Gen Westen, sagte der Freund und schulterte seinen Rucksack, in dem es verheissungsvoll klirrte. Die Sonne stand tief – und da war sie, die nicht ganz bierernst gemeinte Antwort auf die Frage, warum wir uns vor dem Lockdown in Lokalen zu treffen pflegten. Doch nicht wegen der Frauen, mit denen wir nicht ins Gespräch kamen?
Nichts gegen die Bar, kein schlechtes Wort über die Beiz. Aber ich habe euch nicht vermisst, war mein letzter glasklarer Gedanke, als ich am Stadtrand auf einem Standplatz für Rummelplatzbahnen im Ruhestand einen Schluck Bier aus dem Pappbecher kredenzte und mich hüsteln hörte: ein Prosit auf die Poesie der Peripherie!
Rausgehen ist das neue Ausgehen
Man kann auch im Gehen einen sitzen haben, lese ich in meinem Lockdown-Logbuch. Ein paar Seiten vorher habe ich diesen Corona-Kalauer entdeckt: Ich wusste schon vor Corona, dass ich nicht mehr zu den zarten Pflänzchen gehöre, die eingehen, wenn sie nicht mehr ausgehen können.
Rausgehen ist das neue Ausgehen. Das ist vermutlich schon eines der wichtigeren Learnings aus dieser Krise. Genau wie: Ist es nicht ironisch, dass ausgerechnet eine Lungenkrankheit uns Unversehrten eine kurze Atempause beschert hat? Wobei ich zugeben muss: Ich habe lange vor Corona damit begonnen, das Picheln im Park dem Bier in der Bar vorzuziehen.
Ich will nicht das Pathos der Peripatetiker bemühen, zu oft gesungene Stadtwanderlieder anstimmen oder über das Vergnügen des Flanierens philosophieren. Es ist doch ganz offenkundig, dass das post-pandemische Promenieren mehr zu bieten hat als jeder Ausblick auf einen Bartresen – einschliesslich fehlender Tassen im Wandschrank.
Guten Abend, Nachtwächter
Gehen ist Sehen. Gleich trage ich die Einsicht «Einkehr ja, Einkehren nein» in meiner Corona-Chronik nach. Oder das total zotenfreie Zwiegespräch auf der Verandamauer einer verlotterten Villa, wo ich mit einem Gefährten Seele und Beine baumeln liess, bis ein Nachtwächter uns mit der Taschenlampe ins Gesicht funzelte. Ein erhebender und erhellender Augenblick.
Nur Aufstehen und Davonlaufen kann man eher schlecht als recht, wenn man sich zum gemeinsamen Ausgehen verabredet. Aber Kollegin Corona hat uns ja auch gelehrt, wer unsere wahren Freunde sind.