezeptoren auf der Netzhaut, die ein Signal an die innere Uhr senden. Diese Rezeptoren sind besonders empfindlich auf kurzwelliges Licht, das auch Bildschirme aussenden. So kommunizieren uns die Bildschirme sozusagen, dass es noch gar nicht Zeit zum Schlafen ist.
Sie sprechen von der inneren Uhr. Wie funktioniert diese?
Jede Zelle hat eine eigene innere Uhr, die dann im Gehirn koordiniert werden. Die Rezeptoren auf der Netzhaut sind speziell dazu da, dass wir Licht aufnehmen können und der Körper dadurch merkt, wie spät es ist. Das können sogar blinde Menschen, die weder dunkel noch hell unterscheiden können.
In der Woche nach der Umstellung auf Sommerzeit nehmen Herzinfarkte und Verkehrsunfälle zu.
Wie stehen Sie als Schlafforscherin zur Zeitumstellung?
Die Zeitumstellung ist eine kurzfristige Herausforderung für die innere Uhr – gerade die Umstellung im Frühling. Die meisten Menschen brauchen zwei, drei Tage, bis sie wieder im Rhythmus sind. Das merkt man auch in Studien, die belegen, dass in der Woche nach der Zeitumstellung auf Sommerzeit Herzinfarkte häufiger auftreten. Auch Verkehrsunfälle nehmen in dieser Zeit zu. Zum einen wegen der Dunkelheit, zum anderen aber auch, weil die Menschen dann kurzfristig weniger schlafen.
Was hat Sie dazu animiert, zum Thema Schlaf zu forschen?
Das Bedürfnis, zum Wissen beizutragen, wie wir Menschen funktionieren. Gerade auch, wie sich gesellschaftliche Faktoren auf unseren Schlaf auswirken – wenig Bewegung, wenig Tageslicht, viel Licht am Abend. Und Menschen dabei zu helfen, ihren Schlaf zu verbessern.
Das Gespräch führte Yves Bossart im Rahmen des Podcasts «Focus». Die Fragen und Antworten wurden zusammengefasst und paraphrasiert.
Ein Gast – eine Stunde. «Focus» ist der SRF-Talk, der Tiefe mit Leichtigkeit verbindet. Nirgends lernt man Persönlichkeiten besser kennen. Montags um 17 Uhr als Podcast und um 20 Uhr bei Radio SRF3.
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